Bewertung

Review: #7.11 Ausgesorgt

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Mad Men
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"This is the beginning of something. Not the end." So verkündet Don die Schlussworte dieser Episode, aber diese sind natürlich für uns als Zuschauer schon fast zynisch zu verstehen, denn natürlich sind die Ereignisse und Veränderungen dieser Episode das Ende. Wir wissen, dass "Mad Men" nur noch drei Episoden vor dem endgültigen Aus vor sich hat und man hier maximal von einem Anfang des Endes sprechen kann. Aber dieser Anfang ist natürlich nicht erst hier zum Tragen gekommen, denn Folge für Folge wird immer klarer, dass dieser letzte Verlauf der Serie (dank der Staffelteilung kann man ja nicht von der finalen Staffel sprechen, vielen Dank noch mal an AMC) dazu dient, Don Draper all seine Statussymbole zu entziehen. Er hat seine Ehefrau, seine Möbel, seine Wohnung verloren, und nun auch noch seine Agentur, die über die gesamten sieben Staffeln und die mehr als zehn Jahre Zeit, die innerhalb der Serie vergangen sind, den Rückhalt für alles Geschehen gebildet hat. Dabei hat sich der Name mehrmals verändert und es ist hier auch nicht zum ersten Mal, dass die zentralen Figuren damit konfrontiert sind, ihren Einfluss zu verlieren. Während bisher aber die Partner immer eine Last-Minute-Lösung gefunden haben, die meist auf einer Idee von Don basierte, gelingt dies hier nicht mehr. Dabei sind alle Zutaten, die die bisherigen Übernahmeverhinderungsideen bisher immer so unterhaltsam gemacht haben, auch hier vorhanden, aber die Methoden greifen einfach nicht mehr. Mit dem Wechsel von 1969 zu 1970 haben viele der bisher gewohnten Strategien ihre Wirksamkeit verloren und Folge für Folge werden wir nun damit konfrontiert.

Dabei ist diese Episode die erste innerhalb dieser Halbstaffel, die auf ganzer Linie zu überzeugen weiß. Die drei Folgen zuvor waren sicher nicht schlecht, aber sie waren doch enorm sperrig und haben es den Zuschauern nicht leicht gemacht, sie sofort ins Herz zu schließen. #7.11 Time & Life dagegen ist klar so konzipiert, dass sie dem langjährigen "Mad Men"-Zuschauer gefallen muss. Auch wenn das Ergebnis die pure Ungewissheit über die Zukunft ist, greift man hier doch ganz bewusst in die Trickkiste der Zutaten, die sich im Verlaufe der Serie immer wieder als äußerst effektiv herausgestellt haben. Es fehlt eigentlich nur noch eine bedeutende Szene zwischen Don und Peggy (die man sich aber wohl für einen späteren Zeitpunkt aufhebt), ansonsten wäre das Best-Of-"Mad Men"-Highlights nahezu perfekt. Es ist wohl auch kein Zufall, dass dies die erste Folge in diesem Jahr ist, die sich nicht vordergründig auf Don konzentriert, sondern dessen Fokus auf dem Ensemble, und dabei eben vor allem auch auf dem Büro, liegt. Dies waren schon oft die auf den ersten Blick am unterhaltsamsten Folgen der Serie und auch inhaltlich und visuell werden hier zahlreiche Erinnerungen wach. Ob es die Parallele zum ersten Versuch, sich von McCann Erickson zu lösen am Ende der dritten Staffel ist, oder der visuelle Gegensatz von den fünf handelnden Partnern hier am Konferenztisch zum Bild der damaligen Partner im leerstehenden zweiten Stock im Finale der fünften Staffel. Diese Folge steht die ganze Zeit in einem engen Dialog mit der Vergangenheit der Agentur und der darin agierenden Figuren.

Denn auch der neben der geschäftlichen Änderung wohl wichtigste Aspekt der Episode, Peggys Auseinandersetzung mit ihrem eigenen schwierigen Verhältnis zu Kindern, wird immer wieder durch Bilder und Dialoge mit ihrer Adoptionsgeschichte hervorgerufen. Hier hat man dies wohl sogar etwas zu deutlich gemacht, denn ob es um die Szene zwischen Peggy und Pete ging, oder das kleine Mädchen, das sich an Peggy klammert, das war doch alles andere als subtil. Aber das finale Gespräch zwischen Peggy und Stan, in dem sich Peggy seit langer Zeit wieder einmal über ihr zur Adoption aufgegebenes Kind äußert ("I don't know because you're not supposed to know, or you can't go on with your life."), war es wert.

Die große Frage dieser Episode ist aber die nach der Zukunft. Hat sich beim letzten Mal vor allem Don mit seiner eigenen Zukunft auseinandergesetzt, stellen sich nun alle dieser Problematik. Dabei mache ich mir als Zuschauerin aber besonders Gedanken um Peggy und Joan. Auch wenn Peggys Karriereberater ihr die Arbeit bei McCann Erickson schmackhaft machen will, bin ich da doch deutlich skeptischer. Natürlich spricht Peggys Arbeit für sich und ihr Talent ist unabstreitbar. Aber ich habe wahrlich kein gutes Gefühl, was ihre zukünftigen Kollegen angeht. Der offene Sexismus in Folge #7.08 Enttäuschungen hat zwar in erster Linie Joan getroffen, aber solche Männer werden nicht plötzlich anfangen, einer Frau wie Peggy Respekt zu zollen. Und es macht mich traurig, wenn ich mir vorstelle, dass sie es überhaupt nötig haben wird, sich wieder einmal zu beweisen. Aber für Joan wird es noch schwerer, auch wenn die natürlich finanziell wesentlich besser versorgt ist. Aber dass Joan als Geschäftspartnerin nicht für voll genommen wird, hat man hier bereits gesehen, denn, wie sie selbst bemerkte, sie spielte für Jim Hobard bei dessen rosigem Blick in die Zukunft gar keine Rolle. Und dass ihre Kollegen von nun an die Machos aus #7.08 sein werden, ist ihr sicher schmerzlich bewusst. Beide Frauen verbindet, dass sie sich ihren Stellenwert nicht nur durch eine elitäre Herkunft oder ebenso privilegierte Ausbildung erreicht haben, sondern sich Schritt für Schritt jedes kleinste Bisschen an Erfolg und Anerkennung hart erarbeiteten. Dies trifft auch auf Don zu, der ebenso wie Peggy aus ärmlichsten Verhältnissen stammt, aber unhinterfragten Respekt wie der können beide Frauen wohl nicht erwarten. Eine Schande, was noch einmal mehr Peggys Vorwurf in Bezug auf ihren Lebenswandel, der vielfach durch ihr Dasein als Frau und damit eben nicht als Mann bestimmt wurde, unterstreicht. ("She should be able to live the rest of her life, just like a man does.")

Bei den Herren der Schöpfung mache ich mir um die berufliche Perspektive wesentlich weniger Sorgen. Sollte Roger sich als irrelevant erweisen, kommt er sicher damit einigermaßen zurecht. Zumal die Tatsache, dass Rogers Bedeutung auf dem absteigenden Ast ist, schon seit der zweiten Staffel immer wieder thematisiert wurde. Er kann sich mittlerweile beruhigt in den Ruhestand versetzen und würde dabei nicht seine Würde verlieren. Für ihn ist das einzige, was wirklich auf dem Spiel steht, der Nachlass seines guten Namens (der bald nicht mehr auf dem Firmenlogo stehen wird), aber ob Roger diesem wirklich nachtrauert, oder ob er nur das Gefühl hat, dass er dies tun müsste, bleibt offen. Teds Bedeutung hat in Staffel 7 deutlich nachgelassen und das, was wir von ihm gesehen haben, zeigt, dass er auch als kleines Rädchen im Getriebe seiner Arbeit nachgehen kann. Und Dons Frage nach der Zukunft ist im Rahmen der Serie so viel mehr als seine Arbeit, mit ihm steht und fällt die Geschichte und das Grundgefühl am Ende von Episode #7.14 wird mit Sicherheit darauf zurück zu führen sein, wie wir Don verabschieden. Darüber lohnt es sich in meinen Augen nicht, im Vorfeld zu spekulieren. Hier muss man sich ganz dem Hingeben, was Matthew Weiner plant und dann kann man sich ein Urteil bilden.

Nun gibt es also Sterling Cooper & Partners nicht mehr und die Zukunft ist ungewiss. All die Tricks, die man im Laufe der Serie immer bewundert hat, funktionieren nicht mehr, Dons Ideen bieten keine Rettung in letzter Sekunde, seine Worte beschwichtigen niemanden mehr und das liebgewonnene Büro ist dann wohl bis zur nächsten Folge längst Geschichte. "You are dying and going to advertising heaven" erklärt Jim Hobard, aber alle wissen, dass dies nicht die Wahrheit ist. Das Ende von SC&P war unvermeidbar, und wenn man zurück blickt, hat die Serie vom Prinzip her all die Schritte dokumentiert, die eine kleine Agentur getätigt hat, um dem großen kapitalistischen Satan zu entkommen, nur um am Ende doch verschluckt zu werden. Diese Entwicklung ist unvermeidbar, für diese Erkenntnis muss man nur auf die Entwicklung der Gesellschaftsordnung der letzten Jahrzehnte blicken. Und die ungewisse Zukunft der Agentur lässt auch die Zuschauer ohne einer klaren Vorstellung, was einen noch erwarten könnte zurück und dies ist ein aufregendes Gefühl. #7.11 Time & Life hat also alles verändert, hat einen ganzen Sack an beliebten erzählerischen Kniffen angewandt, nur um deren Wirkungslosigkeit zu demonstrieren (man beachte wie wirkungslos Dons berühmte Verkaufsreden geworden sind) und hat sich damit in die Riege der klassischen "Mad Men"-Episoden eingereiht.

Randnotizen

  • Pete stand hier ebenfalls sehr im Zentrum, was uns auch ein Wiedersehen mit Trudy bescherte. Dazu kommt ein weiterer Faustschlag seinerseits, sowie der Ausspruch "The king ordered it", der dem legendären "Not great, Bob" Konkurrenz machen kann. Witzigerweise hat hier auch noch Jared Harris Regie geführt, mit dessen Charakter Lane Pryce sich Pete zuletzt geprügelt hatte.
  • Einer der emotionalsten Momente dieser Episode war überraschenderweise eine Szene zwischen Joan und Pete. Überhaupt war das finale Trinkgelage der Anteilseigner von Anfang bis Ende ein absolutes Highlight und ich frage mich, ob es für die beteiligten Darsteller und Schauspielerinnen nicht ebenso eine Art letztes Abendmahl war.
  • Cutlers Abwesenheit wird hier endgültig geklärt, er hat sich ausbezahlen lassen und steht nun wahrlich von allen am besten da. Und auch in Sachen Ted gibt es nun Gewissheit, er und Nan sind geschieden und Ted geht mittlerweile mit einer alten Flamme aus. Und Roger ist immer noch mit Marie involviert.
  • Kalifornien dient weiterhin als der unerreichbare Traum für Don Draper. Hier wird es wieder einmal als dessen Ziel kurz angeschnitten, nur um dann doch wieder wie eine Seifenblase zu zerplatzen.
  • Lou Avery is the worst! "Enjoy the rest of your miserable life."
  • "My goodness, Meredith, we should put a bell on you."
  • "You don't know lots of things about lots of people. That's the point."

Cindy Scholz - myFanbase

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