Die enttäuschendsten Charaktere 2008/09
Platz 6: Christina Scofield (Prison Break, Staffel 4)

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Christina Scofield, die Mutter von Michael, ist vier Staffeln lang tot - nicht nur in den Köpfen von Michael, Linc und Co., sondern auch in denen der Zuschauer. Doch dann entscheiden sich die Macher von "Prison Break" dazu, sie als große Widersacherin der beiden auf ihrer Suche nach Scylla einzuführen. Christina, nach ihr hat Michael sogar in Gedenken sein Boot "Christina Rose" genannt, ist also quicklebendig und hat früher sogar (natürlich) für die Company gearbeitet. Doch von dieser in ihrer momentanen Form hat sich Christina mittlerweile abgewandt und versucht nicht nur, sie gegen Michael und Anhang auszuspielen, sondern offenbart ihre viel höheren Ambitionen, auch noch nebenher einen multinationalen Krieg anzuzetteln.

Die Glaubwürdigkeit vs. "Prison Break"

Nun ist ja hinlänglich bekannt, dass "Prison Break" der definitiv falsche Platz ist, um eine realistische und schlüssige Darstellung von Ereignissen und Charakteren zu suchen. Dennoch haben es vor allem die vermeintlichen Bösewichte in der Vergangenheit sogar geschafft, ein wenig Profil zu erhalten, indem man ihre jeweiligen Motivationen näher beleuchtete, siehe Alex Mahone oder Paul Kellerman. Insbesondere an Ersterem wurde, getragen von einem gut aufgelegten William Fichtner, teilweise richtig schön die Ambivalenz gezeigt, auf der einen Seite aufgrund äußerer Umstände dazu gezwungen zu sein, das Eine zu tun, auf der anderen Seite aber aus moralischer Sicht viel lieber das Andere verfolgen zu wollen.

Bei Christina allerdings wurde es nicht nur versäumt, ihr in der kurzen Zeit seit ihrem ersten (sehr kurzen) Auftritt in "Prison Break" (#4.16 The Sunshine State) bis zu ihrem gewaltsamen Ableben in #4.22 Killing Your Number ein interessantes Profil zu verpassen, das ihre Motivation, derart desinteressiert gegenüber Michael und ihrem dann-doch-nicht-Sohn Linc zu handeln, glaubhaft zeigt, sondern auch bereits von Anfang an unter keinem guten Stern stand, weil man sich dafür entschied, sie vollkommen lieblos in die Serie zu schmeißen. Wenn sie nur irgendein Antagonist von Michael gewesen wäre, hätte man sich lediglich an der gewöhnlich lieblosen Charakterdarstellung stören können. So aber wurde auch noch versucht, eine persönliche Komponente einzubauen, um das Ganze auf ein anderes, interessanteres Niveau zu heben.

Gelungen ist das freilich nicht. Die bereits vollkommen unterkühlte Beziehung zu Michael und Lincoln machte nie auch nur ansatzweise den Eindruck, dass dort eine ehemals (vermeintlich) glückliche Familie eine kleine Wiedervereinigung hat. Natürlich gibt es eine grundsätzliche Möglichkeit dazu, dass eine Mutter sich nicht nur für ihr(e) Kind(er) nicht interessiert und sie vielleicht sogar töten möchte. Diese wurde aber von Anfang an dadurch zunichte gemacht, dass völlig ungenügend auf die Vergangenheit Christinas eingegangen wurde und auf das Schlüsselereignis, das sie zu der kaltblütigen Verbrecherin machte, die sie immerhin sieben Episoden lang darstellte. Ein lebloser Satz nach dem anderen, der aus ihrem Mund kam, und kein einziger machte den Eindruck wett, dass man hier ein Abziehbild eines Bösewichts vor sich hat. Als Mann hätte sie sicherlich einen Schnurrbart getragen, an dem sie verschwörerisch gezwirbelt hätte…

Kathleen Quinlan, die Darstellerin der Christina, war 1995 übrigens für "Apollo 13" verdientermaßen für einen Oscar nominiert. Es ist also beileibe nicht so als hätte man ihr wie so manch anderem Schauspieler von "Prison Break" nicht mehr zutrauen können. Die Macher der Serie pfiffen nur ganz gehörig auf Kontinuität (sie hatte laut der ersten Staffel im Übrigen eigentlich Leberkrebs und keinen Gehirntumor, von dem sie dann schon fast magischerweise genas) und wollten aus einem für sich genommen schon schwachen Charakter allein aufgrund der persönlichen Verwicklung mit den Hauptfiguren mehr Profil geben, was natürlich nur schief gehen konnte.

Andreas K. - myFanbase

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