Die Borgias - Review des Piloten

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Historische Serienproduktionen liegen derzeit wohl im Trend. Nachdem der Sender Showtime mit "Die Tudors" einen großen Überraschungserfolg landete, hat man die Geschichte der Papstfamilie Borgia als Anlass genommen, eine weitere Serie nach wahren Begebenheiten auszugraben. Und tatsächlich entpuppt sich “Die Borgias“ als Glückgriff, hat sogar mehr Zuschauerzahlen eingebracht als sein Vorgänger, und wurde bereits um eine zweite Staffel verlängert. Die Serie muss dementsprechend nicht nur dem Druck der hohen Erwartungen standhalten, sondern auch mit ZDFs "Borgia" standhalten, der nur wenige Wochen vor dem Startbeginn von “Die Borgias“ ausgestrahlt wurde und prächtige Quoten mit sich brachte.

ProSieben ist nicht gerade bekannt für seine originellen Teaser, aber in diesem Fall hat man mit "Sex. Macht. Mord. Amen" genau ins Schwarze getroffen. Schon am Anfang wird die Skrupellosigkeit des Papstes und das Pfuschen in der Kirche zur Schau gestellt. Dass die weltliche und kirchliche Macht zu dieser Zeit unmittelbar zusammenhängt und die Päpste auf die Enthaltsamkeit pfeifen, ist sehr gut aufgezeigt und auch Hauptthema im Piloten. Sie üben uneingeschränkte Macht aus, benehmen sich wie Götter und sind dabei weder eingenommen noch gewissenhaft. Man ist mitten drin im Geschehen der Geistlichen und die Krönung mit den prächtigen Utensilien ist schön zu beobachten. Dabei tut die fantastische Kulisse ihr übriges, so dass es ein Genuss ist, sich in die Zeit von 1492 hineinzuversetzen. Mann muss kein Experte in Geschichte sein oder der Religion einen hohen Stellenwert zuschreiben, um Interesse an der Thematik aufzubringen.

Der Bezug zu den Charakteren ist dagegen noch nicht aufgebaut, was für einen Piloten auch zu viel verlangt wäre (aber kein Fall der Unmöglichkeit ist). Im Vordergrund steht das Kennenlernen der Familienmitglieder der Borgias. Allen voran der neue Papst, der in Jeremy Irons einen goldrichtigen Darsteller gefunden hat. Zwar wird er durch seine unverhehlten Intrigen nicht zum Lieblingscharakter aufsteigen, aber seine Figur kommt reizvoll und facettenreich rüber. Seine Handlungsstränge bieten sicherlich viel Spannung in Rom, besonders da er für viele ein Dorn im Auge ist und so wird der nächste Zwischenfall unter den Heiligen nicht lange auf sich warten lassen. Hoffentlich vergisst man dabei nicht den nötigen Schwung, der in der ersten Folge noch ein wenig zu kurz kommt.

Neben Rodrigo Borgia gibt es bisher keinen einzelnen Charakter, den man anfangs gleich hervorheben müsste. Da wäre zum einen die naive und kindliche Lucrezia, die zwar nette Szenen hatte, aber ihren Platz in der Serie noch finden muss. Auch wenn sie bisher nicht hervorsticht, kann man aus ihr sicher einiges herausholen. Unterhaltsamer wird es schon bei ihrem Bruder Cesare, der lieber ein Schwert in die Hand nehmen würde, statt seinen Vater zu beraten und für ihn die Arbeit zu erledigen. Gewissenskonflikte sind vorprogrammiert, vor allem was die Methoden seines Vaters angehen. Hier merkt man schon, dass Cesare einer der führenden Charaktere sein wird und seine Storyline sehr ausbaufähig ist. Anders als bei Juan Borgia, der den typischen Draufgänger ohne Profil darstellt, mit dem man sich, falls keine weiteren Überraschungen geplant sind, wohl anfreunden muss.

Der Pilot ist für den Anfang recht gut gelungen, aber weist hier und da noch einige Schwächen auf. So wirken manche Konversationen etwas langatmig und politisch, was sich ändern würde, wenn man sich mehr mit den Charakteren identifizieren könnte. Die Krönung des Papstes und wie er überhaupt an diese Ehre kommt, stellte den Höhepunkt des Piloten dar, wobei die Familie Borgia nett vorgestellt wird, aber bis auf den Familienoberhaupt Rodrigo Borgia noch nicht vollständig überzeugt hat. Viele großartige Serien brauchen ein wenig Zeit, bis sie warm werden, was auch bei “Die Borgias“ der Fall ist. Es gibt einige gute Momente und gegen Ende hin kann deutlich mehr Spannung aufgebaut werden. Es wird sich noch einiges tun und die letzten Worte von Rodrigo Borgia lassen schließen, dass die Familie Borgia noch längst nicht auf ihrem Höhepunkt angelangt ist, was die Macht angeht, aber auch die Serie.

Fazit

Die erste Staffel von “Die Borgias“ startet mit einem soliden Piloten, der aber noch nicht zu Hundert Prozent überzeugt. So kann man sich mit den Charakteren nicht ganz anfreunden, wobei bisher nur Jeremy Irons ein Zeichen setzten konnte. Doch die Geschichte um die legendäre Papstfamilie klingt inhaltlich sehr vielversprechend und es steckt noch mehr Potential, welches in den nächsten Folgen zuversichtlich auch ausgeschöpft wird.

Tanya Sarikaya - myFanbase

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