Bewertung

Review: #1.01 Freundschaftsdienste

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Neptune: Eine Stadt ohne Mittelklasse, dafür aber mit allem, was sich der Serienmacher so wünschen kann: Reiche und irgendwie immer korrupte 09er, eine Motorradgang, dessen Anführer sich für Al Capone zu halten scheint, und ein Mädchen, das den tiefen Fall hinter sich hat.

Mit einer Standortbestimmung werden wir in diese Serie eingeführt. Veronica Mars hat in der Gesellschaft, in der sie lebt, den Boden des Meeres erreicht. Sie ist tief gefallen und an diesem Tiefpunkt treten wir in ihr Leben. Durch diverse Flashbacks erfahren wir von ihrer ach so glamourösen Vergangenheit mit dem Sohn des beliebtesten (und zufällig auch noch reichsten) Mannes der Stadt und dem Ende ihres Lebens im Sonnenschein. Nun hat sie einen Ruf als Schlampe, ihr Vater ist der unter den 09ern unbeliebteste Mann der Stadt und ihre Mutter ist spurlos verschwunden. Wie ich finde eine Situation, mit der sich gut arbeiten lässt.

Snitch

Auch Wallace' Einstand in seiner neuen Stadt ist nicht der beste. Er gerät in seinen ersten Tagen mit Weevil und seiner Gang aneinander und erscheint unschön auf dem Radar des, an dieser Stelle in meinen Augen etwas überzeichneten Ignoranten und Egozentrikers, Sheriff Lamb. Veronicas bereitwillige Hilfe in seiner Situation zeigt zum einen, dass sie nicht ganz so unterkühlt ist, wie sie in den ersten Minuten dieser Folge vielleicht scheinen mag, zeigt aber auch, dass sie mit einigen Leuten (Logan, Lamb) gerne einen kleinen Krieg betreibt. Aber zurück zu Wallace.

Er wirkt hier wie ein unsicherer Junge (wie er ständig mit seinem Modellflugzeug spielend gezeigt wird, zeichnet ihn nicht gerade als "cool" aus), der durch Unglück in die Situation hereingezogen wurde und nun neben Veronica Stellung bezieht und dabei sehr schnell selbst erkennt, dass dies nicht die Position des Schullieblings ist. In seiner Situation aber durchaus nachvollziehbar, oder nicht?

Umgebung

Jede wirklich gute Serie zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht nur eine mit Tiefe gezeichnete zentrale Figur hat, sondern auch mit einem Konstrukt aus diversen Nebencharakteren aufwartet, die sich im Verlauf der Serie entwickeln und selbst an Tiefe gewinnen. In dieser Folge sehen wir in meinen Augen gute Ansätze und Rohdiamanten einer solchen Umgebung:

Weevil – Der Boss der Kleinkriminellen der Stadt, der anfangs nicht viele Sympathien gewinnen kann, aber bereits in dieser Folge durch sein Einlenken und vor allem sein Eingreifen in der Situation zwischen Veronica und Logan doch vermuten lässt, dass dort etwas unter der Oberfläche lauert, dass durchaus noch ausgebaut werden kann.

Duncan Kane – Veronicas Ex, der sich in dieser Folge nicht gerade in den Vordergrund spielt, aber durch die Verteidigung Veronicas gegenüber Logan aufblitzen lässt, dass da etwas mehr sein könnte als nur das durchschnittliche "Ex-Dasein". Auch im Flashback Veronicas, als er verstört herumsitzt, während die Leiche seiner Schwester am Pool untersucht wird, zeigt meiner Meinung nach schon, dass sich hier etwas verbergen könnte.

Logan Echolls – Was soll man über ihn sagen? Er tritt als Arsch auf, der in diese Serie gesteckt wurde um Veronicas Leben noch ein wenig zu "verschönern". Doch seine Auseinandersetzung mit Veronica lässt eigentlich vermuten, dass sich dort noch einige Auseinandersetzungen anbahnen könnten.

Keith Mars – Veronicas Vater, von der eigenen Frau verlassen, von den Reichen und Einflussreichen der Stadt verachtet. Die Chemie, die sich bereits in dieser Folge zwischen ihm und Veronica zeigt, ist sehr sympathisch, wenn auch die Sturheit und fast schon beängstigende Reife seiner Tochter durchaus zum Problem in dieser Serie avancieren könnte.

Also, wie man sieht, einiges an Potential steckt in der charakterlichen Zusammensetzung dieser Serie begraben.

Die Vergangenheit

Der Mord an Lilly Kane scheint zum zentralen Aspekt dieser Staffel zu werden, denn letztlich ist das gesamte Schicksal der Mars Familie an diesen Fall gekoppelt – Keiths Niedergang als Sheriff und der Verstoß Veronicas aus der Gruppe der 09er. Wir erfahren allerdings nicht viel über die gesamte Situation des Verbrechens, nur dass Keith den Vater verdächtigt und trotz des Geständnisses von Abel Koontz anscheinend weiter in diesem Fall investigiert. Dass Veronica sich hier das Ziel setzt die Schuld des einflussreichsten Mannes der Stadt zu beweisen, wirkt wie eine Ansage des Seasonarches. Auch das plötzliche Auftauchen von Veronicas Mutter und ihr Treffen mit Jake Kane scheint sich unmittelbar in den Handlungsbogen, der uns die erste Staffel lang begleiten wird, einzuspinnen.

Insgesamt werden hier Grundsteine gelegt, welche einen durchaus ansprechenden und komplexen Seasonarch vermuten lassen. Wenn es so weitergeht, könnte man hier durchaus auf eine Serie stoßen, die sich durch intelligenten Handlungsaufbau auszeichnet.

Das plötzliche Auftauchen der Geschichte um Veronicas Vergewaltigung hat mich wie ein Schlag getroffen. Ihre Gesamtsituation wird noch tragischer und verzweigter. Dass diese Geschichte in dieser Folge nie wieder auftaucht, zeigt aber auch, wie tief Veronica diese Sache in sich selbst vergraben hat, es zeigt, dass sie sich eine Mauer einrichtet, welche sie umgibt und so zu der toughen, jungen Frau geworden ist, die wir hier sehen. Dass sie ihrem Vater nichts davon erzählt, passt in das Bild, welches von den beiden gezeichnet wird: zwar stimmt die Chemie zwischen beiden, aber sie haben viele Geheimnisse voreinander (so z.B. das Auftauchen ihrer Mutter) – meiner Ansicht nach versteckt sich hier viel Explosivität, welche in folgenden Episoden noch ausgereizt werden könnte.

Fazit

Ein solider, wenn auch etwas überfüllter Einklang einer vielsprechenden Serie, der alle wichtigen Grundsteine der Story und der Charakterkonstellation legt und mit viel Potential aufwartet.

So viel erst einmal zur ersten Folge von Veronica Mars. Wie man bereits an meinem doch etwas lang geratenen Review erkennt, ist diese Folge in meinen Augen ein wenig überfüllt. Sie gibt uns sehr viele Informationen, die wir verarbeiten müssen. An sich ist das sicherlich die Aufgabe eines Piloten, aber meiner Ansicht nach hätte man dies besser auf zwei Folgen (schon mal an eine Doppelfolge zum Auftakt gedacht?) verteilt und dem Zuschauer so mehr Zeit zum Aufnehmen der Masse an Infos geben sollen. So reicht es nur zu sechs Punkten, die durch viel Potential, sympathische Charakterkonstellationen und eine witzige, aber zu kurz gekommene "Case of the Week" (in diesem Fall die Sache um Wallace) redlich verdient sind.

Martin Schultze – myFanbase

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