Bewertung
McCarthy, Cormac

Kein Land für alte Männer

"Buenos Dias. I'm guessing this isn't the future you had planned for yourself when you first clapped eyes on that money." – Carson Wells

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Inhalt

Irgendwo in den Weiten von Texas findet der Jäger Llewelyn Moss eines Tages eine blutige Szenerie vor: zwei Autos, viele Waffen, mehrere tote Männer und ein Koffer mit zwei Millionen Dollar darin. Er reimt sich schnell zusammen, dass hier ein Drogenhandel schief gelaufen ist, doch anstatt die Polizei zu informieren, schnappt sich Llewelyn das Geld und verschwindet. Ihm wird bald klar, dass er damit eine gefährliche Entscheidung getroffen hat, denn mehrere Parteien sind hinter dem Geld und damit nun auch hinter ihm her, darunter der psychopathische Killer Anton Chigurh.

Schnell wird der Sheriff des Districts, Ed Tom Bell, auf die Situation aufmerksam und versucht, der Sache auf den Grund zu gehen, um das Morden zu stoppen und Llewelyn vor dem Tod zu bewahren. Aber das Gesetz scheint gegen Anton Chigurh keine Chance zu haben…

Kritik

Man wird hellhörig, wenn Autor Cormac McCarthy von den Literaturkritikern immer wieder als einer der bedeutendsten US-Autoren unserer Zeit gehandhabt wird. Und man wird hellhörig, wenn die Verfilmung seines Buches "Kein Land für alte Männer" ganze vier Oscars einheimst, darunter auch den für das beste adaptierte Drehbuch. Was hat es also auf sich mit diesem Mann und vor allem dessen Werk, das eine scheinbar so einfache Geschichte erzählt?

McCarthy besticht wahrlich nicht unbedingt durch die Originalität seiner Story, sondern vielmehr durch die Art, wie er sie beschreibt. Geschickt spielt er mit verschiedenen Erzählerperspektiven in diesem Roman: Wir haben zum einen Llewelyn Moss, der das ganze Dilemma lostritt, als er der Versuchung, zwei Millionen Dollar mitzunehmen, nicht widerstehen kann; dann haben wir Anton Chigurh, der das personifizierte Böse darstellt; und wir haben Sheriff Ed Tom Bell, den einzigen Ich-Erzähler des Romans, der eine Art moralischen Pfeiler in der blutigen Geschichte um Drogen, Mord und schmutziges Geld darstellt. Der Leser wird immer wieder hineingeworfen in eine neue Situation, in der er sich erst zurechtfinden muss, doch daran gewöhnt man sich schnell: Obwohl McCarthy einen gezielt sparsamen Schreibstil anwendet, lernt man es bald, die kleinen Details der Story herauszufiltern, um sich besser zurecht zu finden.

Wenn von einem sparsamen Schreibstil die Rede ist, so darf man dies keinesfalls als negativ sehen – ganz im Gegenteil, McCarthy besitzt eine unglaubliche Fähigkeit, Dialoge äußerst realistisch wiederzugeben und man hat stets das Gefühl, dass all das, was im Roman gesagt wird, genau so in der Realität gesagt werden könnte. Weiterhin unterstreicht McCarthys minimalistischer Stil die düstere, kalte Atmosphäre im Buch, die eigentlich nie ganz verschwindet. Denn was hier erzählt wird, ist eine Story über Gut und Böse und dass in der Realität kein Kraut gegen das absolute Böse gewachsen scheint. So sieht sich Sheriff Bell am Ende vor einem Massaker stehen, das er nicht verhindern konnte. Er ist machtlos.

Das Ende des Romans ist sicherlich eines der Dinge, das einen noch länger beschäftigt: Es ist sehr vage, sehr kryptisch und lässt den Leser verwirrt zurück. Man braucht einige Anläufe, um zumindest in die Nähe dessen zu kommen, was McCarthy am Ende sagen will. Nichtsdestotrotz ist dieser Roman ein glänzendes Beispiel dafür, dass es nicht immer opulent und ausschweifend sein muss, sondern dass gerade ein klarer, knapper und knauseriger Schreibstil manchmal viel mehr Wirkung erzeugen kann.

Fazit

"Kein Land für alte Männer" ist ein spannender, realistischer Roman, der eine düstere Geschichte, ja fast schon einen modernen Western erzählt. Wer sich nicht vor anspruchsvoller Lektüre scheut, dem ist dieses Buch auf jeden Fall zu empfehlen.

Maria Gruber - myFanbase
17.01.2009

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