DVD-Rezension: House of Cards, Staffel 1

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DVD | Blu-Ray

Die in den USA beim Streaming-Dienst gestartete Politik-Drama-Serie "House of Cards" wurde hierzulande sowohl im Pay-TV, als auch bei Sat 1 ausgestrahlt und ist seit Dezember 2013 im Handel als DVD und Blu-Ray erhältlich.

Inhalt

Foto: Copyright: 2013 MRC II Distribution Company L.P. All Rights Reserved.
© 2013 MRC II Distribution Company L.P. All Rights Reserved.

Mit einem neuen Präsidenten tritt auch eine neue Regierung in Washington ihre Arbeit an. Der Mehrheitsführer der Demokratischen Partei, Frank Underwood (Kevin Spacey) hat sich im Wahlkampf mit großem Einsatz für den frisch gewählten Präsidenten Garrett Walker (Michael Gill) ins Zeug gelegt und geht fest davon aus, nun als Belohnung den Posten des Außenministers zu erhalten. Als er dann aber erfährt, dass er dafür übergangen wurde und auf seiner alten Position verbleiben soll, beschließt er einen ausufernden Plan, der die Präsidentschaft Walkers stören und für Underwood selbst neue Karrierepfade eröffnen soll. Um seinen komplizierten Plan umzusetzen, verlässt sich Underwood ganz auf seine Frau Claire (Robin Wright), die außerdem ihre eigene Spendenorganisation leitet, und seinen Stabschef Doug Stamper (Michael Kelly).

Menschen, die nicht zu seinem engsten Vertrautenkreis gehören, sind für Frank Underwood nur Marionetten, die er als Mittel zum Zweck benutzt. Dazu gehören die junge Journalistin Zoe Barnes (Kate Mara) und der Kongressabgeordnete Peter Russo (Corey Stoll).

Rezension

"House of Cards" hat das Serienjahr 2013 ordentlich aufgemischt. Es hat den Streaming-Anbieter Netflix als großen Player im TV-Geschäft etabliert, eine ganze Menge an Awardnominierungen eingeheimst und zudem das Kunstwerk vollbracht, das Presseecho voll zu seinem Vorteil zu nutzen und so für große Aufmerksamkeit gesorgt. Die Geschichten in den Medien drehten sich meist darum, dass "House of Cards" das Fernsehgeschäft revolutioniert, als erstes richtig großes Prestigeprojekt, was nur im Internet veröffentlicht wird, und dann auch noch alle 13 Folgen der ersten Staffel auf einen Schlag. Und das Veröffentlichungsmodell ist sicher all die Schlagzeilen wert (abgesehen davon, dass wir hier in Deutschland, wo Netflix noch nicht vertreten ist, nichts davon haben). Aber ist es die Serie inhaltlich und qualitativ auch?

Foto: Kevin Spacey, House of Cards - Copyright: 2013 MRC II Distribution Company L.P. All Rights Reserved.
Kevin Spacey, House of Cards
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Denn wenn man als Zuschauer nun die DVD erwirbt, merkt man von all den bahnbrechenden Netflix-Methoden nichts mehr und es bleibt eine Serie, die sich kaum von anderen Projekten unterscheidet. Produziert wurde hier auf allerhöchstem Niveau, dass merkt man der Serie immer an. Der Cast ist hochklassig, und mit einem Regisseur wie David Fincher kann sich auch die Optik natürlich sehen lassen. Blickt man aber hinter die Fassade, bleibt eine Dramaserie übrig, die wie so viele zuvor nach einer britischen Vorlage entstanden ist, und die rund um einen wohl bekannten Typus von Anti-Held aufgebaut wurde. Rechnet man noch die großen Hollywood-Namen wie Fincher, Spacey und Robin Wright dazu, dann ist es Netflix sicher hoch anzurechnen, die nötigen Produktionskosten investiert zu haben, ein künstlerisches Risiko ist hier aber niemand eingegangen. Auch inhaltlich festigt sich dieser erste Eindruck. Zwar ist auf dem deutschen Fernsehmarkt politische Unterhaltung kein Selbstläufer, aber im internationalen Maßstab gibt es bei "House of Cards" nichts Neues zu entdecken.

Am Ende steht und fällt das Urteil des Zuschauers damit, ob man sich von den Ränken und Intrigen des Frank Underwood unterhalten fühlt. Denn diese bilden das Rückrat der Serie und lassen neben sich nicht viel Raum für andere Geschichten. Frank Underwood und seine Angewohnheit, die Kamera direkt anzuvisieren und zu seinem Komplizen zu machen, ist der unumstrittene Mittelpunkt von "House of Cards". In der ersten Folge wird er durch die Zurückweisung des neuen Präsidenten, der ihm den Posten des Außenministers vorenthält, in seinen Augen gedemütigt und er setzt nun einen weit ausufernden Plan in Gang. Das sich entwickelnde Geschehen ist hoch unterhaltsam und wird niemals langweilig, es macht es nur dem Zuschauer nicht gerade einfach, sich emotional mit der Sache zu identifizieren. Denn nahezu unter allen Umständen gelingen Franks Pläne, selbst wenn einmal Probleme auftreten, hat Frank sofort einen Plan B parat und der führt dann doch noch zum Ziel. Dazu kommt die Tatsache, dass Frank dermaßen aalglatt, zynisch und ohne erkennbare eigene Überzeugungen ist, dass es nur darum geht, ob er sein Ziel erreicht. Warum er sich für dieses Ziel einsetzt, hat keinerlei Bedeutung, weder für Frank noch für die Serie als Ganzes.

Foto: Kristen Connolly & Corey Stoll, House of Cards - Copyright: 2013 MRC II Distribution Company L.P. All Rights Reserved.
Kristen Connolly & Corey Stoll, House of Cards
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Schade ist dabei besonders, dass die Figuren, die die Welt von "House of Cards" rund um Frank Underwood bevölkern, durchaus das Potential haben, interessant und komplex zu sein, sie es aber aufgrund seiner Dominanz nicht wirklich schaffen, dieses Potential auszuschöpfen. Der einzige, der Frank in Sachen Screentime und Relevanz das Wasser reichen kann ist Peter Russo und so ist der auch der heimliche Held der ersten Staffel der Serie. Corey Stoll schafft es, dem kompletten Gegenstück zum skrupellosen Perfektionisten, Leben einzuhauchen und den Zuschauer voll auf die Seite des mit Drogenabhängigkeit kämpfenden Politikers, der im Gegensatz zu Underwood versucht, ein wenig Integrität zu wahren, zu ziehen. Allein diese Performance ist es Wert, der Serie eine Chance zu geben. Dafür ist es umso überraschender, welchen Weg die Serie mit Peter Russo am Ende der Staffel einschlägt. Denn dann wird das Gefüge der Serie komplett durcheinander geworfen, ob dies aber eine gute Strategie auf lange Sicht wird, muss dann erst die zweite Staffel zeigen. Zu diesem Zeitpunkt werden Franks längerfristige Pläne offensichtlich und langsam beginnt man auch zu begreifen, wie sehr diese Einfluss auf das Leben der Nebenfiguren ausüben.

Foto: Kevin Spacey & Robin Wright, House of Cards - Copyright: 2013 MRC II Distribution Company L.P. All Rights Reserved.
Kevin Spacey & Robin Wright, House of Cards
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Dazu zählt auch Franks Ehefrau Claire. Die Beziehung der beiden ist für mich sicher der spannendste Handlungsstrang, laufen sie doch jedem bekannten Klischee der Politikerbeziehungen entgegen. Diese Ehe schafft es, den Zuschauer immer wieder zu überraschen. Aber man hat das Gefühl, immer dann wenn es spannend wird, verliert die Serie das Interesse an den Details der Beziehung. Oder sie möchte den Zuschauer doch etwas zu lange auf die Folter spannen. Was auch immer der Grund ist, es fehlen einfach die emotionalen Kleinigkeiten, die den Zuschauer wirklich in den Bann ziehen können.

Diese mangelnde Identifikation für den Zuschauer ist überall vorhanden und illustriert das große Problem der Serie. Es wirkt, als wäre Frank Underwood als der ultimative Antiheld geschaffen wurden, mit all den amoralischen Facetten, die die großen Vorbilder wie Tony Soprano, Don Draper und Walter White auszeichnen. Aber im Gegensatz zu seinen Vorbildern fehlen Underwood die menschlichen Eigenschaften, die kleinen Momente, die es dem Zuschauer ermöglichen, eine Beziehung zu dieser Figur aufzubauen. Es gibt lediglich zwei Momente in dieser gesamten Staffel, in der Frank Underwood rein aus dem Instinkt heraus handelt. Einer davon ist, als er seine alte Universität aufsucht und seine früheren Freunde trifft. Diese Begegnung deutet eine Vielzahl an emotionalen Wahrheiten über Frank an, nur leider verliert die Serie kurz danach komplett das Interesse an diesen Wahrheiten. Sie werden nie wieder angedeutet, und so verpufft der kurze Moment der realen Gefühle. Später übertritt Frank in aller Deutlichkeit eine moralische Grenze, die in jedem Menschen starke Reaktionen ausüben dürfte. Aber an Frank Underwood prallt all dies ab, und die Serie scheint sich niemals dafür zu interessieren, was dies in Frank ausgelöst hat. Diese verpassten Möglichkeiten der Vertiefung des so wichtigen Charakters illustrieren für mich die Oberflächlichkeit von "House of Cards". Denn rein äußerlich betrachtet ist dies eine tolle Serie, die Zutaten sind alle vorhanden, um daraus etwas Großartiges werden zu lassen. Aber in ihrem jetzigen Zustand darf man nicht unter die glatte Oberfläche blicken. Denn dann entfalten sich Logiklöcher, mangelnder Realismus und seifenopernhaftes Drama, das nicht in den Charakteren verankert ist, sondern nur der Handlung dient.

Foto: Kate Mara, House of Cards - Copyright: 2013 MRC II Distribution Company L.P. All Rights Reserved.
Kate Mara, House of Cards
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Wäre Frank eine wirklich außergewöhnliche TV-Figur, so wie die oben angesprochenen Beispiele es vorgemacht haben, in der sich Komplexität mit Amoral vereinigen, wären all diese Kritikpunkte obsolet und der scharfe Fokus auf ihn würde sich komplett auszahlen. Würde man bereits in dieser Staffel merken, dass der aalglatte Politikhai ohne spürbare humanen Eigenschaften an die Grenzen seiner Möglichkeiten stoßen würde und das von ihm aufgebaute Kartenhaus ins Wackeln geraten könnte, wüsste man als Zuschauer, worauf man sich freuen könnte. So bleibt eine Serie, die alle Möglichkeiten hat, genial zu sein, aber dank eines allzu glatten und viel zu zynischen Weltbildes, das lediglich alle Vorurteile über Politiker ins Extrem treibt, nicht über das gute Mittelmaß hinauskommt. "House of Cards" kann nichts dafür, dass dieses Mittelmaß mittlerweile auf sehr hohem Niveau liegt. Wer aber antritt mit der Botschaft, die TV-Landschaft zu revolutionieren, muss doch deutlich mehr kreatives Neuland betreten.

Schade ist zudem, dass sich auf der DVD-Box keinerlei Extras befinden. Ein paar Hintergrundinformationen, Interviews oder auch Audiokommentare wären doch schön gewesen, gerade bei einer derart hochwertigen Produktion. Aber vielleicht sind dies die ersten Ausläufer des Netflix-Modells, die sich auf die klassischen DVDs auswirken, da beim Streaming ja auch keine Extras angeboten werden. Hoffen wir darauf, dass sich dieser Trend nicht längerfristig durchsetzen wird.

Technische Details

Erscheinungstermin: 17. Dezember 2013
FSK: ab 12 Jahren
Laufzeit: 647 Minuten
Bildformat: 16:9 - 1.77:1
Sprachen: Deutsch (Dolby Digital 2.0), Englisch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Türkisch, Dänisch, Finnisch, Hindi, Norwegisch, Schwedisch

Fazit

Man kann die erste Staffel von "House of Cards" jedem nur ans Herz legen, denn dies ist ein wirklich hochklassig produziertes und in weiten Teilen mehr als solide umgesetztes Politikdrama. Und die Schwächen, die sich in den Details verbergen sind von solcher Natur, über die man sich einfach selbst ein Urteil bilden sollte. Hier wird nicht die Fernsehunterhaltung neu erfunden, aber es wird demonstriert, auf welch hohem Niveau sich heutzutage die Maßstäbe für Qualität im TV befinden.

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Cindy Scholz - myFanbase

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