Bewertung

Review: #1.03 Rendezvous mit John Smith

Und so geht die dritte Folge dieser neuen und für mich immer noch sehr ansprechenden Serie ins Land. Wie schon letzte Woche beschäftigt sich diese Folge größtenteils damit, die im Piloten gezeichnete Rohversion eines Charakters mit Substanz zu füllen – diesmal war Duncan Kane an der Reihe.

Distanz

Eines wird in dieser Folge ganz deutlich: die in den letzten zwei Wochen angedeuteten Gefühle Duncans für Veronica sind da. Versteckten sie sich die letzten zwei Folgen noch in Blicken, Gesten oder anderen Subtilitäten, stehen sie diesmal ganz offen im Raum. Duncan empfindet viel für Veronica – er hat mit seiner Liebe nicht abgeschlossen, sondern sich einfach davon distanziert.

Distanz scheint bei Duncan prinzipiell ein Schlagwort zu sein. Erstmals wird hier seine Apathie gezeigt – wie er häufig nur beisteht ohne zu agieren, sein fehlendes Engagement (anscheinend auch eine kleine Obsession seines Vaters) legt ihn in meinen Augen den Vergleich zu Treibholz sehr nahe. Dabei wirkt die Szene, als er im Pool ist, treibt und sich hinter Kopfhörern abschottet und so sogar die Ansprache seines Vaters ausblendet wie ein Sinnbild für Duncans gesamtes Dasein.

Aber diese Folge geht weiter, sie zeigt nicht nur seine Situation, sondern legt auch den Hintergrund dar. Duncan nimmt Antidepressiva, schwere Medikation für einen solch jungen Menschen, die nur augenscheinlich durch den Verlust seiner Schwester und den daraus folgenden seelischen Belastungen zu erklären sind. Als er sich entschließt diese Medikamente abzusetzen, agiert er erstmals – er versucht sich selbst zu steuern und aus seiner Apathie herauszutreten. Dass er hierbei wieder ganz und gar auf Veronica zugeht, zeigt seine eigentlichen Gefühle, wie er sie in sich gefangen hält, ganz deutlich. Dass er letztlich wieder seine Medikamente nimmt, kam für mich seinerzeit wie ein Schlag ins Gesicht: er ist nicht gewillt wieder aktiv der Mensch zu sein, der er anscheinend einmal war, sondern distanziert sich auf diese Weise von Veronica und auch von sich selbst.

Distanz – die Zweite (90 Meilen)

Auch Veronica scheint Probleme mit Nähe zu haben. Auch sie hat Träume davon, mit Duncan zusammen zu sein und wünscht sich in ihr altes Leben zurück. Doch das ist hier nicht der springende Punkt, sondern vielmehr, wie sie Troy vorerst abserviert. Sie ist an dieser Stelle noch nicht bereit jemand an sich heranzulassen. Erst ein immenses Negativerlebnis (der Versuch ihre Mutter aufzuspüren) treibt sie in Troys Arme – wieder etwas, dass sie braucht und sich von jemandem nimmt (wie auch hier wieder im Umgang mit Wallace gesehen, anscheinend eine bei ihr übliche Verhaltensweise). Nicht unbedingt Ausdruck einer ausgewogenen und gesunden Gefühlslage. Sicherlich verständlich, aber vor allem für die Dynamik der Serie höchstinteressant.

Auch die (physische) Distanz zu ihrer Mutter wird hier als Problem gezeichnet und vertieft; etwas, dass in den Folgen zuvor ein wenig kurz kam. Hier mit der Case of the Week (CotW, in Zukunft einfach abgekürzt ; ) ) hat sie für diese Problematik einen Katalysator. Dass sie dabei sieht, dass John / Julia Smith gar noch so viel für ihren Sohn empfindet, dass sie bereit ist, wöchentlich für einige Sekunden 90 Meilen weit zu fahren, ist für sie ein immense Enttäuschung. Sie muss nämlich feststellen, dass ihre simple Formel ("The hero is the one that stays, the villain is the one that splits") nicht immer aufgeht und dass ihre Mutter vielleicht nicht ganz so engagiert ist wie John / Julia.

Insgesamt finde ich die CotW aber wirklich gut ausgewählt, sie selbst ist vielleicht nicht überragend, aber findet sich gut in Veronicas momentaner Situation ein und treibt so ihre persönlichen und die Seasonarchentwicklungen voran. Geschickt gemacht, Herr Thomas.

Schnipsel

- Keith ergreift die Flucht nach vorn. Schön zu sehen, dass er gewillt ist (im Gegensatz zu Veronica) die Verstoßung seitens seiner Frau zu überleben und weiter zu machen. Außerdem scheint mir Rebecca eine recht nette Frau zu sein. Und das ist es, was er im Moment benötigt: etwas Nettes.

- Wallace bleibt hier Veronicas "Assistent". Mehr Tiefe aus dieser Beziehung hätte ich mir schön gewünscht. Wenigstens wurde er Keith vorgestellt.

- Erstmals kommt jemand zu Veronica und bittet um Hilfe (zwar nicht ganz ehrlich, aber immerhin). Es scheint beinahe logisch, dass ihre Mitschüler die Quelle der CotWs werden.

Fazit

Eine Folge des Schlagwortes "Distanz". Alles scheint minuziös darauf abgestimmt, genau diese zu zeigen, dabei wird Duncan beinahe nebenbei noch hervorragend mit Inhalt gefüllt.

Eine wirklich sehr gute Folge. Ich schwanke, denn eigentlich eine acht Punktee Folge, die zwar noch nicht auf ganzer Linie überzeugt, aber doch das Niveau der vorangegangen Folgen, vor allem durch die bedingungslose Umsetzung der "Distanz", in beinahe allen Einzelaspekten übertrifft. Mich erstaunt es immer noch wie wirklich alles so abgestimmt sein konnte (beinahe zu rund). In ganzen Sternen muss sich die Folge mit der selben Bewertung wie ihre Vorgänger und dem bloßen Wissen, dass sie besser war, begnügen.

Martin Schultze - myFanbase

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