Die besten Beziehungen 2015/2016
Louis & Philippe (Versailles, Staffel 1)

Foto:

"Versailles" ist auf den ersten Blick eine Kostümserie, die verführerisch wie "Die Tudors" in die Welt aus Liebe und Intrigen bei Hofe des Königs Louis XIV. eintaucht. Als Kulisse dient Schloss Versailles höchstpersönlich sowie weitere atemberaubende Schlösser Frankreichs. Es gibt bezaubernde Perücken, prächtige Gewänder, viel nackte Haut und brachiale Gewalt in den Folterkammern des 17. Jahrhunderts. Das erfasst man alles in den ersten Minuten und es wäre ein Leichtes, "Versailles" damit in eine Schublade zu stecken und als Historienschinken zu kategorisieren, der ein Geschichtsbuch nacherzählt. "Versailles" ist jedoch vielmehr als das, nämlich ein sorgfältig gezeichnetes Charakterdrama, historische Figuren im fiktional ausgestalteten Kontext, mit noch relativ unbekannten, ungeheuer ausdrucksstarken Darstellern. Hier werden keine große Schlachten inszeniert, hier werden die Auswirkungen gezeigt, die Politik, Kriege und Verschwörungen auf die zentralen Charaktere haben. Und damit wären wir beim Herzstück der Serie angekommen: die turbulente Beziehung der Brüder Louis (George Blagden) und Philippe (Alexander Vlahos).

Foto: Alexander Vlahos & George Blagden, Versailles - Copyright: Tibo & Anouchka / Sky
Alexander Vlahos & George Blagden, Versailles
© Tibo & Anouchka / Sky

Zu Beginn der Serie kann man lesen, dass Louis XIV. mit vier Jahren bereits zum König gekrönt wurde. Die Regentschaft übernahm jedoch Kardinal Mazarin. Als wir den König von Frankreich kennenlernen, ist er 28 Jahre alt und langsam dabei, die Herrschaft zu übernehmen. Von der absoluten Monarchie ist er jedoch noch weit entfernt. Er ist vielmehr ein junger Mann, der in seine Rolle hineinwachsen muss. Er hat moderne Ideen und Visionen, vor allem aber hat er hinter verschlossenen Türen auch Ängste und sucht nach Halt. Diesen Halt findet er in seinem Manipulationstalent, welches er über den Verlauf der zehn Episoden erfolgreich ausbaut.

Philippe ist sein zwei Jahre jüngerer Bruder, homosexuell, mit einem traumschönen Chevalier (Evan Williams) liiert und verheiratet mit Henriette (Noémie Schmidt), mit der der König schläft. Und wenn dies nicht schon eine ganze Schatzkammer voller Konfliktpotenzial an sich wäre, so sind die Brüder auch noch so verschieden, wie sie nur sein können: Louis, beherrscht, bedacht und majestätisch, sich seiner Wirkung nach außen jederzeit bewusst; und Philippe, der Temperamentvolle, der sein Herz auf der Zunge trägt und trotz seiner Liebe zum Tragen von Frauenkleidern von nichts anderem so sehr wie vom Krieg träumt.

Kennt man die Brüder von Versailles in "Der Mann in der eisernen Maske" (Leonardo DiCaprio in einer Doppelrolle, 1998) hält "Versailles" wahrlich eine Überraschung bereit! Louis und Philippe hassen einander nicht, ganz im Gegenteil, sie sind von einer Bruderliebe verbunden, wie man sie nur haben kann, wenn man durch Kindheit und Jugend zu zweit vereint gegen den Rest der Welt gestanden hat. Zwei Königssöhne, von denen einer zum König erzogen, während der andere in Frauenkleider gesteckt wurde, um "niedriger" zu sein. Zwei Brüder, die dennoch die gleichen Erinnerungen wertschätzen, die ohne einander beinahe gänzlich allein wären, die beide auf ihre Art ihre Jugendfreundin Henriette lieben, und von denen einer schließlich die Herrschaft über den anderen zu übernehmen hatte.

"Versailles" spart nicht mit explosiven Auseinandersetzungen zwischen diesen Brüdern, die einander um das beneiden, was der andere hat. Und mit derselben Wucht, mit der Philippe um die Anerkennung seines Bruder ringt und Louis gleichzeitig verzweifelt versucht, seine seelische Schutzmauer zu erhalten, boxt sich dieses schillernde Bruderpaar ins Herz des Zuschauers. Eine Bruderbeziehung, die in der schonungslosen Darstellung tiefer Gefühle ihresgleichen sucht und mit George Blagden und Alexander Vlahos zwei Darsteller gefunden hat, deren mitreißendes Portrait von Schmerz bis Überlegenheit, von Enttäuschung bis Stolz in Staffel 1 gerade erst ihre schauspielerische Bandbreite angekratzt zu haben scheint.

Nicole Oebel - myFanbase

Zurück zur Übersicht der besten Beziehungen 2015/2016

Kommentare