Bewertung

Review: #8.01 Winterfell

Foto: Kit Harington & Emilia Clarke, Game of Thrones - Copyright: Helen Sloan/HBO
Kit Harington & Emilia Clarke, Game of Thrones
© Helen Sloan/HBO

Lange mussten wir auf die letzte Staffel von "Game of Thrones" warten. Natürlich will man wissen, welchen Weg die Geschichte nun geht, allerdings befindet man sich nur einen Steinwurf vom Finale entfernt und möchte nicht, dass dieses atemberaubende Abenteuer tatsächlich zu Ende geht. Doch der Anfang vom Ende ist gemacht und #8.01 Winterfell ist eine schöne Hommage an die allererste Folge von "Game of Thrones", auch wenn sie durchaus ihre Schwächen hat.

"I warned you, northerners don't much trust outsiders."

Ein fremdes Heer kommt nach Winterfell und auf den Straßen versammeln sich die Leute voller Neugier aber auch Argwohn gegenüber den unbekannten Gesichtern aus dem fernen Süden. Genauso wie in #1.01 Der Winter naht sehen wir auch jetzt, wie eine den Nordmännern unbekannte Königin und ihr Gefolge Winterfell erreichen. Mit dem kleinen Jungen, der unbedingt alles im Blick haben will, erinnert man an die kindliche Arya, was einen mit einem Stich im Herzen zurückdenken lässt an die Zeiten, in denen die Stark-Familie noch glücklich vereint war. Die Skepsis, die Daenerys und ihren Männern von den Bewohnern Winterfells entgegengebracht wird, ist allgegenwärtig, personifiziert wird sie allerdings durch Sansa. Sie spiegelt die Gefühle ihrer Untertanen sehr gut wider, macht es für eben jene aber auch schwer, die Neulinge unvoreingenommen bei sich zu begrüßen.

Jons Eid aus #7.06 Jenseits der Mauer, als er vor Daenerys das Knie beugte, schlägt nun große Wellen und wieder einmal setzt man Lyanna Mormont gekonnt ein, um die Stimmung der Nordmänner greifbar zu machen. Dieses Mädchen funktioniert mit ihrem moralischen Kompass einfach wunderbar. Man kann beide Seiten nachvollziehen, doch genau wie Jon sagt, ist dies einfach nicht die Zeit, um sich wegen irgendwelcher Titel in den Haaren zu liegen. Durch diese Ansicht grenzt man Jons Einstellung wieder einmal stark gegen die Sansas ab und gibt einen ersten Fingerzeig darauf, dass in ihren Adern doch nicht das gleiche Blut fließt. Während dieser Teil der Episode einen ernsten Grundton setzt, macht das Herz jedes Mal einen kleinen Hüpfer, wenn es zu einem Wiedersehen zwischen alten Bekannten kommt. Als das Heer einmarschierte, hatte ich gehofft, dass Jons Blick in der Menge den Aryas finden wird, um an die Verbundenheit der "Geschwister" zu erinnern. Doch leider reiten sowohl Jon als auch Sandor und Gendry einfach an Arya vorbei. Das war eine kleine Enttäuschung, dafür setzte man das Wiedersehen von Jon und Arya am Wehrholzbaum umso schöner in Szene. Es war die bisher wärmste Umarmung zwischen den Starks und man spürte schnell wieder die tiefe Vertrautheit, die einst zwischen Arya und Jon herrschte. Gleichzeitig fließt aber auch bei dem Wiedersehen der beiden etwas Politik mit, denn Arya steht ganz klar auf Sansas Seite.

Für Arya gibt es dann auch noch die Begegnungen mit Sandor und Gendry. Beide sind sehr kurz gehalten, können aber gleich wieder die Emotionen aufgreifen, die zuletzt zwischen den Figuren geherrscht haben. Ein kleiner Witz hier und ein Seitenhieb da machen die leider etwas knapp bemessenen Szenen rund.

Um einiges tiefgründiger läuft Sansas Begegnung mit Tyrion ab. Nachdem die Nordmänner ihn bereits bei den Worten, dass Cersei die Armee der Lannisters nach Norden schicken wird, belächelt haben, schlägt Sansa nun erneut in diese Kerbe. Es scheint Tyrion tatsächlich noch nicht durch den Kopf gegangen zu sein, dass seine Schwester ihn und alle anderen hinters Licht geführt hat. Sansas Worte, dass sie Tyrion immer für so clever hielt, regen ihn zum denken an. Interessant finde ich dabei auch, dass Arya dasselbe über Sansa sagt. Mag es sein, dass Sansa durch die vielen Intrigen, denen sie bereits ausgesetzt wurde, nun schlauer ist als alle anderen?

"Did you bend the knee to save the north, or because you love her?"

Sansas kalte Ausstrahlung steht im Kontrast zu der Aura von Wärme, die Daenerys trotz des eisigen Winters zu umgeben scheint. Es gefällt mir gut, dass man dieses Bild so deutlich zeichnet und die Charaktere sich erst einmal mit Argwohn begegnen. Beide Frauen wurden in der Vergangenheit häufig über den Tisch gezogen, beide mussten Ehen über sich ergehen lassen, zu denen sie gedrängt wurden, beide sind umso stärker aus diesen Erfahrungen herausgegangen. Es scheint zu diesem Zeitpunkt unwahrscheinlich, dass Sansa und Daenerys sich anfreunden werden, doch wie Davos schon betont hat, bedarf es für die Nordmänner eines Beweises dafür, dass die Menschen aus dem Süden zu ihnen stehen werden.

Stück für Stück rückt man der Offenbarung über Jons wahre Eltern näher. Erst sind es die unterschiedlichen Ansichten zwischen ihm und Sansa, dann die Worte Aryas und schließlich krönt man das alles mit dem Ritt auf dem Drachen. Die Szene funktioniert gut in dem Zusammenhang, Jon und allen anderen zu verdeutlichen, dass er ein Targaryen ist. Und auch wenn es durchaus ein netter Anblick war, Jon auf dem Rücken Rhaegals zu sehen, so muss ich sagen, dass ich die kostbare Zeit lieber auf andere Weise verbracht hätte. Diese Staffel umfasst leider nur sechs Episoden und daher möchte ich ungern mehr Zeit als nötig mit graphischen Spielereien verbringen.

Zu guter Letzt nennt Sam das Kind im wahrsten Sinne des Wortes beim Namen und offenbart Jon, wer seine wahren Eltern sind. Es ist ein Wiedersehen der ganz besonderen Art, das von viel Schmerz und Ungläubigkeit begleitet wird. Die Szenen mit Sam waren für mich die Highlights dieser Episode. Zuerst hatten wir da das Treffen von ihm, Daenerys und Jorah. Erst freut man sich über Sams unsichere Art, die man nur allzu gut von ihm kennt. Dass Daenerys sich geehrt fühlt und auch seinen kleinen Wunsch leicht erfüllen kann, macht die Szene umso putziger. Doch langsam schleicht sich ein weiteres Thema an und so muss Sam auf sehr direkte Weise erfahren, dass Daenerys seinen Vater und auch seinen Bruder getötet hat. Man muss den Tod der beiden nicht mit vielen Worten ausschmücken, Sams Erschütterung darüber spielt sich ganz deutlich auf seinem Gesicht ab. Das Entsetzen über Daenerys' Tat steckt ihm noch immer in den Knochen, als er später mit Jon spricht. Nun beginnen auch Jon die Gesichtszüge zu entgleiten und sowohl John Bradley als auch Kit Harrington konnten in diesen stillen Momenten vollkommen überzeugen. Gut gefallen hat mir in beiden Situationen auch der Ort, den man für das jeweilige Gespräch auswählte. Für beide waren es Räume, in denen sie sich wohl und geborgen fühlen, in denen die Männer dann so unerwartet eine schmerzhafte Nachricht erfahren mussten.

"You want a whore? Buy one. You want a queen? Earn her."

In Königsmund ist der Winter noch nicht eingekehrt, dort sieht es noch immer um einiges wärmer aus als im Norden. Dieser erste Eindruck verfliegt jedoch, als man Cersei und Euron zusammen sieht. Die Kälte in ihren Augen war nie greifbarer, gleichzeitig sieht man Cersei aber auch ein bisschen an, dass sie verloren wirkt. Nach kurzem Zögern gibt sie Eurons Forderung nach und lässt ihn in sein Bett. Es sind im Anschluss nicht dessen spottende Worte über Robert, die Cersei die Tränen in die Augen treiben, erst Eurons Hohn über Jaime und die Ankündigung, Cersei bald zu schwängern, lassen Verletzlichkeit in ihren Gesichtszügen aufblitzen. Warum hat sie sich auf eine Nacht mit Euron eingelassen? Um sich seine Gefolgschaft zu sichern? Um ihre Schwangerschaft vertuschen zu können? Ist sie vielleicht gar nicht von Jaime schwanger und will genau das vertuschen? Fragen über Fragen, alles in allem nutzt man diese Teilhandlung jedoch gut, um Euron noch unsympathischer zu schildern, als man ihn sowieso schon in Erinnerung hatte.

Randnotizen

  • Das Intro ist uns zwar in den Grundzügen erhalten geblieben, dennoch hat man es für die finale Staffel ein wenig abgewandelt. So sehen wir nicht nur die eingestürzte Mauer, sondern auch die Städte in Westeros auf neue Weise. Sonst zeigte man sie uns immer aus der Vogelperspektive, dieses Mal tauchen wir in die Gebäude hinein, sehen die Hallen, Winterfells Krypte und in Königsmund sowohl die Gemäuer mit den Knochen der Drachen als auch direkt darüber den eisernen Thron. Dieser Blickwinkel hat mir sehr gut gefallen.
  • Was genau war auf der Zeichnung zu sehen, die Arya Gendry gab?
  • Mit Harry Strickland von der Goldenen Kompanie bin ich nicht so recht warm geworden. Zwar haben wir ihn nur ganz kurz kennengelernt, dennoch strahlt er rein gar nichts nostalgisches aus und passt für mich nicht ins Bild dieser mittelalterlichen Serie.
  • Lange wartete Bran auf die Ankunft eines alten Freundes und ich muss sagen, dass ich seinen Worten erst nicht viel Beachtung geschenkt habe. Umso passender war es, dass man auch hier wieder an den Serienauftakt erinnerte. Damals stieß Jaime Bran aus dem Fenster und machte ihn zu einem Krüppel. Nun kehrt Jaime an den Ort des Geschehens zurück und die erste Person, die er dort erblickt, ist selbstverständlich Bran.
  • Der Handlung rund um Yara und Theon wurde leider nicht viel Raum gegeben. Sowohl Yaras Rettung als auch der schnelle Abschied der Geschwister wurden nur ganz kurz thematisiert.
  • Nun schickt Cersei Bronn also mit einer Armbrust los, damit er ihre Brüder tötet. Genau wie die Rache an Ellaria und Tyene für den Tod Myrcellas hat es etwas ironisches, dass Cersei Tyrion nun auf die gleiche Weise sterben sehen will, wie es Tywin tat. Das warme Gespräch zwischen ihr und Tyrion war also vollkommen gespielt? Warum hat sie ihn dann nicht gleich durch den Berg aus dem Weg räumen lassen? Zu Bronn: auch wenn er für Geld vieles tun würde, glaube ich nicht, dass er Jaime oder Tyrion etwas antun wird. Ja, er reist ganz sicher nach Norden – schließlich gibt es in Königsmund für ihn sonst nichts zu tun – aber ich denke nicht, dass er einem der beiden Männer, die auf verquere Weise seine Freunde sind, schaden würde.
  • Wir können erleichtert aufatmen, da Tormund und auch Beric und Edd den Fall der Mauer überlebt haben. Zwar entlockte das Aufeinandertreffen von Tormund und Edd kurz ein Schmunzeln, doch die anschließende Wiederauferstehung des jungen Lord Ned Umber war mir dann doch etwas zu dick aufgetragen. Mit dem Aufglimmen der blauen Augen hatte ich durchaus gerechnet, sein Schrei im Anschluss wirkte jedoch wie eine Szene aus einem schlechten Horrorfilm.
  • Zum ersten Mal wurde Daenerys mit den Konsequenzen einer Hinrichtung konfrontiert und muss erschrocken feststellen, dass Randyll und Dickon nicht einfach nur zwei unbedeutende Männer waren, die das Knie nicht vor ihr beugen wollten. Sams Worte an Jon, ob er ebenso entschieden hätte, sind sehr interessant und werfen die Frage auf, ob Jon ein gerechterer König wäre als Daenerys.[/item

Fazit

"Game of Thrones" ist zurück, doch auch wenn der Auftakt der finalen Staffel durchaus seine Höhenpunkte hatte, konnte die Folge nicht auf ganzer Linie überzeugen. So einige Geschichten wurden zu kurz angerissen und es ist ganz eindeutig, dass die Serie schon besser abgeliefert hat. Zum Glück bleiben noch fünf Folgen, in denen "Game of Thrones" sich beweisen kann.

Marie Florschütz - myFanbase

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