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Review: #2.13 Der Tag wird kommen

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Und wieder gilt es zu Beginn meiner Review Glückwünsche auszusprechen. Die Screen Actors Guild (SAG) Awards standen am vergangenen Sonntag an und nach seinem Golden Globe-Gewinn konnte Sterling K. Brown nicht nur eine weitere Auszeichnung als bester männlicher Hauptdarsteller einer Drama-Serie entgegennehmen, sondern gleich noch einen zweiten Preis hinzufügen. Denn bei den SAGs gibt es auch einen Ensemble-Preis für die beste Seriendarsteller-Riege, der an "This Is Us" vergeben wurde. Was für eine tolle Auszeichnung, die sich dieser hochkarätige Cast, aus dem man nur ungern eine einzelne Person herauspicken möchte, wirklich mehr als verdient hat.

Und auch diese Folge war preisverdächtig. Das gilt nicht nur für den Cast, sondern vor allem auch für die Autoren, denen es wieder einmal gelungen ist, derart gekonnt mit den verschiedenen Zeit- und Erzählebenen zu spielen, dass die Episode erst mit zunehmender Dauer ihre volle Wirkung entfaltet, uns Zuschauer am Ende umso mehr mit voller Wucht eiskalt erwischt hat und für (nicht nur) einen hoch emotionalen Gänsehaut-Moment sorgte.

Dabei scheint die Folge zu Beginn inhaltlich zunächst etwas gemächlich und scheinbar ziellos vor sich hin zu plätschern. Da gibt es die zeitlich zunächst nicht einordenbaren Szenen mit dem alten Ehepaar, die Rückblicke in die Vergangenheit der Pearson Familie am Super Bowl-Tag und die scheinbar gar nicht dazu passenden Szenen in der Gegenwart mit Randall und Kevin bei ihrem Hausprojekt und Kates Tierheimbesuch. Doch je weiter die Episode voranschreitet, umso mehr wird klar, dass die Autoren falsche Fährten gelegt haben, auf die hoffentlich nicht nur ich voll hereingefallen bin. Ohne vorgreifen zu wollen, handelt es sich bei dem alten Ehepaar also nicht um diejenigen, die ihr Haus an Jack verkaufen, damit er es mit seiner geplanten Firma renovieren kann, sondern es ist das Haus ihrer Nachbarn. Und zu allem Übel ist es der Kocher des Ehepaares, der am Ende aufgrund eines Defektes den verheerenden Brand auslöst, der das Haus der Pearsons zerstört und, noch viel schlimmer, aufgrund früherer Andeutungen offenbar für Jacks Tod verantwortlich sein wird. Der Brand wiederum traf mich an dieser Stelle derart unerwartet, dass ich einfach nur geschockt vor dem Bildschirm saß und meine Emotionen mit mir durchgingen.

Während der Episode fragte ich mich wiederholt, warum man so viel Zeit damit verbrachte, Randall und Kevin mit den Bewohnern des Hauses zu zeigen, das Randall und Beth als neues berufliches Projekt auserkoren hatten. Beth durfte dabei einmal mehr ihre "I told you so"-Rolle gegenüber Randall einnehmen und wir konnten erneut erleben, wie Randall sich in eine Aufgabe mit Begeisterung und Leidenschaft verrennen kann. Alles ganz nett anzuschauen, aber zunächst auch irgendwie gefühlt sehr ziellos. À apropos nett anzuschauen: das dachten sich wohl auch insbesondere die Hausbewohnerinnen, die Kevin bei seinem Arbeitseinsatz zusahen. Auch hier stellte ich mir die Frage, worauf das eigentlich hinauslaufen soll. Und siehe da, mit zunehmender Dauer entfaltete sich eine typische "This Is Us"-Analogie der Ereignisse. Durch Rückblicke offenbarte sich, dass Beth und Randall auf den Spuren von Jack und Rebecca wandelten, die ebenso gemeinsam nicht nur privat, sondern auch beruflich ihre Zukunft gestalten wollten. Die Aufgaben von Mann und Frau sind hier wie einst gleichermaßen verteilt. Für das Handwerkliche sind Jack bzw. Randall zuständig, während Rebecca und Beth ihr Organisationstalent ausspielen sollen. Zeitgleich wandelt auch Kevin auf Jacks Spuren und überrascht mit handwerklichem Geschick. Wie schön, nicht nur diese Parallelen zu sehen, sondern auch, dass Jack in der Vergangenheit nach dem Zurückstecken zugunsten der Familie doch noch seinen Traum der eigenen Firma leben wollte und dies auch von Rebecca unterstützt und mitgelebt werden soll. Ein weiterer Beweis für ihre Bilderbuchehe, die auch Rückschläge verkraften konnte.

Insgesamt ist rückblickend einfach so viel passiert in dieser Folge, dass ich gar nicht mehr weiß, wo ich noch ansetzen soll. Dazu ein paar ungeordnete Gedanken:

  • Das gemeinsame Football-Schauen der Familie ist ein bekanntes und wiederkehrendes Thema, das die Familie bislang einte, an diesem Abend in der Vergangenheit aber auseinanderbringt. Was sich anfangs noch mit dem Gedanken "die Kinder werden erwachsen" vermeintlich erklären lässt, offenbart im weiteren Verlauf, dass dies ein viel prägenderer Moment war und sich an den Szenen bereits ablesen lässt, dass das Leben der Familie Pearson aus den Fugen geraten wird.
  • Kevin, der nach einem Streit wegen seiner ungewissen Zukunft und des Community Colleges den Abend lieber bei Sophie verbringt, entschuldigt sich zwar telefonsich bei seiner Mutter, mit seinem Vater will er tragischerweise jedoch erst am nächsten Tag sprechen, wozu es nun aller Wahrscheinlichkeit nach, nie gekommen ist. Was für eine schwere Bürde für Kevin, die er all die Jahre mit sich herumtragen musste. Umso tröstlicher ist es in der Gegenwart, dass er per Post Jacks Kette wieder in seinen Händen halten kann.
  • Kevins Aufeinandertreffen mit Sophie geht bei all dieser Tragik fast schon unter, obwohl es Stärke zeigt, aber trotzdem seltsam haften bleibt, da unsicher ist, ob es das nun vielleicht für immer gewesen ist mit den beiden. Ich hoffe nicht, da ich immer den Eindruck hatte, dass Sophie Kevin gut tut und eine ihn ausgleichende, beruhigende Person ist. Aus ihrer Sicht kann ich jedoch auch nachvollziehen, dass sie ihn in positiver Erinnerung an die frühen gemeinsamen Jahre halten will, die schmerzhaften Zeiten der jüngeren Vergangenheit jedoch nicht noch einmal wiederholen möchte.
  • Der junge Randall hat noch eine sehr schöne Szene mit seinem Vater. Sein Bericht über den ersten Kuss macht Jack stolz und ist ein vertrauter Vater-Sohn-Moment, den man ähnlich zuletzt vielleicht bei der gemeinsamen Kampfsport-Stunde im Kindesalter erlebt hat. Für Randall ist dies sicherlich eine wesentlich schönere letzte Erinnerung an Jack als es für Kevin der Fall ist.
  • Und dann ist da natürlich noch Kate und die Geschichte mit dem Hund. Die Erinnerung an ihren geliebten Vierbeiner in der Vergangenheit ist offenbar stark verbunden mit dem tragischen Brand, bei dem dieser womöglich (ebenfalls) ums Leben kam. Ein Gedanke, der Kates Vorbehalte verständlich macht. Dennoch kann sie diese negativen Erinnerungen letzten Endes doch überwinden. Das Gespräch mit dem Hund im Tierheim war einfach nur herzzerreißend und witzig zugleich. Insgesamt ist es einfach schön zu sehen, dass Kate einen weiteren Schritt auf Toby zumacht, ihn immer mehr in ihr (Seelen-)Leben blicken lässt und die Ängste der Vergangenheit aus Liebe zu ihm weiter angeht und bekämpft.

Unter den Klängen von The Cinematic Orchestras "To Build a Home“ mündet alles in den Aufnahmen des in der Küche der Pearsons funkenschlagenden Kochers. Und während die Küche nach und nach in Flammen aufgeht, spielen sich vor dem geistigen Auge die Dinge ab, die bislang unausgesprochen und ungezeigt im Raum standen. Wir wissen, dass das Haus der Pearsons abgebrannt ist und dies vermeintlich auch Jacks Tod einschließt. Und ganz plötzlich offenbart sich die mir fast im Halse steckende Erkenntnis, soeben eine Folge als Hommage an Jack, sein Leben, seinen Nachlass und dessen Einfluss auf seine Kinder gesehen zu haben. Rückblickend ergibt nun alles einen Sinn und selten war ich emotional so aufgelöst nach einer Serienfolge.

Fazit

Eine sich langsam entwickelnde Folge, die mit emotionaler Wucht zu einem unerwarteten Zeitpunkt das tragische Ereignis in der Vergangenheit der Pearsons enthüllt und uns Zuschauer mit einem mächtigen Kloß im Hals zurücklässt. Eine trotz ihrer Tragik großartige Folge, die einmal mehr aufzeigt, warum "This Is Us" der Leuchtturm unter den derzeitigen Network-Dramen ist.

Jan H. – myFanbase

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