Bewertung

Review: #5.04 Im Zwiespalt

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Connie Britton & Cameron Scoggins, Nashville
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Lionel Cartwrights "Leap Of Faith" ist in dieser Woche der titelgebende Country-Song und erneut haben die Autoren mit ihrer Wahl ein glückliches Händchen bewiesen, bringt dieser doch mindestens zwei Handlungsstränge in Sachen "Vertrauensvorschuss" bestens auf den Punkt. Das ist durchaus beeindruckend, wie es inzwischen Woche für Woche gelingt, passende Liedtexte zu den Folgeninhalten zu finden.

"If you'll trust in me like I trust in you, there's no rain or fire that we can't go through. The first step's always the hardest one to take. It's a leap of faith."

Völlig unabhängig von den Inhalten der einzelnen Geschichten von Will und Avery, auf die ich gleich noch näher eingehen werde, gefiel es mir ausgesprochen gut, wie die Handlungsfäden der beiden miteinander verbunden wurden, am Ende jedoch einen völlig entgegengesetzten Ausgang fanden. Es sind manchmal doch einfach die kleinen Details, die eine Serie erst in sich rund machen und in diesem Fall ist es das Herausstellen der Freundschaft der beiden, die zwar immer mal wieder in kleinen Szenen in Gunnars Haus erlebbar waren, aber eben doch eher selten in einem tiefgründigen Gespräch zutage traten. Der gemeinsame Bar-Abend mit dem Gespräch am Flipper-Automaten war in diesem Fall das zentrale Element der Episode, das nicht nur mit guten Ratschlägen an Will von Avery aufwartete, sondern diesen auch selbst dazu veranlasste, seine Beziehung mit Juliette zu hinterfragen. Vertrauen ist dabei das die jeweilige Handlung verbindende Element, mit dem beide jedoch ganz unterschiedlich umgehen.

Bereits in "#5.02 Back in Baby’s Arms" begann sich abzuzeichnen, dass die Reunion von Will und Kevin nur auf sehr wackligen Füßen steht. Will ist nach seinem immer noch recht frischen Coming-Out auf dem Selbstfindungs-Trip und lernt dabei die Verlockungen seines wahren Lebens erstmals richtig kennen. Ich hatte es in meiner Review zuletzt schon gesagt, dass ich Wills Sichtweise durchaus nachvollziehen kann, mir in Bezug auf seine Beziehung mit Kevin jedoch eine andere Entwicklung gewünscht hätte. Doch der eingeschlagene Weg war nicht mehr aufzuhalten und wenn ich ehrlich bin, bin ich sogar froh, dass die Trennung der beiden nun doch überraschend schnell abgehandelt wurde. Das ist mir in dieser Art und Weise dann doch lieber, als nun wochenlang ein Katz und Maus Spiel der beiden zu verfolgen, das letztlich womöglich klischeehaft damit endet, dass Kevin Will in flagranti mit einem anderen Mann erwischt. Das bleibt uns nun immerhin erspart. Um Kevin tut es mir dennoch sehr Leid, ist er doch nun bereits zum zweiten Mal der Gelackmeierte in dieser Beziehung. Diesen Fehler muss er nun hoffentlich nicht ein drittes Mal begehen. Will hat in alldem einige Sympathiepunkte einbüßen müssen. Seine Notlügen, die Verleugnung seiner Anwesenheit und generell sein fehlender Mut zur Wahrheit haben Kevin nicht nur verletzt, das alles will auch gar nicht mehr zu seinem öffentlichen Feldzug am Ende der vergangenen Staffel passen, als er doch gerade mit seinem mutigen Auftreten zu überzeugen wusste. Es mag auch Mitgefühl für Kevin eine Rolle gespielt haben, den er nicht verletzen wollte, aber das macht die Situation auch nicht besser, die ihm spätestens nach seinem Gespräch mit Avery dämmerte. Denn dieser hat natürlich recht: das Zusammenziehen kann kein Heilmittel für eine bereits angeknackste Beziehung sein. Gerade dann sind viele Kompromisse notwendig, die es aber wert sein können, wenn man sich wirklich liebt und die Nähe des anderen zulassen will. Dass Will es war, der eine gemeinsame Wohnung vorgeschlagen hat, ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass man ihm von Beginn an anmerkte, dass dies bereits eine Verlegenheitslüge war. Es wäre wünschenswert gewesen, Will hätte den Mut gefunden, dies gegenüber Kevin von sich aus zuzugeben, so machte es die Trennung nur noch schlimmer.

Ganz anders ist dagegen die Ausgangslage bei Avery und Juliette. Er ist derjenige, der Juliette zur Seite steht und das nicht, weil er lediglich Mitgefühl mit ihr hat, sondern weil er sie liebt. Er ist bereit, ihr den zitierten Vertrauensvorschuss zu geben und mit ihr auch durch diese schwere Zeit zu gehen. Gerade deshalb erträgt er einmal mehr ihre Launen, die angesichts ihrer Lage zwar verständlich sein mögen, aber eben ohne den Blick dafür, wer wirklich um sie bemüht ist. Im Grunde herrscht wieder einmal Stillstand in Sachen Charakterentwicklung bei Juliette. Ihre Ungeduld gepaart mit Unvernunft, das alles haben wir inzwischen doch schon mehrfach bei ihr erlebt. Nach der letzten Woche, hatte ich noch Hoffnung, dass es jetzt voran geht bei Juliette und wir uns auf neue Geschichten mit ihr freuen können. Nun bleibt lediglich vorsichtiger Optimismus im Hinblick auf die nächste Folge und zum Schluss immerhin die Annäherung an Avery, den sie dann hoffentlich nicht gleich wieder von sich stoßen wird.

Rund um Rayna wünsche ich mir derzeit etwas mehr Fokussierung auf ein Thema, denn aktuell sind mir da einfach zu viele Baustellen in der Handlung, die sich noch dazu gegenseitig ausbremsen. Am liebsten wäre mir die Konzentration auf die missliche Lage von Highway 65. Mit der von Zach angestrebten Beteiligung am Label könnte sich diese zunächst einmal stabilisieren, bietet aber durch seinen Einfluss auch ausreichend Potential für spannende Geschichten. Das könnten Konflikte zwischen ihm und Rayna aufgrund unterschiedlicher Ansichten sein, aber eben auch der anstehende Videodreh von Scarlett und Gunnar. "Back to the roots" oder auch "back to basics" könnte man diesen Schwerpunkt mit Blick auf die tägliche Arbeit im Musikbusiness nennen. Raynas Entschluss, einen Teil ihres persönlichen Eigentums abzugeben, für das sie so hart gearbeitet hat, kommt vielleicht etwas vorschnell, aber nicht überraschend. Das Angebot ist einfach zu verlockend, wenn man sich in ihrer Lage befindet und dann auch noch versprochen bekommt, dass sie die Entscheidungen weiterhin allein treffen kann. Doch gerade dieser Punkt muss sich nun erst noch bewahrheiten. Ich habe da bereits so meine Zweifel. Insofern stellt der Episodentitel aber auch einen Bezug zu Rayna her, da sie Zach mit ihrer Vertragsunterschrift einen Vertrauensvorschuss schenkt. Während dieser Handlungsstrang für sich allein genommen eigentlich schon völlig ausreichend ist, setzen die Autoren aber weiterhin auch auf die Geschichte rund um einen Stalker, der Rayna weiterhin zu verfolgen scheint. Das wurde in dieser Folge jedoch erneut ziemlich stiefmütterlich behandelt. Der Umschlag mit dem seitenlangen Brief und den Rosenblüten veranlasste Rayna zwar immerhin, auch Bucky in die Sache einzuschalten, aber damit wurde die Sache mir unverständlicherweise bereits wieder auf sich beruhen gelassen. Ich würde das auch an Deacons Stelle etwas mehr hinterfragen, mir auch einmal den Brief näher anschauen und recherchieren, wer diesen eingeworfen hat. Wenn ich mich richtig erinnere, wohnt Rayna doch auch in einer "Gated Community", die nicht einfach so betreten werden kann oder man zumindest davon ausgehen darf, dass Überwachungskamera auf dem Gelände oder am Hause installiert sind. Da gehe ich aber womöglich zu rational an die Sache heran und der dramatische Effekt soll hier mehr im Vordergrund stehen als vernünftiges Denken. Ich zumindest kann gut und gerne auf diese Nebenhandlung verzichten und hoffe, dass diese sich analog der Entwicklung bei Will und Kevin schnell in Luft auflösen wird.

Lobend erwähnen will ich noch die Rückkehr ins Bluebird Café mit dem gelungenen Auftritt der in dieser Episode etwas kurz gekommenen "The Exes". Das weckt bei mir stets schöne Erinnerungen an die vielen Szenen und Auftritte dort zu Serienbeginn und vor allem an meinen eigenen Besuch dort. Davon in Zukunft gerne mehr.

Fazit

Auch mit Folge vier hat sich die fünfte Staffel weder inhaltlich noch qualitativ so recht gefunden. Während einige Charaktere wie beispielsweise Juliette in altbekannte Verhaltenszüge verfallen, werden an anderer Stelle zu viele Geschichten auf einmal erzählt. Dabei versuchen die Autoren unglücklicherweise erneut den Spagat zwischen realitätsnahen und Soapartigen Handlungen, die in der Vergangenheit schon so häufig das Sehvergnügen trotz liebgewonnener Figuren trübten. Dennoch blitzen immer wieder vielversprechende Ansätze auf und somit bleibt die Hoffnung, man möge sich zukünftig mehr auf diese konzentrieren.

Jan H. – myFanbase

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