Bewertung

Review: #7.08 Unsere Herzen schlagen noch

Foto: The Walking Dead - Copyright: Gene Page/AMC
The Walking Dead
© Gene Page/AMC

Es klingt makaber, aber trotz der beiden unerwarteten, aber durchaus verschmerzbaren Todesfälle in dieser Episode, endet der erste Teil der 7. Staffel mit einer relativ positiven Note. Und das meine ich jetzt nicht in erster Linie für die Charaktere sondern aus der Sicht der Zuschauer. Immerhin scheint es jetzt endlich einmal vorwärts zu gehen und der furchtbar melancholische Unterton der Serie scheint sich ein wenig zu wandeln.

"We'll win. But we need to wait for the right moment."

Es ist selten, dass man alle Charaktere der Serie in eine Episode integriert und doch gelingt es in dieser, sämtliche kleinere Gruppen gleichermaßen mit genügend Screentime zu bedenken, dass sich merkbar etwas bewegt. Es geht ein kleiner Ruck durch die gebeutelte Gemeinschaft, der in Zukunft zu ein klein wenig mehr Action führen könnte. Oder auch nicht. Aber es geht schon mal in die richtige Richtung.

Carol und Morgan beispielsweise. Ihre Geschichte könnte eigentlich auch zu Ende erzählt sein, hätten beide nicht Zuflucht in einer Gemeinschaft gefunden, die ebenso von den Saviors drangsaliert werden, wie es Alexandria und Hilltop werden. Und auch wenn sie beide der Gewalt abgeschworen haben, so wird auch dieses Mal wieder mehr als deutlich, dass sie sich dieser irgendwann nicht mehr entziehen können. Richard bettelt die beiden quasi an, Ezekiel klar zu machen, dass sie sich gegen ihre Unterdrücker erheben sollen, bevor diese den Deal aufkündigen und sie alle massakrieren. Carol schweigt dazu und tauscht nur ein paar wissende Blicke mit Morgan aus, wohl wissend, dass dies wieder nur zu mehr Gewalt führen wird. Beide haben zu dieser Zeit keine Ahnung, was sie sich mit ihrem Weggang aus Alexandria entzogen haben und haben noch keine Motivation, sich auf Richards Seite zu stellen. Sie wissen weder von Glenns noch Abrahms Tod, noch davon, welche Frondienste die anderen wirklich leisten müssen. Beide wollen sich raushalten aus dem drohenden Disput. Ob sie das können, das bleibt die Frage.

In den wenigen Szenen zwischen Carol, Morgan und Richard schwingt eine Menge Verzweiflung mit und diese Verzweiflung ist es auch, die Michonne antreibt, eine Lösung für ihre schier ausweglose Situation zu finden. Als sie jedoch erkennt, dass es keinen einfachen Ausweg gibt und sie für ihre Freiheit in den Krieg ziehen müssen, da leidet man mit ihr. Das Gespräch zwischen ihr und Rick am Ende der Episode ist für mich der Wendepunkt in dieser Staffel – ab hier wird Rick sich nicht länger von seinem schlechten Gewissen leiten lassen. Er wird kämpfen. Und es ist längst an der Zeit, dass er die unterwürfige Haltung Negan gegenüber abwirft und ein Stück von dem Mann zurückerobert, der er einst war.

Natürlich hat der Tod von Abraham und Glenn Spuren hinterlassen, nicht nur bei Rick. Doch die Zeit des Schocks und der Trauer dürfte endlich vorbei sein. Und das nicht nur bei Rick. Auch Maggie beispielsweise scheint willens zu sein, etwas zu unternehmen. Und mit den Leuten aus Hilltop und in etwas weiterer Zukunft auch dem Kingdom wachsen ihre Chancen, gegen Negan und seine Mannschaft eine Chance zu haben, auch wenn sie zahlenmäßig immernoch weit unterlegen sein dürften.

"It ain’t just about getting by here. It’s about getting it all."

Negan erscheint in den letzten beiden Episoden endlich einmal als der Antagonist, den man sich für die Serie gewünscht hatte. Bis zur letzten Folge agierte er meist als überheblicher Narzist, der zwar einen enormen Personenkult etablieren konnte, aber der eigentlich nur wenig bedrohlich war in seinem Tun. Große Worte, einzelne Taten, aber es wird nie so recht klar, wie er derart zu dem Mann werden konnte, vor dem alle ehrfürchtig auf die Knie fielen. So langsam wird auch klar, warum er bei seinen Leuten so gefürchtet ist – er ist unberechenbar. Brutal. Ein Psychopath. Klar, der Gouverneur war ähnlich gestrickt, nur hat man seine Brutalität in diesem Ausmaß nicht erlebt. Negan ist ein ganz anderes Kaliber. Er droht, aber er handelt auch. Er redet zwar gerne und lange, aber lässt er Gegner, wie beispielsweise auch Carl oder Daryl an sich heran, um mit ihrer Psyche zu spielen und sie zu brechen.

So langsam arrangiere ich mich mit Jeffrey Dean Morgan in der Rolle. Er überzeugt vor allem dann, wenn das Lächeln aus seinem Gesicht weicht und Negans kaltblütige, ruchlosige Persönlichkeit durchschimmert. Dann wirkt er bedrohlich und unberechenbar. Leider gab es die Momente in der ersten Staffelhälfte nur sehr selten, doch wenn man ihm die Gelegenheit gibt, dann – ja dann ist Negan ein Gegenspieler, der sich nich so einfach aus dem Rennen schubsen lassen wird. Er wird auch im Staffelfinale noch da sein und keinen Abgang a la Gouverneur nehmen, dem bin ich mir ziemlich sicher.

Randnotizen

  • Spencers Tod kommt in dieser Episode aus heiterem Himmel, aber aufgrund der getätigten Aussagen und seines Verhaltens, gerade auch in dieser Episode, ist er eigentlich der Charakter, auf den man am ehesten verzichten kann. Seine Hybris bringt ihn zu Fall – einerseits frage ich mich, ob er tatsächlich so blauäugig sein kann und Negan derartig unterschätzt. Zum anderen ist es auch sehr "in character". Spencer war bis zu seinem Tod ein Armleuchter, der vielleicht große Ambitionen hatte, aber dem es an Weitblick und Selbsteinschätzung fehlte. Ich werde ihn nicht vermissen.
  • Auch das zweite von Negans Opfern, Olivia dürfte kein allzu großes Loch in die Serie reißen, zu wenig hat man über sie im Laufe der vergangenen beiden Staffeln erfahren.
  • Daryl flieht aus dem Sanctuary. Gott sei Dank. Wurde auch langsam Zeit. Wer ihm zur Flucht verholfen hat, bleibt auch weiterhin ein Geheimnis. Auch die Frage, inwiefern ihn die Zeit im Sanctuary verändert hat. Ich bin gespannt, wie er sich in die Gruppe fügen wird und ob seine Gefangenschaft spuren hinterlassen hat.
  • Der kleine Roadtrip von Rick und Aaron war leidlich spannend. Interessant ist nur, dass sie anscheinend jemanden auf sich aufmerksam gemacht haben. Wen, das wird sich eventuell im zweiten Teil von Staffel 7 klären.

Fazit

Verglichen mit anderen Midseason-Finales war #7.08 Unsere Herzen schlagen noch sehr spannungsarm. Dennoch schafft man es eine Art Aufbruchstimmung zu generieren und neuen Schwung in die träge Grundkonstellation zu bringen. Zum ersten Mal gibt es Hoffnung – Hoffnung für "unsere Gruppe" auf eine Chance, sich aus Negans Griff zu befreien. Und Hoffnung für den Zuschauer auf interessantere Geschichten und spannendere Momente als Staffel 7 es bisher bot.

Melanie Wolff - myFanbase

Die Serie "The Walking Dead" ansehen:


Vorherige Review:
#7.06 Der Schwur
Alle ReviewsNächste Review:
#7.09 Der Stein in der Straße

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "The Walking Dead" über die Folge #7.08 Unsere Herzen schlagen noch diskutieren.