Bewertung

Review: #18.03 Hitzewelle

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Die achtzehnte Staffel fühlt sich immer mehr wie ein Soft Reboot der Serie an. So wird eines der Hauptmotive der Anfänge wieder aufgenommen, indem wieder die Assistenzärzt*innen und deren Ausbildung immer mehr in den Fokus gerückt werden. Gleichzeitig haben wir mit Addison die nächste lang erwartete und heiß ersehnte Rückkehr einer Figur der ersten Stunde, nachdem wir uns bereits in der letzten Staffel über Georges, Dereks, Marks, Lexies und Aprils Kurzauftritte freuen durften. Spannend fand ich hier vor allem Webbers Worte, dass geplant wird, nach Addison weitere Gastdozierende ins Boot zu holen. Das bereitet im Grunde genommen bereits Gastauftritte weiterer ehemaliger Hauptdarsteller*innen vor. Ich kann mir schon jetzt vorstellen, wie Callie und Arizona eine bahnbrechende Methode vorstellen oder wie Cristina für ein paar Folgen den Laden aufmischt. Das bestätigt immer mehr den Eindruck, dass wir hier höchstwahrscheinlich die letzte Staffel der Serie sehen, und erfüllt viele Wünsche, die ich an eine solche gestellt hätte: Weniger knallharter Coronarealismus, mehr leichte und humorvolle Medizinunterhaltung.

Gleichzeitig fehlt mir auch etwas. So treten zurzeit viele Hauptfiguren wie Maggie selten oder gar nicht auf. Stattdessen wird der Fokus auf Figuren wie Winston oder Cormac gelegt, die sich aufgrund des Fokus der letzten Staffel immer noch eher wie Fremdkörper in der Serie anfühlen, Cormac sogar mehr als Winston, da Winston durch seine Ehe mit Maggie eher mit den anderen Ärzt*innen verknüpft ist und diese Woche bei Owen und Ben mit seinem aufopferungsvollen Engagement punkten kann. Dennoch fällt es schwer, sich hier genauso emotional zu beteiligen wie in den Storylines um Meredith, Amelia und Co., die wir einfach seit vielen Jahren begleiten. Allerdings glaube ich, dass gerade die Verbindung zwischen Cormac und Meredith sowie die Geschichte um Cormac, die sehr kleinschrittig erzählt wird, Impulse setzen könnten, die das verändern könnten.

Der Fokus auf die jungen Ärzt*innen, der in den letzten Jahren ja häufig deutlich zu kurz kam (womit der deutsche Untertitel "Die jungen Ärzte" eigentlich von Staffel zu Staffel immer obsoleter wurde), gefällt mir eigentlich sehr gut. Die alten Wettkämpfe um die besten OPs werden wieder ausgefochten, und abermals ist es Levi, der das Rennen macht und bei einem Eingriff aushelfen darf. So sehr ich aber Levi mag und mich für seine Entwicklung begeistern kann, so schwierig finde ich es, dass er am Ende des Tages immer als der Assistenzarzt mit dem meisten Können dargestellt wird. Ich hoffe, dass man sich den neuen Fokus auch soweit zu Herzen nimmt, dass die Assistenzärzt*innen auch als Figuren in den Vordergrund gerückt werden. So wirken sie allesamt sympathisch, doch letztlich oberflächlich gezeichnet, was es schwer macht, sich wirklich für ihre Kabbeleien und Lästereien zu erwärmen. In solchen Momenten vermisse ich dann auch die groß eingeführten Anfänger*innen wie Quadri oder Casey, zu denen man tatsächlich den gleichen Bezug wie zu Levi oder zu Helm aufgebaut hatte.

Wie gesagt, bleiben große Storylines im Moment eher aus und Figuren wie Teddy dürfen sich eher in seichten, humorvollen Gewässern austoben. Hätte man mir vor einer Staffel gesagt, dass Teddy zur Beauftragten für Spaßaktivitäten erklärt werden würde und infolgedessen Partys im Leichenschauhaus oder Verrückte-Hut-Aktionen in die Tat umsetzen würde, hätte ich dieser Person den Vogel gezeigt. Doch auch hier sieht man, wie sehr Teddy als Person gereift ist und rundum glücklich zu sein scheint. Wie sehr sie in Owens Storyline um den schwer erkrankten Soldaten involviert wird, wird sich noch zeigen. In dieser Folge darf sie vor allem Link beistehen, der das Lüftungssystem, das in dem von einer Hitzewelle geplagten Krankenhaus ausgefallen ist, zu reparieren versucht – und dabei sehr emotional wird, weil er nicht einmal das reparieren kann. Ignorieren wir für eine Sekunde, dass das Krankenhaus doch sicherlich Hausmeister*innen beschäftigt, die doch qualifizierter als eine Herz-Thorax-Chirurgin und ein Orthopäde wären, um sich dieser Sache anzunehmen – Links Verzweiflung über die zerrüttete Beziehung wurde hier mehr als deutlich. Er kann einem eigentlich wirklich leidtun, gerade weil sich Amelia schon anderweitig zu orientieren scheint und immer mehr mit dem*r non-binary Ärzt*in Kai flirtet. Dennoch würde ich mir auch hier etwas mehr Schwung wünschen, da sonst Link entwicklungstechnisch auf der Stelle treten könnte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Storyline schlussendlich auf eine Wiedervereinigung zwischen Amelia und Link hinauslaufen wird (der Build-Up der vergangenen Staffeln war einfach zu groß), doch ohne neue Akzente wird sie einfach mein Interesse nicht länger wecken können.

Das ist jetzt aber wirklich Jammern auf hohem Niveau, insgesamt hat mir die Folge sehr gefallen. Addisons Rückkehr wurde so wunderbar schnörkellos und einfach gehalten, dass es sich keine Sekunde so angefühlte, als wäre sie das letzte Mal in Staffel 8 (!) aufgetreten. Nicht nur, dass sie als großartige Lehrerin inszeniert wurde, die mit natürlicher Autorität und Strenge die Assistenzärzt*innen sowie Richard motivierte, die Wiedervereinigungen mit Amelia und Meredith waren einfach nur wunderschön anzusehen. Die lange Umarmung mit Amelia hat mir einmal mehr gezeigt, dass es wieder an der Zeit ist, sich alle sechs Staffeln von Private Practice reinzuziehen. Die Schwesternschaft von Amelia und Addison war dabei immer eines meiner Lieblingselemente der letzten Staffeln und es war stets berührend zu sehen, wie die beiden Frauen, auch aufgrund ihrer eigenen negativen Erfahrungen mit ihren eigenen Familien, sich wie Familie behandelten. Da war Amelias kurze Sorge, dass es vielleicht merkwürdig werden könnte, wenn sich Meredith und Addison begegnen würden, natürlich irgendwo berechtigt. Schließlich hat Meredith in Seattle in vielerlei Hinsicht Addisons Funktion in Amelias Leben eingenommen, obwohl ihre Beziehung mit Amelia um einiges komplexer ist. Doch die letzte Szene der Folge, in der eine sichtlich berührte und vergnügte Amelia beobachtet, wie Addison in ihre Familie in Seattle aufgenommen wird, beweist nicht nur, dass diese Sorgen letztlich unnötig waren, sondern auch, dass Amelia die Familie, nach der sie sich immer gesehnt hat, mit Addison und Meredith gefunden hat.

Zusätzlich beweist Addisons Rückkehr aber auch, wie sehr sich ihre und Merediths Beziehung gewandelt hat. Von einstigen Konkurrentinnen und widerwilligen Freundinnen sind sie nun zu gleichberechtigten Kolleginnen und gewissermaßen Familienmitgliedern geworden, die sich in dieser Folge in OPs sowie in emotionalen Moment beistehen können. War die Liebe zu Derek das, was die beiden jahrelang voneinander trennte, ist es nun das, was sie vereint und zu der wahrscheinlich berührendsten Szenen dieser 18. Staffel führt. Natürlich muss sie – wo auch sonst – im Aufzug stattfinden, doch es ist schlichtweg wunderschön, wie Addison zugibt, überall nach Derek gesucht zu haben und Meredith ihr versichert, dass er noch da ist, gerade in ihren Kindern. Die Umarmung und die spontane Einladung zum gemeinsamen Abendessen wurden nur von der Begegnung von Addison mit Bailey übertroffen, in dem sie (warum auch immer) Derek wieder zu erkennen scheint. Zwar halte ich es für etwas unrealistisch, dass Addison Bailey und Zola erst jetzt begegnet ist, dennoch hat es mich einfach wahnsinnig berührt, wie selbstverständlich Addison zur Tante der beiden erklärt und in die Familie integriert wurde.

Darüber hinaus weckt Addisons Rückkehr noch weitere Impulse: Zum einen wird auf eine sehr süße Weise die alte Gerüchteküche zum Leben erweckt, die uns in den ersten Staffeln doch sehr beschäftigte und erneut beweist, wie weit Meredith und Addison gekommen sind. Andererseits kann Addison Webber deutlich machen, wie ausbaufähig das Ausbildungssystem ist und die ausbeuterischen Methoden, unter denen Meredith und Co. noch zu leiden hatten, einfach heutzutage nicht mehr tragfähig sind. Allerdings muss ich auch zugeben, dass ich mir mehr Wiedervereinigungen für Addison gewünscht hätte: Wie schön wäre es beispielsweise gewesen, wenn sie Alex wieder getroffen hätte? Oder Callie oder sogar Izzie? Somit sind die Rückkehrer*innen der letzten Staffeln ein zweischneidiges Schwert für mich: Einerseits freue ich mich sehr über sie, andererseits merkt man daran einmal mehr, wen man doch noch schmerzlichst vermisst. Für die künftigen Folgen fände ich allerdings noch mehr Gespräche mit Amelia (vielleicht über die früheren gemeinsamen Kolleg*innen?), aber auch mit Bailey und mit Jo sehr interessant. Gerade mit letzterer müsste es doch eigentlich genug Stoff für spannende Geschichten geben.

Lux H. - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:


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