Bewertung

Review: #6.14 Keine Gleise

Foto: Josh McDermitt, The Walking Dead - Copyright: Gene Page/AMC
Josh McDermitt, The Walking Dead
© Gene Page/AMC

Ein wenig hat man das Gefühl, dass die Saviors im Moment nicht unbedingt ein ebenbürtiger Gegner für unsere Gruppe sind. Zum wiederholten Male gibt es eine Situation, in denen sie scheinbar die Oberhand gewinnen können und am Ende müssen sie den Rückzug antreten, ohne nennenswerte Erfolge.

"You want to live, you take chances."

Ganz so ist es ja nicht. Es muss tatsächlich jemand aus der Gruppe das Leben lassen und mit Denise trifft es sogar jemanden, den man über die letzten Episoden ins Herz geschlossen hat. Ihr Tod kommt jedoch nicht überraschend, bedient man sich seitens der Autoren mal wieder des Griffs, dass man einen sekundären Charakter ins Licht rückt und persönliche Dämonen bekämpfen lässt , nur um ihn am Ende eines unerwarteten, grausamen Todes sterben zu lassen.

Denise beschließt, dass es an der Zeit ist, sich der Welt außerhalb der sicheren Mauern Alexandrias zu stellen. Sie kann Daryl und Rosita überzeugen, sie auf eine kleine Mission zu begleiten, um Medikamente zu beschaffen, die sie vielleicht irgendwann einmal gebrauchen können. Und während Daryl und Rosita recht nüchtern durch die Welt gehen, so nutzt Denise die Gelegenheit, sich mit ihren Ängsten auseinander zu setzen und die Welt so zu nehmen, wie sie nun eben ist. Für sie ist es der Abschluss einer Wandlung, von einer überängstlichen, zurückhaltenden Frau ohne Selbstvertrauen hin zu jemanden, der die Realität als das erkennt, was sie ist – gefährlich, aber eben existent. Man kann die Gefahren nicht mehr leugnen, muss sie hinnehmen und sich ihnen stellen. Dabei geht Denise kleinere, vielleicht auch dumme Risiken ein, aber sie wächst an ihren Entscheidungen. Und dann passiert genau das, was immer passiert bei „The Walking Dead“ - in einem Moment, in der sie Stärke zeigt und in der sie eine motivierende Rede an Daryl und Rosita hält, durchbohrt sie ein Pfeil und streckt sie nieder.

Es ist eine starke Szene und vor allem für Daryl wird sie einiges verändern, denn es ist Dwight, der Denise tötet. Dwight, den er selbst einst hätte töten können, der nun mit Verstärkung zurückgekehrt ist und Denise mit einem Pfeil aus Daryls Armbrust niederstreckt. Erneut wird das Thema „töten müssen“ in den Fokus gerückt und wieder wird klar, dass die Entscheidungen, die die Protagonisten irgendwann einmal getroffen haben, irgendwann wieder zurückkehren, um ihnen in den Hintern zu beißen. Gut, Denise Tod ist tragisch für Alexandria, da man nun den einzigen medizinisch bewanderten Menschen verloren hat, doch im Endeffekt hat ihr Tod auf unsere Kerngruppe nur sehr wenig Auswirkungen. Jedenfalls weniger, als wenn beispielsweise Daryl oder Carol das Zeitliche segnen.

Was ein wenig stört, ist die Tatsache, dass die Saviors zwar weiterhin als Bedrohung dargestellt wird, jedoch keine, die der Gruppe ernsthaft schaden könnte. Dwight und seinen Männern gelingt es, Eugene als Geisel zu nehmen, töten Denise und am Ende müssen sie mit eingekniffenen Schwanz von Dannen ziehen, weil sie selbst einen Moment wie diesen nicht zu nutzen wissen. Zugegeben ist es schon witzig, dass es ausgerechnet Eugene ist, der die Gruppe aus der Situation befreien kann, indem er Dwight ganz unerwartet in sein Genital beißt und es zeigt auch, dass auch Eugene mittlerweile eine Wandlung durchgemacht hat, die Denises sehr ähnlich ist. Auch er entwickelt sich vom Hasenfuß zu einem Menschen, der auch einmal Risiken eingeht. Nur anders als Denise bleibt er dieses Mal verschont und darf weiterleben. Das lässt Denise‘ Tode retrospektiv fast schon willkürlich erscheinen, aber so ist die Welt von „The Walking Dead“ eben. Sie ist nicht gerecht und gute Menschen müssen ihr Leben lassen, während andere Menschen dem Tod gerade noch einmal von der Schippe springen.

Die Saviors jedenfalls müssen erneut herbe Verluste einfahren, auch wenn Dwight und einigen anderen am Ende die Flucht gelingt. Unsere Gruppe behält jedoch weiterhin scheinbar die Oberhand, was die Bedrohung der Saviors ein wenig mindert. Es ist vielleicht an der Zeit, dass Negan aus der Versenkung auftaucht, seine Männer und Frauen endlich um sich schart und einen koordinierten Angriff startet. Aber dieses Szenario wird wohl erst im Staffelfinale eintreten.

"I'm going like I should have. Don't come after me, please."

Während der kleine Roadtrip um Daryl & Co durchaus zu überzeugen weiß, drehen sich die Mühlen in Alexandria Tag für Tag weiter. Es kehrt allmählich eine oberflächliche Routine ein, in der jedes Mitglied der Gemeinschaft seinen Platz findet. Dennoch hinterlassen die Ereignisse der letzten Tage und Wochen ihre Schatten in der Stadt, allen voran bei Carol. Es wurde bereits in der letzten Episode angedeutet, dass sie das Töten satt hat und in dieser Folge gipfelt es darin, dass sie Alexandria ernsthaft den Rücken kehrt, weil sie einfach nicht mehr töten kann oder will.

Es ist durchaus eine interessante Entwicklung, die Carol da durch macht, aber irgendwie wirkt sie auch sehr überstürzt. Klar, durch ihre Zeit in Alexandria, in der sie sich als Hausmütterchen ausgeben musste, um keinen Verdacht zu erregen, da kam sie wieder in Kontakt mit ihrem früheren Leben, das sie zu einem gewissen Grad sehr genossen hatte (abgesehen von ihrem prügelnden Ehemann). Aber es ist interessant, dass sie eine so krasse Kehrtwende einlegt, wenn man mal bedenkt, dass sie vor nicht allzu langer Zeit noch der Meinung war, man müsste töten, wenn man am Leben bleiben will und gerade deswegen mit dem Pazifisten Morgan aneinander geraten ist. Nun verlässt sie Alexandria und ihre neue Familie, weil sie nicht mehr töten kann und will, auch nicht für Menschen, die sie liebt. Sie wählt die Einsamkeit und Isolation, um gar nicht eben erst in eine solche Situation zu kommen, in der sie wieder töten müsste.

Es ist durchaus ein interessanter Ansatz, der jedoch ein wenig überstürzt wirkt und wohl wieder auf eine „Konfrontation“ zwischen Carol und Morgan, der ja der einzige zu sein scheint, dem ihr Weggang aufgefallen ist (neben Tobin, der von Carol immerhin einen Brief erhält und ihr plötzliches Verschwinden erklärt). Ich denke nicht, dass wir Carol zum letzten Mal gesehen haben und natürlich ist es repetitiv, dass sie erneut die Gruppe verlassen muss, weil sie sich dem allgemeinen Konsens widersetzt, doch anders als das letzte Mal wird sie nicht vor die Tür gesetzt, sondern wählt ihren Weggang freiwillig. Hoffentlich nur findet Morgan sie rechtzeitig und kann sie zurück zur Gruppe bringen. Es wäre schade, wenn dies das letzte ist, was wir von diesem tollen Charakter gesehen haben.

Randnotizen

  • Morgan hat seine Zelle fertig gestellt und präsentiert sie Rick, damit er das nächste Mal eine Alternative hat, wenn es darauf ankommt. Ich frage mich, ob sie jemals einen Insassens sehen wird.
  • Rosita versucht sich über die Trennung von Abraham hinweg zu trösten, indem sie mit Spencer in die Kiste springt. Gefühle sind hier ganz klar nicht im Spiel, weswegen die Liaison auch ziemlich uninteressant ist. Wesentlich schöner ist da der Moment, als Rosita ihrem Ex das Leben rettet und sie sich beide wissend zunicken. Hier ist kein Kriegsbeil mehr, das begraben werden müsste, auch wenn ein tiefer Graben zwischen den beiden ist.
  • Abraham fasst sich endlich ein Herz und macht Sasha klar, dass er eine Beziehung mit ihr möchte. Wird aber auch Zeit.

Fazit

Eine solide Folge, die weiterhin mit guten Charaktermomenten aufwarten kann, einen durchaus liebenswertem Charakter ein Ende bereitet und der dennoch das gewisse Etwas fehlt, da sich die aufbauende Bedrohung durch die Saviors einfach noch ein wenig zahm darstellt. Dennoch werden interessante Weichen gestellt und die beiden verbleibenden Episoden dürften den Status Quo wohl noch auf den Kopf stellen.

Melanie Wolff - myFanbase

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