Bewertung
Bradley, Alan

Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet

"Ich hab im Gurkenbeet eine Leiche gefunden" - "Das sieht dir mal wieder ähnlich!"

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Inhalt

Mit ihren gerade einmal elf Jahren verfügt die Halbwaise Flavia de Luce bereits über ein erstaunliches Wissen auf dem Gebiet der Chemie und ist eine überaus talentierte Giftmischerin. Als sie eines Morgens im Gurkenbett des heimischen Anwesens eine Leiche findet, stürzt sie sich sogleich mit Feuereifer in die Ermittlungen. Schließlich ist Flavias Vater, der vom Schicksal gebeutelte Colonel de Luce, der Hauptverdächtige. Bei ihren Ermittlungen stößt Flavia auf das Mysterium um zwei verschwundene Briefmarken und auf Geheimnisse, die ihren Vater tatsächlich sehr schuldig aussehen lassen. Doch Flavia gibt sich nicht so leicht geschlagen.

Kritik

Woran erfreuen sich elfjährige Mädchen für gewöhnlich? An Popstars, von denen sie Jahre später behaupten werden, sie hätten sie nie gemocht? An Sport? An Pferden? An glizerndem Krimskrams? Es ist schon eine Weile her, dass ich elf Jahre alt war, doch eines weiß ich noch genau: Chemie ist kein besonders häufiges Hobby unter Mädchen dieses Alters. Flavia de Luce aber, die kleine Heldin dieses Romans und weiterer Bücher, die noch folgen werden, liebt ihr hauseigenes Labor über alles und lässt mit ihrem Wissen über Chemie selbst die klügsten Erwachsenen vor Neid erblassen.

"Mord im Gurkenbeet" spielt in England, etwa um das Jahr 1950 herum, so dass den Menschen der Zweite Weltkrieg noch in den Köpfen und Knochen steckt. Flavia wächst nicht gerade in einer liebevollen Umgebung auf. Ihre Mutter ist gestorben, als Flavia noch ein Baby war, so dass über der gesamten Familie der Schatten einer Frau hängt, die Flavia selbst nie kennen gelernt hat (und die sie daher in Gedanken beim Vornamen nennt, statt sie als Mutter zu bezeichnen). Flavias Vater ist ein depressiver Eigenbrötler, der zumeist auf Distanz zu seinen Töchtern bleibt und sich in sein Hobby, dass Sammeln von Briefmarken, vergräbt. Mit ihren beiden älteren Schwestern Ophelia, kurz Feely, und Daphne, genannt Daffy, steht Flavia schon ihr ganzes Leben lang auf Kriegsfuss. Die liebevollste Beziehung hat Flavia noch zu dem Diener Dogger, der wegen seines starken Kriegstraumas allerdings zumeist keine Hilfe für das Mädchen ist.

Flavia ist eine kontroverse Heldin, die immer irgendwo zwischen süss und nervig, brillant und überzeichnet sowie komisch und tragisch schwankt. Einerseits erfährt sie wenig Fürsorge, hat keine Freunde und ist zumeist auf sich allein gestellt, was bei einem Kind natürlich sehr traurig ist, doch andererseits wirkt sie selten wirklich unglücklich. Sie liebt ihre Chemie, radelt gerne auf ihrem Fahrrad, dem sie den Namen Gladys gegeben hat, und empfindet morbides Vergnügen an den Mordermittlungen. Obwohl sie gelegentlich von dem Gedanken heimgesucht wird, dass niemand auf der Welt sie so richtig mag und versteht, beweist sie in der Regel viel Selbstvertrauen und Durchsetzungsvermögen. Dass es auch dem Leser manchmal schwer fällt, sie zu mögen und zu verstehen, liegt unter anderem an ihren Ausführungen zum Thema Chemie, die teilweise etwas ermüdend und wahllos eingestreut wirken. Hinzukommt, dass sie sehr oft auf historische Personen, zum Beispiel Schauspieler und Politiker, eingeht, die der gegenwärtige, deutsche Leser zumeist nicht kennt.

Überdies fehlt manchmal die Augewogenheit. In einigen Belangen ist Flavia dem Leser überlegen, in wieder anderen Situationen durchschaut der Leser gewisse Tatsachen viel schneller als das Mädchen. Das ist eben die Krux, wenn die Romanheldin ein Wunderkind ist. Mal ist sie ein Wunder, und mal nur ein Kind.

Fazit

Der Autor Alan Bradley hat ein interesantes Konzept geschaffen, aber so ganz greifen die einzelnen Rädchen noch nicht ineinander. Der Leser muss die Bereitschaft mitbringen, sich an Flavia de Luce zu gewöhnen.

Maret Hosemann - myFanbase
26.10.2010

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