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Review: #2.17 Ich bin so müde

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Es ist bereits die achte Episode seit Déjàs erstem Auftritt, aber wirklich viele Informationen über sie und ihre Vergangenheit haben wir bisher nicht erhalten. Stattdessen drehte sich in ihrem Zusammenhang meist doch Vieles um Randall und weniger um das junge Mädchen als Person. Das machte es bislang eher schwer, zu Déjà irgendeine Art von Beziehung aufzubauen. Doch das ändert sich mit #2.17 Ich bin so müde nun deutlich und wir Zuschauer erhalten einen umfassenden Einblick in ihr bisheriges Leben und das ihrer Mutter Shauna.

Zuletzt haben wir in #2.07 Enttäuschungen erleben dürfen, dass Shauna auch eine liebende Mutter ist, die bereit ist, für und um ihre Tochter zu kämpfen. Nun sehen wir die Mutter-Tochter-Beziehung in all ihren Facetten von Geburt an. Diese stand von Beginn an auf einem fragilen Fundament. Als Teenager bereits Mutter zu werden, beraubte Shauna damit ihrer eigenen Jugend und ausreichender Zeit, erwachsen zu werden. Stattdessen muss sie bereits sehr früh Verantwortung für sich und das Leben ihrer Tochter übernehmen. Da erscheint es nur allzu verständlich, dass ihr dies schwerfällt. Gerade auch dann, wenn in ihrem eigenen Leben stets die Großmutter statt der eigenen Mutter, die Ersatzbezugsperson ist. Doch ohne deren Unterstützung wäre sie mit der Situation vermutlich noch überforderter gewesen. So aber gelang es der Großmutter, Shauna die Bindung zu ihrer Tochter zu vermitteln, die ihr nach der Geburt komplett zu fehlen schien. Der Beistand ist jedoch aufgrund des Todes der Großmutter nur von kurzer Dauer und Shauna ist mit Déjà schließlich doch auf sich allein gestellt.

Es folgt eine Phase, die uns nicht ganz so umfangreich gezeigt wird. Shauna scheint ihr Leben in einfachen Verhältnissen in den Griff bekommen zu haben. Der Geldmangel wird mit viel Arbeit aufgefangen, was zugleich aber auch bedeutet, dass Déjà häufig lange Zeit auf sich allein gestellt ist. Das wiederum scheint sie als junges Mädchen sehr geprägt zu haben. Sie übernimmt früh Verantwortung, kümmert sich um den Haushalt und verliert dabei aber auch die Möglichkeit, einfach nur Kind zu sein. Die Vorzeichen haben sich umgedreht. Sie hat die Aufgaben der Mutter übernommen und dass im Gegensatz zu ihrer Mutter schon in der Kindheit. Aufgrund der Situation der beiden, nur sich selbst zu haben, will und kann man das Shauna aber eigentlich nicht vorwerfen. Es begründet jedoch einen wesentlichen Teil von Déjàs Verhalten und Charakter.

Der zweite prägende Abschnitt ist die Zeit mit den Pflegefamilien. Diese resultiert aus einer Szene, die die Abhängigkeit von Tochter und Mutter noch einmal verdeutlicht. Wäre Shauna zuhause oder zumindest erreichbar gewesen, als sich Déjà ihre Hand verletzte, wäre es möglicherweise nie zu dieser Trennung gekommen. Dabei werfe ich Shauna ihre vor ihrer Tochter vertuschte Arbeitslosigkeit gar nicht vor. Sie will Déjà weder enttäuschen noch ihre eigenen Probleme aufhalsen. Daran glaube ich fest. Doch nun wurde den beiden zum Verhängnis, so lange ohne Hilfe auf sich allein gestellt gewesen zu sein. Sich als junges Mädchen plötzlich von der Mutter getrennt in einer fremden Umgebung wiederzufinden, muss sehr schwer gewesen sein. Zum Glück hat Déjà in Raven jedoch eine Bezugsperson bekommen, die ihr durch diese schwere neue Situation geholfen hat. Auch wenn ihr Raven mit dem Diebstahl nicht in jeder Hinsicht ein ideales Vorbild war, ist sie Déjà eine gute Freundin und aufgrund ihrer Erfahrungen mit anderen Pflegefamilien ein guter Ratgeber. Es ist sogar ziemlich bewundernswert, wie ein so junges Mädchen schon so erwachsen und fast schon weise sein kann. Ihre Botschaft des "zusammen ist man stärker" oder auch ihre Akzeptanz von Schlechtem (die Schläge des Pflegevaters) aus dem man noch etwas Gutes ziehen kann (woanders könnte es noch schlechter sein), zeugen von großer Reife. Wie sehr Raven und diese Zeit auch Déjà beeinflusst haben, zeigt sich schließlich einige Zeit später, als sie bei den Pearsons zur Pflege unterkommt. Sie erinnert sich an Ravens Worte und sucht nachts das Vertrauen von Tess und Annie und fragt danach, wer im Haus der Pearsons das Sagen hat.

Während uns also die Folge im "This Is Us"-typischen Rückblick Déjà und ihre Vergangenheit näher bringt, gelingt es durch das ebenfalls bekannte erzählerische Stilmittel der Verknüpfung von bereits bekannten Hinweisen erneut meisterlich, ein großes Gesamtbild zu zeichnen. So haben wir in einer früheren Szene bereits erleben dürfen, wie sich Déjà gegenüber Beth bei der Pflege ihrer Haar öffnete, als Beth die kahlen Stellen am Kopf des Mädchens entdeckte. Déjà erklärte, dass diese immer dann auftreten, wenn alles etwas zu viel für sie wird. Nun können wir mitansehen, wie dieses Phänomen erstmals auftritt, als sie sich in der schwierigen Situation mit Shauna und deren Freund befindet. Erst vor kurzem hatte sich Déjà wieder bei den Pearsons gemeldet und um Geld für die Miete gebeten. Später meldete sie sich bei Randall, behauptete dabei jedoch, dass alles in Ordnung sei, was dieser gegenüber Beth noch bezweifelte und zu einem Streit der beiden führte. Nun erleben wir, was tatsächlich mit dem Geld passierte und wie die beiden schließlich im Auto landeten, in dem sie von Beth und Randall gefunden werden. Es kommt zu einer die Folge in ihrem Kern zusammenfassenden Unterhaltung von Déjà und Randall, in der sie entgegen ihrer früheren Meinung zugibt, dass jeder Mensch in seinem Leben viele ähnliche Erfahrungen macht und vielleicht ein bisschen von uns in jedem steckt. Und genau das wurde uns im Verlauf der Episode immer wieder vor Augen geführt, indem Rückblicke auf Szenen im Leben der Pearsons gezeigt wurden, die ganz ähnlich zu dem von Déjà und Shauna waren. So gab es Momente des Glücks (das Stillen der Babys, das Vorlesen von Geschichten), aber auch der Trauer und der Tragik (der Verlust der Großmutter bzw. von Jack, die Alkoholsucht von Jack und Kevin). Während zumindest ich mich während der Folge immer wieder fragte, was man uns mit diesen kurzen Parallelen zu den Pearsons eigentlich sagen wollte und es mir auch etwas erzwungen wirkte, so viele vergleichbare Szenen zu schaffen, ist es genau diese entscheidende Szene, die dem Ganzen eine realistische und nachvollziehbare Einordnung brachte. So sind all diese Augenblicke stellvertretend für die vielen Momente, die Personen und (junge) Familien in ihrem Leben erfahren. Und wahrscheinlich hat jeder von uns auch genau solche Momente schon so oder so ähnlich einmal erlebt.

Bleibt noch der Blick auf das Folgenende. Denn Shauna gibt aus Liebe zu ihrer Tochter, diese frei, weil sie glaubt, ihr (und ihrer eigenen Mutterrolle) nicht gerecht werden zu können. Das kommt zu diesem Zeitpunkt und nach dem zuvor Gesehenen dann doch nicht mehr so überraschend wie man eigentlich meinen könnte. Wie bereits gesagt, besteht für mich kein Zweifel daran, dass Shauna ihre Tochter liebt und es ist für sie sicher auch nicht einfach, diese Entscheidung zu treffen. Sie hat kurz zuvor noch mitansehen müssen, wie Déjà sich bei den Pearsons trotz aller Umstände eingelebt hat und auch andere Seiten von sich zeigen kann. Sie will ihrer Tochter ein glückliches und zukunftsfähiges Leben ermöglichen. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt dennoch. Gäbe es nicht doch eine Möglichkeit, dass Shauna auch ein Teil von Déjàs Leben bleiben könnte, wenn diese bei den Pearsons lebt? Trotz der schweren Entscheidung macht Shauna es sich vielleicht doch etwas zu leicht und hinterlässt somit eine traurige und verletzte Tochter, die mit dem Verlust der Mutter erneut zurechtkommen muss.

Fazit

Eine trotz ihrer traurigen Themen sehr schöne Folge, die uns viele Informationen lieferte, auf die wir seit dem ersten Auftreten Déjàs schon lange gewartet haben. Einzig allein der Zeitpunkt dieser charakterzentrierten Episode unmittelbar vor dem Staffelfinale nächste Woche war dagegen etwas unglücklich gewählt.

Jan H. – myFanbase

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