Bewertung

Review: #6.22 Abrechnung

Die vorangegangene Episode hat bereits alle Weichen für ein explosives Staffelfinale gelegt, da man einmal mehr Superintendent Brian Keltons Skrupellosigkeit und Weitsicht unterstrichen hat, so dass von Anfang an klar war, dass die Intelligence Unit es nicht leicht haben wird, ihren Fortbestand als Team zu sichern. So ein harter Kampf fordert immer auch Opfer, wen trifft es nun von der Unit?

Mir fällt es unheimlich schwer, meine Gedanken zu diesem Staffelfinale zu sortieren, da "Chicago P.D." für mich normalerweise keine Serie ist, die eine so große Bandbreite an Emotionen bei mir auslöst. In Tränen breche ich jedenfalls so gut wie nie aus, da die Cop-Serie diesen letzten Schritt der Emotionalität meist nicht geht. Aber nach dieser Folge kann wohl kein Auge trocken bleiben. Genau das macht es mir nun aber so schwer, eine Review zu verfassen, denn die Gefahr ist groß, dass ich meine Gefühle hierzu nicht auf den Punkt gebracht niederschreiben kann.

Der wichtigste Aspekt in dieser Episode ist natürlich ganz klar, dass Hank Voight, Antonio Dawson und Adam Ruzek eng zusammenhalten müssen, um die Untersuchungen gegen Letzteren abzuwenden. Dabei tun sich große Parallelen zur letzten Staffel auf, als es Alvin Olinsky war, der die Schuld für seinen Partner Hank auf sich genommen hat und damit ins Gefängnis musste, wo er schließlich ermordet wurde. Für die drei ist der Punkt noch nicht gänzlich erreicht, weswegen sie immer wieder zu Verzweiflungsmaßnahmen greifen müssen, die aber stets verpuffen. Das lässt die Spannungen untereinander ansteigen, da die Meinungen zu richtig und falsch unterschiedlich sind, aber auch weil die Schuldgefühle immer größer werden. Besonders großartig hat mir in dieser Episode die Betrachtung der Beziehung von Adam und Antonio gefallen, da sie innerhalb dieser Staffel auch einen guten Bogen schlägt. Die beiden waren stets die gegenüberliegenden Pole einer Skala. Antonio war stets der Sittenwächter, während Adam vor allem von Loyalität und Gerechtigkeit angetrieben wird. In dieser Episode wird das treffend mit dem Begriff des inneren Kompasses bezeichnet. Ihre Gegensätze haben immer wieder zu Konflikten untereinander geführt, die gerade zu Beginn der Staffel einen Riss durch die Unit gezogen haben.

Daher war es umso dramatischer, dass es ausgerechnet Adam war, der für den zugedröhnten Antonio die Schuld an Rizzos Tod übernimmt. Zwar haben die beiden auch kurz danach mal miteinander gesprochen, aber erst jetzt wird ihnen die Tragweite dieses Tages richtig bewusst. Sie geraten erneut in eine handfeste Auseinandersetzung, für die sie beide wie die Schuljungen von Hank zurechtgewiesen werden. Hinterher kommt es mit zu einer der stärksten Szenen dieses Staffelfinals. Die beiden treffen sich alleine und all das, was sie nie ausgesprochen haben, kommt auf den Tisch. Antonio resultiert treffsicher, dass sie nie mehr als Kollegen geworden sind und versteht deswegen nicht, warum Adam für ihn so vehement eintritt. Genau hier kommt der angesprochene innere Kompass zur Sprache. Adam erklärt fast schon verzweifelt, dass es gegen seine Natur gewesen wäre, ihn einfach den Hunden zum Fraß vorzuwerfen. Er hat die Entscheidung nicht bewusst getroffen, sondern ganz intuitiv in der Situation selbst, er ist eben ein Bauchmensch. Genau dieses Gespräch bestärkt Antonio dann darin, dass er auch ein inneres Wesen hat, gegen das er nicht angehen kann, wenn er sich selbst treu bleiben will. Er hat durch einen befreundeten Kollegen die Möglichkeit, gegen den ermittelnden Beamten der Internen Ermittlung vorzugehen, da dessen Tochter auf den Strich geht. Er sieht in dieser jungen Frau aber vermutlich vor allem seine Tochter Eva Dawson und bringt es nicht über sich, Adam und sich selbst auf deren Kosten zu retten. So tragisch es für die beiden Polizisten nun ist, sie sind, wie sie sind.

Mit den guten Szenen war es damit aber noch lange nicht vorbei, denn es kommt zu einem sehr intensiven Moment zwischen Adam und Hank, als Kelton offiziell als Bürgermeister bestätigt wird. Sie haben nichts in der Hand und beiden ist klar, dass sie nun am Ende sind und was das für den Fortgang der Unit bedeutet. Hank fleht fast schon wie ein verzweifelter Vater Adam an, dass er für die Unit nicht denselben Weg wie Alvin gehen kann. Aber im Endeffekt schließt sich ein Kreis. Adam war Alvins Schützling und wurde von ihm ausgebildet, daher fällt er fast logisch auch in die Rolle des Sündenbocks. Es war schon hart, als Trudy Platt erscheint und Adam vor den Augen seiner unwissenden Kollegen offenbaren muss, dass draußen zwei Beamte auf ihn warten, die ihn verhaften wollen. Das Entsetzen war greifbar, aber ebenso Adams verzweifeltes Bemühen, in dieser Situation noch seinen Stolz zu bewahren. Endgültig war es dann vorbei, als Trudy ihm mit belegter Stimme mit auf den Weg gibt, dass er sich bedeckt halten muss, um im Gefängnis zu überleben. Mein Herz hat für ihn, aber auch all die anderen geblutet.

Traurig wurde es auch durch Jay Halstead und Hailey Upton. Die beiden sind nun wahrlich nicht die einzige Partnerschaft, die sich bedingungslos aufeinander verlassen kann, aber an ihnen wurde exemplarisch aufgezeigt, was es bedeuten könnte, wenn die Unit auseinander bricht. Jay gibt offen zu, wie sehr er sich wünscht, dass sie zusammen zu einer anderen Einheit versetzt werden, während Hailey ihrem Naturell gemäß eher die Starke gibt, die als Neuling der Einheit am schnellsten woanders wieder Anschluss finden wird. Wir wissen alle nicht, was nun kommen wird, aber alleine die Aussicht des Auseinanderreißens ist wirklich unerträglich. Andererseits ist mir natürlich auch bewusst, dass ausgerechnet Jay und Hailey exemplarisch gezeigt wurden, da man bei ihnen sicher auch auf eine private Beziehung setzen wird. Das Liebesdreieck haben wir uns dadurch also gespart, aber dennoch finde ich es etwas schade, dass die Weichen nun so schnell nach der Trennung von Hailey und Adam gelegt werden, zumal die Argumentation ja dieselbe bleiben müsste. Zudem wird Jay als Leiter der Unit ins Spiel gebracht. Es ist schon verrückt, dass er inzwischen die logische erste Wahl ist. Antonio wäre alleine schon durch seine Medikamentenabhängigkeit nicht tragbar, die anderen haben den entsprechenden Rang nicht und Hailey ist eben die Neue, so dass es eben an Jay läge. Ich weiß nicht, ob die Autoren wirklich so weit gehen werden, aber es wäre sicher mal interessant, ihn in einer anderen Rolle zu erleben, sei es auch nur für wenige Episoden.

In den letzten Minuten dieser Episode überschlagen sich die Ereignisse dann regelrecht. Immer wieder sehen wir Bilder von Adam im Gefängnis und parallel lassen die Autoren eine Bombe nach der anderen platzen. Antonio greift wieder zu Medikamenten, Kelton wurde erschossen und Hank entfernt sich vom Tatort. Vermeintlich liegt alles auf der Hand, denn Hank ist so als Mörder natürlich die logische erste Wahl. Aber durch die schnelle Abfolge der Szenen halten sich die Autoren wirklich alle Möglichkeiten offen und die sind immens. Nach dieser Episode ist nichts klar, alles ist in der Schwebe und genau das wird den Auftakt der siebten Staffel zu einem wahren Erlebnis machen. Wer hat Kelton wirklich erschossen? Hat die Unit nun einfach weiterhin Bestand? Wer wird der nächste Superintendent und wer der nächste Bürgermeister? Muss jemand anderes die Unit übernehmen, wird es neue Kollegen geben und was ist mit Antonio? Bei dieser langen Liste an Fragen kann die Wartezeit ja nur unerträglich werden.

Fazit

"Chicago P.D." endet mit einem dicht erzählten Staffelfinale, in dem sich die Ereignisse überschlagen und in dem auch das breite Spektrum an Emotionen geboten wird. Die Staffel endet letztlich so offen, dass die Sehnsucht nach der nächsten Staffel nur groß sein kann und es wird spannend sein, welchen Weg die Serie bei all diesen Möglichkeiten einschlagen wird.

Lena Donth – myFanbase

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