Bewertung

Review: #8.03 Der Zwischenraum

Foto: Bethany Joy Gaelotti, One Tree Hill - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Bethany Joy Gaelotti, One Tree Hill
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Drei identische Folgenanfänge sind für mich eindeutig der Beweis, dass Haley tatsächlich Lukes Erbe übernommen hat, jede Episode mit ihren Gedanken zu eröffnen. Ich werde mich wirklich bemühen, deshalb nicht in jeder Review in Begeisterungsstürme auszubrechen – aber ein klitzekleines Mal muss es noch sein! Weil es einfach schön ist, zu sehen, wie viele Möglichkeiten dieses Anfangsritual in Hinblick auf die Folge bietet. Während letztes Mal noch ein Ausblick auf die kommenden Ereignisse geboten wurde, gibt Haleys Brief an Luke in dieser Folge einen Rückblick, um die Lücke zwischen den beiden Episoden zu schließen: Quinn ist seit einer Woche wach und auf dem Weg der Besserung, nachdem die komplette James-Familie zumindest erzählterweise anwesend war. Und Clays Zustand ist noch immer unverändert…

Now you know why they call it the waiting room.

Das gemeinsame Koma plus Zwischenwelt von Clay und Quinn war teilweise wirklich schön, aber teilweise auch wirklich kitschig und ich habe inständig gehofft, dass man von dieser Kitschschiene wieder etwas Abstand nimmt und sich auf die Stärken einer solchen Geisterstoryline besinnt: Reflexion, bzw. Selbstreflexion. In dieser Hinsicht wurden die Möglichkeiten auch in dieser Folge nicht voll ausgeschöpft, aber immerhin wurde durch die Einführung von Will eine unabhängige(!) Figur ins Spiel gebracht, die unablässig Clays Handlungen kommentiert und ihn dadurch unwillkürlich dazu bringt, sich mit seiner Situation, mit Leben und Tod, Zukunft und Vergangenheit auseinander zu setzen.

Außerdem fand ich es sehr erfrischend, dass durch Will eine unheimlich lockere Atmosphäre mit viel Humor in die Storyline kam, die einen schönen Kontrast zu dem Drama rundherum dargestellt hat. Dass auch bei diesen beiden ernstere Töne angeschlagen wurden, blieb wie gesagt durch die kommentierende Funktion von Will nicht aus: seine wütende Ansage gegenüber Clay, dass er wegen Nathans Entscheidung, ihm eine Niere zu spenden und dafür Basketball aufzugeben, nicht eingeschnappt reagieren, sondern sich dafür bedanken sollte, dass Nathan alles dafür tun würde, um ihm zu helfen. Seine Bemerkung, dass es schön sein muss zu wissen, dass man so geliebt wird, als Quinn nicht von Clays Krankenbett weicht. Und sein Abschied, bei dem er Clay noch einmal bestätigt, dass nichts an der ganzen Sache seine Schuld ist.

Diese eingestreuten Momente waren selbstverständlich die entscheidenden, um der Storyline die nötige Tiefe zu verleihen, aber sie hätten nicht gewirkt, wenn Will sich die ganze Zeit als Moralapostel aufgeführt hätte. Er musste liebenswert, witzig und nett sein, um in nur einer Folge die Sympathien der Zuschauer zu gewinnen und vor allem, damit die Stimmungswechsel von lustig zu ernst und wieder zurück ihre volle Wirkung entwickeln konnten. Und auch wenn es schade ist, dass wir ihn tatsächlich nur in einer Folge sehen, so war es absolut passend und eine gute Lösung, dass Clays Leben letztlich durch Will gerettet wird.

Everyone is putting on a really brave face, but I think they are all really scared.

Ganz ehrlich: es war von vornherein klar, dass Clay nicht stirbt. Wir sind bei "One Tree Hill" und nicht bei "Vampire Diaries", hier werden Hauptcharaktere nicht mal eben so aus Lust und Laune getötet. Der einzige Hauptcharakter, der bis jetzt gestorben ist, war Keith und dessen Tod wurde durch die Rivalität zwischen ihm und Dan so lange vorbereitet und durch Dans darauf folgenden Gesinnungswandel so sehr metaphorisch aufgeladen, dass er mehr als gerechtfertigt war. Clays Tod allerdings wäre allein schon aus produktionstechnischen Gründen extrem sinnlos gewesen: wieso sollte man einen der Protagonisten, der sich noch dazu gerade erst etabliert hat, bereits nach drei Folgen aus der Show schreiben? Wie gesagt, macht keinen Sinn. Und trotzdem! Trotzdem bangt und hofft und leidet man 40 Minuten mit Quinn, Nathan und Haley mit – bei so viel Vorhersehbarkeit noch so viel Emotionen zu erzeugen, das schafft nur Mark Schwahn.

Es geht nicht darum, ob Clay stirbt. Es geht darum, wie allein die Möglichkeit alle Personen in seinem Umfeld beeinflusst. Wie Quinn versucht, stark zu sein, die Hoffnung nicht aufzugeben, an ihre Liebe zu glauben – und schließlich doch zusammenbricht, als sich die Situation zuspitzt. Shantel VanSanten hat mir in dieser Folge unglaublich gut gefallen, jede Emotion saß einfach perfekt und sowohl ihre Gespräche mit Haley als auch ihre Worte an Clay waren wunderschön und ergreifend. Es ist sicher nicht so, dass ich Clay und Quinn von nun an Drama nonstop wünsche, aber ich muss sagen, dass Shantel VanSanten in der siebten Staffel nur in ganz wenigen Momenten so stark und präsent war, wie in dieser Folge.

Das kann man von Nathan und Haley nach der turbulenten letzten Staffel sicher nicht behaupten, und doch haben auch diese beiden immens dazu beigetragen, dass diese Folge so überzeugend und berührend war. Alleine oder gemeinsam, in ihrer Sorge um Clay oder Quinn oder um beide, ihre Verzweiflung, ihre Hilflosigkeit und natürlich ihre unbedingte gegenseitige Unterstützung – jede einzelne Szene verstärkte den Eindruck, dass die achte Staffel genauso tolles Material für Naley bietet, wie auch schon die siebte.

Ich bin zwar normalerweise immer ein Verfechter schön in die Länge gezogener Storylines, aber in diesem Fall finde ich es gut, dass es nicht noch einen künstlich dramatischen Cliffhanger um Clay gab. Erstens, weil es eben wie gesagt sowieso klar war, dass er überlebt und zweitens, weil Clays Überleben noch lange nicht das Ende der Storyline ist – schließlich rennt Katie so viel wir wissen noch immer irgendwo frei herum. Und ohne irgendwelche Psycho-Storys heraufbeschwören zu wollen, glaube ich doch, dass das Attentat auf Clay und Quinn nicht nur diese beiden noch eine Weile beschäftigen wird.

I’ve always had your best interest at heart and I still do.

Wie schon in der letzten Folge wurde der Plot um Brooke, Victoria und "Clothes over Bro's" nicht einfach angesichts des ganzen Dramas um Clay fallen gelassen, ganz im Gegenteil. Die Lage spitzt sich stattdessen dramatisch zu – und entspannt sich gleichzeitig scheinbar. Jemand muss die Konsequenzen für Victorias und Millies Betrug tragen und dafür strafrechtlich haften, um die Firma nicht komplett in den Ruin zu treiben, aber es ist nicht Brooke. Victoria steht für ihre Fehler ein und opfert sich, um nicht nur ihre Tochter vor dem Gefängnis zu bewahren, sondern ihr auch zumindest die Möglichkeit zu geben, dass sie ihre Firma behalten kann.

Eine Entwicklung, die mir sehr gut gefallen hat, weil ich ja schon in der letzten Review befürchtete habe, dass Brooke ihrer Mutter diesen Verrat nicht so einfach verzeihen kann – was sich in dieser Folge schließlich dadurch bestätigt hat, als Brooke zu Julian sagt, dass sie nicht weiß, ob sie ihrer Mutter nach dieser Geschichte irgendwann wieder vertrauen kann. Doch durch ihren Entschluss, die Verantwortung für ihren Fehler in jeder Hinsicht auf sich zu nehmen, hat Victoria bewiesen, dass sie tatsächlich nur das Beste für ihre Tochter will. Und das muss schließlich auch Brooke einsehen, nachdem Millie sie (wie in guter alter Zeit) in die richtige Richtung schubst und ihr von Victorias Plan erzählt. Die Abschiedsszenen waren deshalb auch wirklich sehr berührend – natürlich nicht so emotionsgeladen wie der Rest der Coda, aber das würde auch nicht wirklich zu der liebevoll verschrobenen Beziehung von Brooke und Victoria passen. Vielmehr ist es so, dass sich die Szenen, sowohl in der Boutique als auch vor dem Gefängnis, sehr schön in die Stimmung der Folge eingegliedert haben, ohne sich zu sehr in den Mittelpunkt zu drängen.

Trotzdem bin ich mir sicher, dass die Gefahr um das Fortbestehen von "Clothes over Bro's" noch nicht ganz ausgestanden ist. Wie Brooke in #8.01 Asleep At Heaven's Gate selbst sagt: auch wenn jemand für den Betrug gerade steht, bleibt die Glaubwürdigkeit ihres Unternehmens noch immer angeschlagen und ich gehe davon aus, dass Brooke jetzt genau vor diesem Problem stehen wird – es wäre auch wirklich zu schade, wenn diese Storyline nur angerissen worden wäre, um Victoria irgendwie aus der Serie zu schreiben, denn dafür hätte man sie einfach nach New York verschwinden lassen können. Aber die Tatsache, dass Victoria in North Carolina ins Gefängnis kommt, lässt dann doch die Hoffnung in mir keimen, dass wir unsere Lieblings-Cougar-Zicke nicht zum letzten Mal gesehen haben.

Most great movies, whether sports films or otherwise, remind us of why we’re here. Of how precious and precarious our lives are.

Millie und Mouth fand ich in dieser Folge nicht störend, auch wenn es vielleicht nicht nötig gewesen wäre, ihren One Night Stand und den Morgen danach ausgerechnet in dieser Folge zu behandeln. Trotzdem fand ich die Szenen in ihrer fast schon unerträglich peinlichen Verlegenheit ziemlich amüsant und sie waren eine nette, wenn auch wie gesagt nicht wirklich nötige Einleitung für Mouths Podcast und damit für eine unglaubliche Bereicherung dieser Folge. Ich weiß nicht, ob es der Germanist in mir ist, der begeistert ist von dem erzählerischen Kniff, mit filmischen Vergleichen ein Motto und gleichzeitig eine Verbindung für die einzelnen Szenen zu schaffen, oder das Kind in mir, dass es schon immer geliebt hat, wenn Geschichten tatsächlich erzählt werden. Vielleicht ist es auch nur die Begeisterung für Filme oder auch Serien und deren Fähigkeit, Menschen trotz all ihrer Fiktionalität zu berühren, die ich mit Mouth teile.

Vermutlich ist es eine Mischung aus allem, aber allein die kurze Überlegung, wieso mir Mouths Podcasts so gefallen haben, zeigt deutlich, dass mich diese Erzählhaltung auf zu vielen Ebenen anspricht, um belanglos zu sein. Zugegeben, sie bringt uns in der Gesamthandlung der Staffel nicht voran, aber sie schafft es, die Atmosphäre dieser Folge zu intensivieren – und wenn ich die Wahl zwischen rasant voranschreitender und schön erzählter Handlung habe, werde ich mich immer für letzteres entscheiden.

Fazit

Wenn "One Tree Hill" eine triumphierende Stärke hat, dann die Fähigkeit, die Zuschauer auf emotionale Achterbahnfahrt zu schicken, und dementsprechend war es eine Heulfolge der Extraklasse! Berührende Szenen ohne Ende und das Ganze so wunderschön konzipiert, dass alle Storylines perfekt ineinander gegriffen haben – die Episode hat mich von Anfang bis Ende begeistert, was kann es da anderes als die volle Punktzahl geben?

Lena Stadelmann - myFanbase

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