Bewertung
Kid Cudi

Man On The Moon: The End Of day

Kid Cudi kam mehr oder minder aus dem Nichts. Durch massig nächtliches Airplay in den sogenannten jungen Radios der Republik kamen zumindest die Nachtschwärmer nicht allzu lang um ihn und seinen Smash-Hit "Day N Nite" herum. Schon gar nicht im druckvollen Crookers-Remix, der sich hierzulande bis auf Rang 13 der deutschen Charts schieben konnte. Was auch absolut in Ordnung geht, denn die Nummer geht nicht nur ordentlich ins Ohr, sondern auch in die Beine. Und ist mit derart unverschämt viel und feinem Elektronika versehen, dass man Kid Cudi nicht zwingend im Rap verwurzelt vermutet.

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Damit ist zumindest die Frage, welche der beiden Albumversionen des Songs im direkten Duell die Nase vorn hat, bereits beantwortet: Sieger ist unangefochten der Remix als krönender Schlusspunkt. Die Frage nach der gesamten und eigenen Handschrift Kid Cudis allerdings noch nicht. Auf satten sechzehn Tracks, die er auf seinem ersten richtigen Studioalbum mit dem schicken Cover platziert hat, gibt er dazu ausreichend Gelegenheit. Während der Opener "In My Dreams" noch nicht so recht auf Touren kommen will – und vielleicht auch gar nicht soll – und im Grunde 3 Minuten 17 farblos dahin schleicht, kommt das Studiodebüt erst bei seiner dritten Nummer ins Fahrt: "Simple As..." weiß mit grundsolidem Rap und eingängiger Melodie zu überzeugen.

Den ersten Höhepunkt bildet "Heart Of A Lion", in dem der Name zum Programm gemacht wird und Scott Ramon Segring Mescudi, wie Kid Cudi abseits der Bühne richtig heißt, tief in sich hineinblicken lässt: "At the end of the day my momma told me, don't let no one break me [...] nobody, nobody ever could stop me [...] you can't regret it if you were trying, if you were trying. At the end of the day I'm walking with a heart of a lion". Ein Appell an die eigene Kraft und Standhaftigkeit also – nicht, ohne Mama den gebührenden Respekt zu zollen. Dass sich Tugenden wie Geduld und Ausdauer auszahlen, beweist Kid Cudi in "My World", in dem er mit seinen Kritikern abrechnet und mit all denjenigen, die ihn nicht ernst nahmen. Und nicht zuletzt mit der Damenwelt, die ihm in jüngeren Jahren und vor seinem Durchbruch nur bedingt Beachtung schenkte: "Had the lowest self esteem, especially with the girls. Tried every sport just to impress all the girls [...] Now my facebook poppin' cause I told the same girls, I would be the hot shit one day. This will be my world - I told you so!". Mit dererlei Kampfansagen mag er sein Ego streicheln können, den inneren Seelenfrieden finden, aber ebenso lehnt er sich damit weit aus dem Fenster – zu weit bisher. Gleichwohl er natürlich fest entschlossen ist, die Musikwelt zu erobern – und auf einem guten Wege ist er ja. Erleichtert wird dieser erst recht dann, wenn man ihn nicht alleine gehen muss. Zwar hat sich Kid Cudi mit "Day N Nite" zunächst ganz allein einen Namen gemacht.

Doch schon bei seiner zweiten Single-Auskopplung "Make Her Say" bedient er sich Popularität zweier momentan allgegenwärtigen Künstlerpersönlichkeiten, die in aller Munde sind. Zum Einen ist das Kanye West. Der hat den Song produziert. Zum Anderen ist das Lady Gaga. Die steuert das Sample ihres Hits "Pokerface" bei, wird aber – eben weil es lediglich ein Sample ist – nicht offiziell als Feature-Act genannt. Das Ergebnis allerdings ist eine dermaßen runde Sache geworden, dass sie die Nichterwähnung sicherlich bedauern müsste, würde nicht ohnehin jedermann sie gleich erkennen. Mit einem starken Flow, unter dem sich erstklassige Beats und Scratches tummeln, erfindet Kid Cudi Lady Gagas ursprüngliche Version gänzlich neu – und das zu einem Zeitpunkt, wo das Original ohnehin kaum noch einer hören kann. Kein übler Schachzug, möchte man meinen.

Ebenfalls prominent unterstützt wird Kid Cudi von dem New Yorker Duo MGMT, das zuletzt die Indie-Szene mit ihrem Album "Oracular Spectacular" zu Jubelstürmen und Freudenseufzern ermunterte. Dessen großartige Singles ("Kids", "Time To Pretend", "Electric Feel") klingen in den Kopfen natürlich nach. An sie reicht "Pursuit Of Happiness" zwar zumindest melodisch nicht ran, aber MGMTs Mitwirken verleiht Kid Cudis "Man On The Moon: The End Of Day" vor allem zweierlei: Farbe und Vielfalt.

Fazit

Dass der Überflieger aus Brooklyn nicht stur am Rap festhält, sondern sich auch in andere Richtungen orientiert, macht das gesamte Werk unheimlich erfrischend. Auch in Kid Cudis Falle wird es einmal mehr diejenigen geben, die entsetzt aufschreien und die immer wieder gleiche Leier von Kommerz und Verrat abspulen werden. Gerade im Rap ist das schnell passiert. Aber die Anderen, und das wird die Mehrheit sein, werden gebührend anzuerkennen wissen, dass Kid Cudi kreativ, gekonnt und raffiniert die Grenzen verwischt zwischen pointiertem Rap, R'n'B, treibenden Elektrobeats und Psychodelic. Diese experimentelle, wenn auch nicht ganz jugendfreie Mischung schmeckt. Wie in einer gemischten Tüte vom Kiosk ist nicht jeder Inhalt gleich willkommen und schmackhaft; manche Gummitiere isst man einfach lieber als andere. Dennoch ist es die Abwechslung, die man zu schätzen weiß. Und deswegen wird man auch in Zukunft immer wieder mal gerne zum Studiodebüt Kid Cudis greifen, denn der hat sich einiges einfallen lassen, um sich jener Welt vorzustellen, die bald ihm gehören soll.

Anspieltipps

Heart Of A Lion

Enter Galactic

Make Her Say

Pursuit Of Happiness

Up Up Away

Day N Nite (Crookers Remix)

Artistpage

KidCudi.com

Tracks

1.In My Dreams
2.Soundtrack 2 My Life
3.Simple As...
4.Solo Dolo (Nightmare)
5.Heart Of A Lion (Kid Cudi Theme Music)
6.My World
7.Day N Nite
8.Sky Might Fall
9.Enter Galactic (Love Connection Part I)
10.Alive (Nightmare)
11.Cudi Zone
12.Make Her Say
13.Pursuit Of Happiness (Nightmare)
14.Hyyerr
15.Up Up & Away
16.Day N Nite (Crookers Remix)

Aljana Pellny - myFanbase
26.09.2009

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