Bewertung

Review: #5.02 Gabriel

Foto: Danai Gurira, The Walking Dead - Copyright: Gene Page/AMC
Danai Gurira, The Walking Dead
© Gene Page/AMC

Zugegeben, mit dem Ende habe ich nicht gerechnet. Da sitzt die überlebende Terminus-Gruppe um Gareth gemütlich bei einem Lagerfeuer zusammen und mampft genüsslich Bob Stookeys Bein. "The Walking Dead" hat schon einige groteske Szenen eingebaut, doch der Anblick von dem Bein auf dem Grill ist schon heftig. Was mich dabei jedoch am meisten wundert (oder auch freut), ist die Tatsache, dass man nicht lange damit verbringt, ganz klar zu machen, dass die Leute aus Terminus auf Rache sinnen und nicht davor zurückschrecken, sie auch auszuführen. Anders etwa als beim Gouverneur, der lange Zeit keine echte Bedrohung gewesen ist und aus der Ferne agiert hat, kommt man in dieser Staffel schnell zur Sache. Das gibt der Serie einen neuen Impuls, der hoffentlich noch etwas weiter verfolgt wird.

"At the end of the day, no matter how much we hate all this ugly business...a man's got to eat."

Was bedeutet die Verstümmelung nun für Bob? In vielen kleineren Szenen wurde angedeutet, dass irgendetwas mit ihm nicht stimmt. Seit dem kleinen Ausflug in die Stadt, um Essen zu finden, verhielt er sich merkwürdig. Die Szene in der Kirche mit Sasha glich fast schon einem kleinen Abschied und die Tränen, die er vergossen hat, während im Inneren der Kirche die anderen einen kleinen Hoffnungsschimmer gefeiert haben, spricht dafür, dass mit ihm etwas passiert sein muss, das er von den anderen verschwiegen hat und das seinen sicheren Tod bedeuten wird. Vielleicht ist er bei dem Angriff des Beißers unter Wasser erwischt worden und ahnt nun, dass sein unmittelbarer Tod bevorsteht. Das würde natürlich die Tatsache, dass Gareth und seine Gefolgsleute "verseuchtes" Fleisch essen, zu einem interessanten Punkt machen. Was passiert, wenn man verseuchtes Fleisch ist? Natürlich wissen wir durch Jenner, dass alle Menschen das Virus oder was auch immer in sich schlummern haben und nach ihrem Tod reanimiert werden, doch was passiert, wenn man dieses isst? Kommt dies einem Biss gleich?

Gareth als Bösewicht gefällt mir sehr gut, denn er hat etwas sehr besonnenes. Anders als der Gouverneur scheint er sich unter Kontrolle zu haben und sehr genau zu planen, was er tut. Seine Ansprache an Bob zeigt, wie viel er schon von seiner Menschlichkeit verloren hat. Für ihn sind andere Menschen nichts weiter als Nahrungsquellen, die es zu jagen gilt. Mich würde interessieren, welchen Pakt er mit seinen Gefolgsleuten geschlossen hat, die sie davor bewahren, nicht selbst auf dem Grill zu landen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang natürlich auch, dass Tyreese, anders als vermutet, den Mann in der Hütte, der ihn und Judith bedroht hat, nicht getötet hat. Anscheinend ist er immer noch nicht in der Lage, einen Menschen zu töten, was nun natürlich für die Gruppe und besonders für ihn zu einer ernsten Gefahr werden könnte. Ich bin mir sicher, dass es hier noch eine Szene geben wird, in der sich Tyreese wünschen würde, er hätte es über sich bringen können, sich Alex zu entledigen.

"Save the world for that little one. Save it for yourselves. Save it for the people out there... who don't got nothing left to do except survive."

Die Schlussszene drückt der Episode natürlich ihren Stempel auf, so dass die Hoffnung, die vor allem Abraham mit seiner kleinen Ansprache in der Kirche gesät hat, fast schon im Keim erstickt wird. Dabei gab es doch endlich mal einen kleinen Lichtblick in dem trostlosen Dasein der Charaktere, wenngleich niemand wirklich bereit ist, Hoffnung überhaupt zuzulassen. Abraham muss Rick erst daran erinnern, dass man die Welt gerade für Kinder wie Judith zu erhalten versuchen sollte. Mich wundert nicht, dass Rick am Anfang etwas zögerlich ist, Abraham zu folgen. Sein Vertrauen in die Menschen ist nicht zuletzt dank dem Gouverneur und Gareth gänzlich erloschen, was auch in seinem kleinen Gespräch mit Carl klar wrid. Er warnt seinen Sohn, dass sie niemals sicher sein werden, egal wie gut die Situation aussieht. Hinter jeder Ecke und hinter jedem Baum lauert der sichere Tod, der sie alle ereilen wird, wenn sie sich verwundbar machen und Menschen Vertrauen schenken.

Nun ist Carl glücklicherweise noch nicht so weit wie sein Vater und sieht in Anderen nicht generell eine Bedrohung. Er ist durchaus noch bereit, anderen Menschen, die in Gefahr sind, zu helfen und eine Hand zu reichen, so auch bei dem Neuankömmling Gabriel Stokes. Dieser wirkt auf den ersten Blick natürlich ein wenig unbeholfen und man kann kaum glauben, dass er es tatsächlich geschafft hat, sich all die Zeit von sämtlichen Beißern fernzuhalten. Zudem wird ja mehrfach angedeutet, dass auch er ein Geheimnis zu haben scheint, dass er mit sich herumträgt. Mehrmals spricht er davon, dass er gesündigt hat und diese Sünden Gott gebeichtet hat. Zum anderen findet Carl bei seiner Erkundung der Kirche eine Inschrift, die jemand hinterlassen hat und die besagt "Dafür wirst du brennen". Was damit gemeint sein könnte, darüber lässt sich natürlich wild spekulieren, doch um Gabriel besser einschätzen zu können, ist sein Auftritt in dieser Episode einfach zu kurz.

In seinen Szenen wirkt er momentan wie ein verängstigter Junge, der sich in der neuen Welt nicht zurechtfindet und keine Ahnung hat, was er machen soll. Er wirkt unbeholfen und ein wenig naiv, wobei dies alles zu seiner Tarnung gehören könnte und tatsächlich mehr hinter seiner Fassade stecken könnte, als man vermuten würde. "The Walking Dead" hat es mittlerweile geschafft, dass man selbst daran zweifelt, dass neu auftauchende Charaktere irgendetwas Gutes in sich tragen könnten.

"Some of them know what you did at the prison. Daryl, Maggie. They accept it. You wouldn't be here if they didn't."

Eine düstere Aura trägt auch weiterhin Carol mit sich herum. Sie scheint sich in der Gruppe nicht wirklich wohl zu fühlen und sucht immer wieder Abstand. Natürlich dürfte es für sie nicht gerade einfach sein, sich in die Gruppe zu integrieren, nicht nachdem sie die beiden Menschen auf dem Gewissen hat und von Rick vor die Tür gesetzt wurde. Zwar scheint ihr niemand mehr die Morde anzulasten, doch sie selbst fühlt sich nicht mehr richtig zur Gruppe zugehörig, vielleicht ja auch deshalb, weil sie erkannt hat, dass sie auch sehr gut alleine zurecht kommen kann.

Doch so sehr Carol sich auch von der Gruppe zu isolieren versucht, Daryl lässt sie nicht aus den Augen und folgt ihr, egal wohin sie geht. Es scheint, als spüre er, dass es in ihr arbeitet und sie mit der Situation nicht recht warm wird, doch er ist nicht bereit, sie noch einmal gehen zu lassen. Die Szenen zwischen Daryl und Carol gehören für mich weiterhin zu den besten Szenen der aktuellen Staffel, da die Chemie zwischen den beiden Freunden einfach stimmt und man sieht, wie viel Daryl die Freundschaft zu Carol bedeutet.

Das Ende verspricht natürlich Spannung, denn gerade als die beiden in der Dunkelheit an einem vorher zur Sicherheit startklar gemachten alten Wagen stehen, braust das Auto vorbei, in das Beth gezogen wurde. Ohne auch nur einen Moment zu zögern, springt Daryl in den Wagen und rast, gemeinsam mit Carol, dem Entführer hinterher. Ich bin gespannt, wohin es Beth verschlagen hat.

Randnotizen

  • Durch die gesamte Episode hindurch gibt es sehr schöne Momente zwischen den Charakteren. So spricht sich beispielsweise Tara mit Maggie aus und gesteht ihr, dass sie dem Gouverneur gefolgt war und so mitverantwortlich ist für den Tod ihres Vaters Hershel. Die Umarmung, die Maggie ihr daraufhin schenkt, weil sie merkt, dass Tara dies enorm auf der Seele lastet, ist wirklich schön anzusehen.
  • Auch die Szene, in der Rick Michonne fragt, ob sie ihr Katana vermisst, ist wirklich toll und zeigt, wie sehr sich Michonne durch die Gruppe verändert hat. Sie ist keine Einzelgängerin mehr, sondern fühlt sich wohl inmitten der Menschen, die sie aufgenommen haben. Dass sie gesteht, dass sie Andrea und Hershel vermisst, nicht jedoch ihre Waffe, zaubert einem als Zuschauer dann schon ein leichtes Lächeln ins Gesicht. (Wobei es wirklich witzig war, als Michonne instinktiv nach ihrem Schwert gegriffen hat und dann Schmunzeln musste, als sie gemerkt hat, dass sie ja gar keines mehr mit sich trägt.)
  • Keine Spur von Morgan in dieser Episode. Immer wieder wurde angedeutet, dass jemand die Gruppe in der Kirche zu beobachten scheint und vielleicht steckt dieses Mal Morgan dahinter. Dies ist jedoch reine Spekulation, wäre jedoch mal ein anderer Ansatz als bisher. Bislang versteckten sich nur mögliche Feinde im Gebüsch, dieses Mal könnte es ja ein potentieller Verbündeter sein, der der Gruppe momentan noch nicht so recht traut.

Fazit

Die Episode schlägt einen wesentlich ruhigeren Ton an als der actiongeladene Staffelauftakt und hat vor allem in der Mitte mit der Geschichte rund um Gabriel ein paar Längen. Man schafft es aber, gerade mit dem unerwarteten und in meinen Augen schockierendem Ende wieder einmal, die Zuschauer gebannt vor den Fernseher zu fesseln.

Melanie Wolff - myFanbase

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