Interview mit Jenny Green

Mai 2015 | Wer auf Kaffee und Hunde steht, gerne auf Reisen geht und durch die Natur läuft, kann nur offen für Einflüsse sein, die atmosphärisch-stimmige Romane erzeugen können. In Jenny Greens Fall sind es nicht nur vier Romane geworden – die junge Regensburgerin werkelt auch fleißig an Songtext von Indieacts.

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Jenny Green
© Jenny Green

myFanbase: Wann hast du angefangen zu schreiben und magst du uns über deine ersten Versuche erzählen?

Jenny Green: Geschrieben habe ich schon immer gern - tatsächlich auch die lästigen Aufsätze in der Schule, gerade wenn es kreative Schreibaufträge waren - ein Traum im Gegensatz zu mancher Matheklausur. Meine Liebe zur Literatur hat mich letztendlich auch zum Germanistikstudium gebracht. Die Idee, einen Roman zu schreiben, war in den ersten Semestern an der Universität gereift. Der Prozess dauerte ein ganzes Jahr, dann hielt ich schließlich mein erstes fertiges Manuskript in Händen. In dieser Zeit habe ich viele Kapitel immer wieder verworfen, neue geschrieben, diese immer und immer überarbeitet, wieder verworfen und so weiter. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich wirklich zufrieden war und "Milchkaffee in New York" auf Papier gebracht habe.

Obwohl im April erst "In den Gassen der Stadt" erschienen ist, arbeitest du bereits an "Dazwischen das Meer" (Juli 2015). Hast du parallel weitere Ideen am Start - beziehungsweise: Wie organisierst du deinen Schreiballtag bei so vielen Projekten?

Mit dem Lektorat zu "Dazwischen das Meer" sind im Moment zumindest die größten Schreibprojekte abgeschlossen. Das heißt, ich begebe mich wieder auf Ideensuche, sammle diese fleißig in meinem Notizbuch und plane neue Buchprojekte. Wenn ich parallel an mehreren Projekten arbeite, ist es für mich wichtig, für jedes einzelne Projekt separate Zeitfenster in meinem Tag einzurichten, um mich voll und ganz auf die Handlung einlassen zu können. Oft schreibe ich eine Weile nur an einem einzigen Projekt und stelle andere zurück. Generell liebe ich aber die Abwechslung, die mir die verschiedenen Projekte bieten, so erhalte ich immer wieder neue Inspiration und der Kreativfluss bleibt erhalten, da ich mich in vielerlei Richtungen austoben kann.

Worum geht es in deinem aktuellen Roman "In den Gassen der Stadt"?

"In den Gassen der Stadt" ist in gewisser Weise der Nachfolgeroman zu "Über den Dächern der Stadt", er kann jedoch auch als Einzelroman gelesen werden. Der Roman "In den Gassen der Stadt" greift Astrids Perspektive auf, die im Vorgängerroman noch eine Nebenrolle innehatte. Astrid hat gerade eine schwere Krebserkrankung überstanden, steht jedoch vor einem Trümmerhaufen, da ihr die Krankheit weit mehr als nur jegliche Kraft geraubt hat. Als sie auch noch ihre Mutter an die Krankheit verliert, scheint der Weg ins Leben noch schwieriger - bis sie mit einem letzten Brief ihrer Mutter eine kleine Liste erhält, die sie als junges Mädchen geschrieben hatte und die sie dazu antreibt, weiterzukämpfen.

Lenkst du dich mit Sport ab bei so viel Arbeit am Rechner?

Sport ist ein wichtiger Faktor, um meine Gedanken zu fokussieren, Abstand zur Arbeit zu gewinnen und gleichzeitig meinem Körper etwas Gutes zu tun. Bei der vielen Arbeit am Schreibtisch genieße ich die Zeit an der frischen Luft umso mehr. Gerade auch, wenn Schreibblockaden den Schreibfluss unterbrechen, stellt Laufen ein gutes Ventil dar.

Als Studium hast du Germanistik gewählt - hätte es jemals einen Plan B abseits von Stift und Papier gegeben?

Einen Plan B gab es immer, da ich zudem Erziehungswissenschaften und Geschichte studiert habe und auch nebenbei in der Richtung arbeite. Das Schreiben ist jedoch meine größte Herzensangelegenheit.

Du bist aus Regensburg, "fliehst" aber gerne nach Schweden - dort sind die Autoren eher blutig und düster. Wer sind deine Vorbilder? Und was inspiriert dich abseits vom Reisen?

Ich fliehe nicht unbedingt gerne nur nach Schweden, aber ich fliehe gerne an fremde Orte, um Neues zu sehen und zu erleben. Schweden verbinde ich tatsächlich weniger mit blutigen und düsteren Thrillern, da ich diese persönlich nur selten lese, sondern vielmehr mit den Helden meiner Kindheit, den Figuren von Astrid Lindgren. Die Unbeschwertheit und Fröhlichkeit ihrer Geschichten berühren mein Herz noch heute. Abseits von Reisen inspiriert mich meine unmittelbare Umwelt, das Treiben der Stadt, das mich umgibt, wenn ich einfach nur irgendwo sitze und das Leben um mich herum betrachte. Zudem inspirieren mich Menschen, die Lebensfreude ausstrahlen, die diese offen im Gesicht tragen und eine eigene Geschichte zu erzählen haben.

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Du hast 2011 deinen Erstling "Milchkaffee in New York" bei el!es veröffentlicht - wie kamst du zu diesem Verlag?

Ich habe sehr lange recherchiert, mir verschiedenste Verlagsprogramme angesehen, um herauszufinden, zu welchem Verlag meine Geschichte am besten passen könnte. Auf diesem Wege bin ich zum el!es Verlag gekommen, der mir als bis dato unbekannte Autorin die Chance ermöglicht hat, meinen Roman zu veröffentlichen.

2013 hast du den ersten Platz beim Lesbischen LiteraturPreis gemacht - wie hast du dich beim Sieg gefühlt?

Das war ein wirklich unbeschreibliches Gefühl. Ich habe die Abstimmung stets verfolgt, insbesondere die Kommentare der LeserInnen zu den Romanauszügen. Gerade diese waren besonders wertvoll, da man neben der Wertschätzung der Arbeit viele Impulse mit auf den Weg bekommen hat. Und wem sollte der Roman gefallen, wenn nicht den LeserInnen? Dass mein Roman dann auf dem ersten Platz gelandet ist, konnte ich im ersten Moment kaum glauben. Dann war es einfach nur Freude pur, ein Gefühl, das einen um Straßenlaternen tanzen lässt.

Du liest regelmäßig live vor Publikum - wie ist das Feeling dabei für dich?

Das ist ein genauso unbeschreibliches Gefühl. Die unmittelbaren Reaktionen der Zuhörer zu sehen, das Lachen in den Augen, oder auch Tränen, die an manchen Stellen vergossen werden, gehen unter die Haut. Diese Emotionen sind genau der Grund, warum wir Künstler den Kontakt mit LeserInnen, ZuschauerInnen und ZuhörerInnen suchen.

Wie kam deine Arbeit als Texterin für Musiker wie Sandi, Ohrenpost sowie Romy Politzki zustande?

Die Arbeit mit den Musikerinnen kam auf ganz unterschiedliche Weise zustande. Die Band Ohrenpost hat bei mir angefragt, ob ich mir vorstellen könnte, einen Text für sie zu schreiben. Aus der anfänglichen Idee wurden mittlerweile mehrere Texte und auch für die Zukunft ist noch einiges geplant (lacht). Romy und ich haben uns auf dem Regensburger CSD getroffen und so entstand die Idee der Zusammenarbeit für den Song "Auf das Leben". Mit Sandi verbindet mich eine jahrelange Freundschaft. Die Idee, gemeinsam an den Songs ihres Albums zu arbeiten, war somit schnell geboren. Ich hoffe, dass diese wundervollen Projekte noch mehr Songs, die ins Ohr und ans Herz gehen, hervorbringen.

Du hast sogar schon einen Housesong von DJ Miss Günnie T. betextet, vom Stil her anders als deine anderen Zusammenarbeiten - wie fühlte sich das musikalische Neuland an?

Es war definitiv eine ganz neue Erfahrung – eine sehr reizvolle Erfahrung. Nachdem ich das Demo gehört habe, das DJ Miss Günnie T. mir geschickt hat, hatte ich sofort Bilder im Kopf und das Blatt war schnell gefüllt. Ich mag es, Neues auszuprobieren, Sachen, die sich grundlegend von all dem unterscheiden, was ich bisher gemacht habe. Ich mag es, eigene Grenzen zu durchbrechen und neue Erfahrungen zu sammeln. Musikalische Vielfalt macht für mich den Reiz bei der Arbeit mit den unterschiedlichsten Musikern aus. Und an dieser Stelle kann ich sagen, dass ich mit wundervollen Menschen zusammenarbeiten darf!

Simone Bauer - myFanbase

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