Bewertung
Raveonettes, The

Pe'ahi

Auch wenn die Raveonettes ihr letztes Album mitten im Sommer veröffentlicht und es nach einem berühmten Surfspot benannt haben, heißt das noch lange nicht, dass wir es bei "Pe'ahi" mit einem fröhlichen Album voll sonniger Melodien zu tun haben (zumal Gitarrist und Sänger Sune Rose Wagner an eben diesem Strand einen beinahe tödlichen Unfall hatte). Die Dänen haben ihren Retro-Rock schon immer mit düstereren, deprimierenden Farben gemalt als ihre Kollegen, sich textlich stets zwischen Sex, Gewalt und Drogen bewegt. "Pe'ahi" unterscheidet sich, was das angeht, nicht von den anderen Platten der Band - im Gegenteil: Man geht einen noch extremeren Weg, arbeitet mit neuen Strukturen und krasseren Gegensätzen als jemals zuvor.

Foto: The Raveonettes - "Pe'ahi" - Copyright: Beat Dies Records
The Raveonettes - "Pe'ahi"
© Beat Dies Records

Die Noise-Wände, die Wagner und Bassistin Sharin Foo bei ihren Live-Auftritten genussvoll auf die Zuschauer loslassen, haben nun auch endgültig ihren Weg auf die Platten gefunden – und zwar in all ihrer Wucht und vor allem ohne Kompromisse. Dass einer solchen wummernden Wand etwa bittersüßes Harfengeklimper vorausgeht ("Sisters"), lässt sie im Endeffekt nur umso brutaler wirken. Der Gesang kommt meist kühl, verzerrt, fremd von irgendwo her; die Stücke fallen teils wieder recht hymnisch aus, trotz des Lärms und trotz der Tatsache, dass Wagner beim Songwriting vom klassischen Strophe-Refrain-Prinzip abgelassen hat.

"Killer in the Streets" ist eine dreckigere Variante von "Love in a Trashcan" – verschwommener, aber nicht weniger cool. Noch mehr nach Soundtrack und Werbespot klingt "Z-Boys", dessen raunender Sehnsuchtsgesang sich selbstverständlich hinter einer Menge Hall versteckt. Die Abkehr von klaren Strukturen bietet den Raveonettes einerseits noch mehr Raum für Selbstinszenierung, Spielereien und Überraschungsmomente, lässt jedoch vor allem die Songs in der Mitte des Albums ("A Hell Below", "The Rains of May") etwas planlos wirken.

Das überraschendste, weil abgefahrenste und untypischste Stück ist "Kill!", eine Abrechnung Wagners mit seinem Vater, der letztes Jahr verstarb (mittlerweile bereits häufig zitiert: "One time I saw my dad fuck a redhead whore / I never ever thought I would"). Man will es beinahe Elektro-Clash nennen, was Wagner und Foo da – sich wiederum mit ein paar zarteren Tönen abwechselnd – durch die Verstärker jagen. Bereits jetzt ein ganz heißer Anwärter für die letzte Nummer auf der Setlist, die alles in Schutt und Asche legt!

Dass ein Song namens "Summer Ends" mit der perfekten Mischung aus Hymne und Dröhnen das Album beschließt, passt wie die Faust aufs Auge – dass wir auch jetzt nicht nostalgisch werden, liegt an Wagners nicht unbedingt friedfertigen Textzeilen von "Summer ends and we are far apart now" über "You said you come a-running when I need you / Go fuck yourself I don’t believe you" zu einem abschließenden "Why don’t you just die".

Fazit

Extremer, kontrastreicher, einen Tick düsterer sind die Raveonettes geworden; alles, was man bisher mit ihnen verband, kann man auch auf "Pe'ahi" finden – der Unterschied zwischen den melodieseligen, poppigen Stücken des letzten Albums "Observator" und beispielsweise "Kill!" ist dennoch bemerkenswert. Er zeigt vor allem auch, dass die beiden Dänen selbst auf ihrer siebten Platte noch immer Wege und Mittel fanden, um ihrem vergangenheitsorientierten Rock’n’Roll neue Nuancen zu verleihen.

Anspieltipps

Sisters

Killer In The Streets

Z-Boys

Kill!

Summer Ends

Artistpage

TheRaveonettes.com

Tracks

1.Endless Sleeper
2.Sisters
3.Killer in the Streets
4.Wake Me Up
5.Z-Boys
6.A Hell Below
7.The Rains of May
8.Kill!
9.When Night Is Almost Done
10.Summer Ends

Stephanie Stummer - myFanbase
18.11.2014

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