Serienentdeckungen 2012

Auch in diesem Jahr haben unsere Autoren einige Serien für dich entdeckt, die ihnen vorher durch die Lappen gegangen waren. Auf diesen Seiten findet ihr die Shows, die wir aufgeholt haben und die uns begeistern konnten - und vielleicht ist der eine oder andere Text auch eine Anregung für euch, sich eine Serie anzusehen oder ihr noch eine Chance zu geben.


Entdeckungen von Moritz Stock

Borgen - Gefährliche Seilschaften

Mit "Borgen – Gefährliche Seilschaften" gelang dem dänischen Fernsehen ein außergewöhnliches Polit-Drama, welches brisante politische Themen in ein stark erzähltes Gesamtkonzept packt und mit stark geschriebenen und gespielten Charakteren zu den überzeugendsten europäischen Fernsehproduktionen überhaupt zählt, welche sich vor den amerikanischen Produktionen keineswegs verstecken muss. Die Serie, die sich um die erste weibliche Präsidentin Dänemarks und deren politischen und alltagsweltlichen Kampf dreht, gelingt das Kunststück sperrige politische Themen wie beispielsweise die Frauenquote oder militärische Außeneinsätze angemessen komplex und ohne große Vereinfachungen darzustellen und dabei gleichermaßen auf erzählerischer Ebene ungemein spannend zu sein. Auch die Gegenüberstellung der realpolitischen Geschehens und der Arbeit der Presse, die darüber berichtet, gelingt außerordentlich gut, genau wie die Charakterentwicklungen und die Schilderungen privater Kämpfe, denen sich die Hauptfiguren ausgesetzt sehen. So ist "Borgen – Gefährliche Seilschaften" alles andere, als eine trockne Polit-Serie, sondern ausgefeiltes Charakterdrama und spannender und authentisch erzählter Politthriller in einem. Eine echte Entdeckung!

Louie

Foto: Louis C.K., Louie - Copyright: 2011 FX
Louis C.K., Louie
© 2011 FX

Was ist "Louie" eigentlich genau? Eine Comedy-Serie mit dramatischem Unterbau oder eine Drama-Serie mit komödiantischen Einlagen? Genau kann man dies auch nach drei Staffeln nicht ausmachen, was aber auch gerade den Reiz dieser außergewöhnlichen Ein-Mann-Serienproduktion des Komikers Louis C.K. ausmacht. Das Besondere an dieser ganz und gar einzigartigen Produktion ist die Unberechenbarkeit des Gezeigten. Die kreative Ideenvielfalt und der ungeheure Mut des Louis C.K. beeindrucken in jeder Folge aufs Neue. So gibt es Folgen, die sich fast gänzlich dem Thema der Masturbation widmen und andere in denen es dann plötzlich um Selbstmord und fast existenzielle Sinnfragen geht. Gerahmt werden diese kleinen großen Geschichten aus dem Leben des Louis C.K. mit Ausschnitten auf seinem Stand-Up-Programm, in denen der brillante Komiker in Erscheinung tritt und zwerchfellerschütternde tiefe Wahrheiten über die Schwierigkeiten des Lebens auf die Bühne bringt und auch da eine Mischung aus intelligentem und brachial-direktem Witz zelebriert, die in dieser Form wohl Einzigartig ist. "Louie" ist eine ungeheuer bittersüße, fast revolutionäre Tragikomische Serienproduktion, die für mich zu den bemerkenswertesten Serienneuentdeckungen des letzten Jahres zählt. Fast schon eine Sternstunde des amerikanischen Fernsehens.

In Treatment

Zwei Personen. Ein Raum. Ein Gespräch. Klingt zunächst nicht wirklich aufregend, was die Therapeuten Serie "In Treatment" aber aus dieser minimalistischen Prämisse macht, ist eine ungeheuer dicht erzählte, hochemotionale und einen selbst bereichernde Serie, die sich voll und ganz auf seine Charaktere und deren Innenleben konzentriert und alles andere fast gänzlich ausblendet. Besonders Gabriel Byrne in der Rolle des qualifizierten, aber selbst innerlich gebrochenen Therapeuten Paul, der versucht das Leben seiner Patienten positiv umzugestalten, an seinem eigenen Leben und seiner Ehe aber zu zerbrechen droht, ist ein ungemein starker und ambivalent gestalteter Charakter, welcher das Zentrum dieser erfrischend anderen, minimalistischen Serie bildet. Aber trotz dieses Minimalismus erzeugt die Serie in jeder seiner knapp halbstündigen Folgen, die jeweils eine therapeutische Sitzung abdecken, eine intensive, fast aufrüttelnde Atmosphäre und Dichte, die es mit nervenaufreibenden Thriller-Produktionen in Sachen Spannung durchaus aufnehmen kann. Zum Gelingen dieser charakterzentrierten Serie tragen auch die weiteren Schauspieler bei, unter denen sich in der ersten Staffel beispielsweise namhafte Darsteller, wie Embeth Davidtz, Melissa George und Mia Wasikowska befinden, die in diesem fast Theaterhaften-Ambiente zu absoluter Höchstform auflaufen. Mit "In Treatment" ist HBO wieder ein ganz besonderer Coup gelungen, der nach drei Staffeln aber vielleicht etwas zu früh sein Ende fand.

Moritz Stock - myFanbase

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