Bewertung
Manic Street Preachers

Rewind the Film

Weil die jüngere Generation der britischen Rockmusik lieber in ihrer eigenen Welt vor sich hinträumt und keine Statements zur politischen Lage abgibt, müssen die in Würde gealterten Manic Street Preachers zeigen, wie das funktioniert – und es funktioniert offenbar am besten mit illustren Gaststars, unaufgeregtem, feinfühligem Gitarrenpop und jeder Menge Klasse.

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Material für gleich zwei Alben haben die Manic Street Preachers im Laufe des Jahres aufgenommen – fürs Frühjahr 2014 ist die Veröffentlichung des lauteren, gröberen Materials geplant; den Anfang – und passend zur Jahreszeit – dürfen die ruhigeren, hauptsächlich akustischen Stücke von "Rewind the Film" machen. James Dean Bradfield räumte in den Vorab-Interviews selbst ein, dass sich so mancher Fan mit dem Album etwas schwer tun dürfte. In der Tat ist man angesichts der doch sehr poppigen Entwürfe inklusive Bläsern und Geigen anfangs überrascht – letztlich hat dies aber nichts mit Ausverkauf zu tun; es sind einfach fein und intelligent komponierte Gitarrenpop-Nummern, die den Ohren schmeicheln, sich aber niemals anbiedern.

Erstmals haben die Manic Street Preachers auch eine Reihe von Gästen ans Mikro gebeten – gerade deren Mitarbeit ist eine Bereicherung für "Rewind the Film": Im Titelstück glänzt vor allem Richard Hawley, dessen faszinierende Stimme alle ehrfürchtig verstummen lässt und einen interessanten Gegenpol zu Bradfield bildet, der hier wohl eher die schmetternde Diva gibt.

Wie eine Traumsequenz erscheint hingegen das beinahe im Alleingang von Cate Le Bon gesungene "4 Lonely Roads" – so eine bittersüße Dreampop-Nummer hätte man kaum von den Manic Street Preachers erwartet; ebenso wenig wie das rein instrumentale, nach einem walisischen Dorf benannte "Manorbier", das sich ebenso treibend wie genial von allem anderen abhebt, das die Band bisher gemacht hat.

"I don’t want my children to grow up like me", stellt Bradfield bereits im ersten Song fest – dazwischen vermisst er Tokyo, versinkt in Selbstzweifeln und im Andenken an bessere Zeiten, bevor er mit dem Song abschließt, dem im Vorfeld am meisten Aufmerksamkeit zuteil wurde. "30-Year War" rechnet mit der englischen Gesellschaft vor und nach der Eisernen Lady ab ("It’s the longest running joke in history / to kill the working classes in the name of liberty") und ist wohl das wahre Herzstück der Platte.

Fazit

"Rewind the Film" beweist, dass man weder besonders laut noch besonders aggressiv sein muss, um seine Aussagen ans Publikum zu bringen. Die Manic Street Preachers packen ihre Inhalte stattdessen in besonders geschmackvolle Britpop-Arrangements, die von einer reifen, selbstbewussten Band zeugen. Auf das bisher noch unveröffentlichte Material darf man dennoch umso mehr gespannt sein.

Anspieltipps

Rewind the Film

4 Lonely Roads

Manorbier

30-Year War

Tracks

1.This Sullen Welsh Heart (feat. Lucy Rose)
2.Show Me the Wonder
3.Rewind the Film (feat. Richard Hawley)
4.Builder of Routines
5.4 Lonely Roads (feat. Cate Le Bon)
6.(I Miss the) Tokyo Skyline
7.Anthem For A Lost Cause
8.As Holy As the Soil (That Buries Your Skin)
9.3 Ways To See Despair
10.Running Out of Fantasy
11.Manorbier
12.30-Year War

Emil Groth - myFanbase
10.10.2013

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