Bewertung
Choi, Angela S.

Hello Kitty muss sterben

Eine Frau sieht rosa.

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Inhalt

Fiona Yu, eine amerikanische Firmenanwältin mit chinesischen Wurzeln, fühlt sich gefangen zwischen Tradition, Kultur und Familie. Ihr Vater will sie unbedingt mit einem chinesischen Mann verheiraten, doch Fiona hat so gar kein Interesse an einem langweiligen Leben als brave Ehefrau und Mutter. Zufällig trifft sie Sean wieder, ihren besten Freund aus Schulzeiten, den sie aus den Augen verlor, nachdem er ein Mädchen in Brand gesteckt hatte und ins Jugendgefängnis kam. Nun ist Sean ein erfolgreicher Chirurg und nicht minder erfolgreicher Serienmörder, der Yuppies ins Jenseits befördert. Fiona und Sean lassen ihre Freundschaft von einst wiederaufleben - und haben mörderisches Vergnügen dabei.

Kritik

Auf die Idee, die Markenfigur Hello Kitty als ein Symbol für unterdrückte, asiatische Frauen zu sehen, bin ich persönlich noch nie gekommen, doch nach dem Genuss von Angela S. Chois Debütroman kann man nur sagen: Voll ins Schwarze getroffen!

Hello Kitty ist bekanntlich eine zuckersüße, rosa gekleidete Katze ohne Mund (!) und ohne Krallen (!). Fiona Yu, die chinesisch-amerikanische Hauptprotagonistin des Buches, sieht in ihrem Umfeld viele Hello Kittys, das heißt Frauen, die sich stumm und wehrlos verheiraten lassen und versuchen, den Wunsch ihrer Verwandten nach männlichen Nachkommen zu erfüllen. Fiona will so ein Leben nicht führen, schafft es aber auch nicht wirklich, sich von ihren Eltern, die sie unbedingt unter die Haube bringen wollen, abzunabeln. So rebelliert sie eher unauffällig, unter anderem durch eine morbide Faszination für Serienkiller, die in ihren Augen Freiheit von gesellschaftlichen Zwängen repräsentieren. Mit ihrem Jugendfreund Sean tritt schließlich ein solcher Mörder in ihr Leben und hilft ihr dabei, sich ein paar lästiger Leute, die sie zu einer Hello Kitty machen wollen, zu entledigen. Hello Kitty Must Die!

Die Beziehung zwischen Fiona und Sean ist grotesk, aber dabei zugleich ausgesprochen erfrischend und ehrlich. Zwischen den beiden Kindheitsfreunden gibt es keine Leidenschaft und keinen Sex. Sie morden auf entspannte, unaufgeregte Weise, so wie andere Leute gemeinsam shoppen, und suchen dabei immer, um bei der Einkaufs-Metapher zu bleiben, getrennte Umkleidekabinen auf. Sie werden nicht Zeugen der Taten des jeweils anderen und mischen sich nicht ein. Die Autorin Angela S. Choi erschafft ein Mordgespann ganz ohne Drama und übersprudelnde Emotionen, das auf passende Weise endet.

Fiona bereitet als Ich-Erzählerin wirklich viel Vergnügen. Sie ist sarkastisch und hat nachweislich dunkle Triebe in sich, aber sie bleibt doch immer liebenswürdig und natürlich. Wenn sie zum Beispiel völlig vergeblich versucht, einen Raum voller Chinesen davon zu überzeugen, dass sie den ausgesuchten Mann nicht heiraten wird, oder deutlich macht, warum Beerdigungen viel vergnüglicher sind als Hochzeiten, es sei denn, es handelt sich um traditionelle chinesische Beerdigungen, dann ist man als Leser absolut auf ihrer Seite und hat einfach großen Spass.

Die in San Francisco lebende, gebürtige Chinesin Angela S. Choi, die vor ihrer schriftstellerischen Karriere als Anwältin tätig war, verarbeitet in ihrem Erstlingswerk eigene Erfahrungen, abgesehen natürlich von dem Mordaspekt (hoffe ich), und trifft den Nerv unserer Zeit, in der sich die Kulturen mehr und mehr vermischen und die Kinder und Enkel von Einwanderern zwischen den verschiedenen Lebensweisen nach ihrer Identität suchen.

Fazit

Mit "Hello Kitty muss sterben" ist Angela S. Choi ein rundum unterhaltsamer, erfrischender und frecher Roman mit morbider Note gelungen.

Maret Hosemann - myFanbase
25.11.2010

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