Bücherherbst 2015 - Teil 2

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August: Von Latein- nach Nordamerika

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"Der Traum der Rückkehr", den hat Horacio Castellano Moyas Protagonist in dem gleichnamigen Roman, der am 20. August bei S. Fischer erscheint. Nur was ist von einem durch einen langjährigen Bürgerkrieg zerrütteten Land noch übrig? Moyas Protagonist Erasmo Aragón, ein Intellektueller der im mexikanischen Exil lebt, will es herausfinden und in seine Heimat El Salvador zurückkehren. Castellano Moya, einer der bekanntesten Gegenwartsautoren Lateinamerikas, erzählt von den physischen und emotionalen Auswirkungen, die das politische Exil auf einen Menschen haben kann. Der linkspolitische Schriftsteller weiß, wovon er schreibt: Jahrelang kämpfte er im salvadorianischen Bürgerkrieg auf der Seite der Guerilleros. Er erhielt zahlreiche Morddrohungen und lebt auch heute noch im Exil.

Auch der Deutsche Sascha Reh nimmt sich einer dunklen Stunde der lateinamerikanische Geschichte an. "Gegen die Zeit", das am 4. August im Schöffling Verlag veröffentlicht wird, erzählt von einem idealistischen deutschen Industriedesigner, der Anfang der 1970er Jahre das Datennetzwerk Chiles aufbauen soll. Er kommt in einer brisanten Zeit im Land an. Durch den Militärputsch Pinochets wird Salvador Allendes Traum einer gerechteren Welt gewaltsam ein Ende bereitet. Dem Deutschen droht jetzt ebenso Gefahr – die gesammelten Daten dürfen unter keine Umstände in falsche Hände geraten.

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Meg Wolitzers neuestes* Werk "Die Stellung" (DuMont, 26. August) spielt ebenfalls in den 1970er Jahren, befasst sich aber mit einem ganz anderen Thema: Ein Sexratgeber erschüttert die biedere amerikanische Öffentlichkeit. Wirklich darunter leiden tun allerdings die vier Kinder der Verfasser des Rategebers, denn diese erläutern äußerst detailliert und bebildert sämtliche Sexpraktiken. Der negative Erfolg des Buches führt dazu, dass die Geschwister ein Leben lang für den Exhibitionismus ihrer Eltern zahlen müssen. Die Autorin Meg Wolitzer skizziert durch wechselnde Perspektiven ein tragisches Familienporträt und seziert erneut das Befinden der amerikanischen Gesellschaft.

Auch Bestsellerautorin Jodi Picoult lässt wieder von sich hören: Ihr bereits zwanzigster Roman, "Bis ans Ende der Geschichte", erscheint am 31. August bei C. Bertelsmann. Nach Erfolgsromanen wie "Neunzehn Minuten", in dem Picoult einen Amoklauf minutiös darstellt, beleuchtet die Schriftstellerin in ihrem neuesten Werk erneut menschliche Abgründe. Sage Singer ist das, was im anglistischen Raum so schön mit dem Wort "Loner" umschrieben wird. Seitdem ihre Mutter einige Jahre zuvor bei einem Autounfall stab, als sie, Sage, am Lenker saß, quälen sie Schuldgefühle. Ihren Schwestern geht sie aus dem Weg, ihre Freunde lassen sich an einer Hand abzählen. Bei einer Selbsthilfegruppe, die Sage aufsucht, um ihre Trauer zu bewältigen, lernt sie einen 90jährigen Mann kennen, der mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen hat. Die beiden freunden sich miteinander an und unterstützen sich gegenseitig – bis er ihr sein Geheimnis verrät: Als ehemaliger SS-Offizier hat er den Tod unzähliger Menschen zu verantworten. Dann bittet er Sage um einen Gefallen. Die junge Frau muss jetzt entscheiden, wo sie die Grenze zwischen Vergehen und Vergeben ziehen kann.


*Zumindest im deutschen Sprachraum, in den USA erschien der Roman bereits im Jahr 2005.

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