Bewertung
Room Eleven

Six White Russians and a Pink Pussycat

Jazz ist anders. Das ist nicht erst seit dem Erscheinen des neuen Ärzte-Albums weitestgehend bekannt. Denn kaum ein Genre vermag die Menschheit derart zu spalten. Was für die einen ein wahres Lebensgefühl ist, halten andere für verkopft, ermüdend und auf Dauer schlichtweg zu anstrengend. Die niederländischen Newcomer von Room Eleven nehmen sich auf ihrem Debüt-Album eben jener gleichermaßen verehrten wie verhassten Musikrichtung an und verpassen ihr ein solch buntes und ultraschickes Pop-Gewand, dass selbst der überzeugteste Jazzhasser einmal genauer hinhören sollte.

Foto: Copyright: Emarcy Records
© Emarcy Records

"Six White Russians and a Pink Pussycat" beginnt mit sanftem Regenplätschern und einer beschaulichen Spieluhr-Melodie. Dabei vermittelt das einminütige Intro "All Right" genau die Stimmung, die es besingt, nämlich die eines trägen Sonntagnachmittags. Das folgende "One of these Days" vertreibt diese jedoch sogleich mit seinen funkigen Gitarren und Basslines. "I smile like a fool" ist da durchaus keine abwegige Reaktion, schon gar nicht in Angehör des wundervollen Rhodes-Solos gegen Ende.

Lässiges Fingerschnipsen und ein unwiderstehlicher Kontrabass leiten den nächsten Song ein, der entgegen seines Titels gar nicht mal so sonderlich traurig erscheint. Ganz im Gegenteil, dreht "Sad Song" gegen Ende sogar gehörig am Gute-Laune-Barometer. Mit "Faith" folgt schließlich eine waschechte Blues-Nummer, bevor das drollige und äußerst charmante "Could That Be You" an die Ohren dringt. Eine kleine, aber feine Ode an das Geschirrspülen - Abwaschgeräusche inklusive - zu der wohl jeder gerne beim Abtrocknen hilft.

"Pressing" glänzt durch wundervoll inszenierten Bläser-Sound und verliert sich gegen Ende in regelrecht tanzbaren Latino-Rhythmen. Dagegen kommt das zurückhaltende "You Made Me See It" als nahezu perfekte Pop-Perle daher, die für so manchen wohl kaum schöner und verträumter sein könnte. Mit spanischer Gitarre geht es in "Greenest Grass" dann wieder etwas beschwingter zu. Und dieser neu gewonnene Schwung zieht sich auch durch die nächsten beiden Songs. Das bezaubernde "Come Closer" erinnert mit seinem ohrenfälligen Akkordeon und dem Accelerando am Ende gar ein wenig an die guten alten französischen Chansons. "Somedays" steht wiederum ganz unter dem Motto "jumping dancing laughing singing", denn genau dazu animiert der Song. Clapping wurde zwar in den Lyrics unterschlagen, ist dafür musikalisch aber fast den gesamten Song über durchaus präsent.

Während die Band in "Tried to Be" wieder in deutlich jazzigere Gefilde taucht, beweist sie anschließend mit der Ballade "Listen", dass es anscheinend sogar doch noch schöner und verträumter geht als bisher. Eine sanft gezupfte Gitarre, subtile Streicher und die säuselnde Stimme Janne Schras lassen es spürbar wärmer werden in der Herzgegend. Man seufzt und schwelgt in romantischen Erinnerungen. Ebenso zart und sachte beginnt auch "I Wanna Be Your...", der letzte Track des Albums, klingt im Endeffekt jedoch mit einem frechen Augenzwinkern und einer gewissen Portion Country-Feeling aus.

Fazit

Room Eleven ist insgesamt also ein stilistisch ausgesprochen vielfältiges Debüt-Album gelungen. Auf der Suche nach möglichst ausgeklügelten Arrangements und einnehmenden Melodien werden die jungen Niederländer mit Ausnahme des ein oder anderen Füllsongs stets fündig und schaffen dadurch anspruchsvolle Popmusik mit hörbaren Blues-, Funk- und Jazz-Anleihen. Die Platte wandelt stets zwischen bittersüßer Melancholie und unbeschwerter Fröhlichkeit und bietet somit die perfekte Medizin gegen die sich zunehmend ausbreitende Herbst-Winter-Depression. Und die schmeckt auch noch! Wie ein leckerer White Russian. Oder doch eher wie ein Pink Pussycat?

Anspieltipps

Sad Song

Could That Be You?

Come Closer

Listen

Tracks

1.All Right
2.One of These Days
3.Sad Song
4.Faith
5.Could That Be You?
6.Flavour
7.Pressing
8.It's Raining
9.You Made Me See It
10.Greenest Grass
11.Come Closer
12.Somedays
13.Tried to Be
14.Listen
15.I Wanna Be Your...

Paulina Banaszek - myFanbase
02.12.2007

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