Bewertung
Hearst, Dorothy

Das Geheimnis der Wölfe

"I, for one, would keep the promise I had made."

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Inhalt

Kaala wurde von Kindesbeinen an beigebracht, sich niemals auf Menschen einzulassen, so wie es der Schwur den Wölfen aus dem Großen Tal vorschreibt. Durch ihr Verlangen nach den Menschen bricht Kaala diesen Schwur jedoch und wird anschließend von den Höchsten Wölfen aufgefordert, einen Weg zu finden, wie Menschen und Wölfe im Einklang miteinander können. Unterstützung bei dieser großen Aufgabe erhält sie von TaLi, einem jungen Mädchen, das sie einst vor dem Ertrinken gerettet hat. Den beiden werden zahlreiche Steine in den Weg gelegt und Kaala muss erkennen, dass nicht jeder im Großen Tal auf ihrer Seite steht.

Kritik

Der Einstieg in den zweiten Band der Wolfs-Chroniken von Dorothy Hearst fällt einem als Leser sehr einfach, selbst wenn man sich nur noch in Teilen an die Geschehnisse aus dem ersten Band erinnern kann. Dank des Prologes, der einen Rückblick darstellt, und Erklärungen zu den Charakteren und ihren Besonderheiten, werden dem Leser alle wichtigen Aspekte wieder ins Gedächtnis gerufen. Leider plätschern die Ereignisse im Tal aber zunächst nur vor sich hin. Das Buch nimmt erst nach ungefähr hundert Seiten an Fahrt auf, wird dann zunehmend rasanter, bis es schließlich zu einem ereignisreichen Ende gelangt.

Wie auch im ersten Band ist das Verhalten der Wölfe weitestgehend realistisch dargestellt. Im Kontrast dazu gibt es jedoch Momente, in denen man selbst als geübter Leser von Fantasy-Büchern viel Vorstellungskraft und Fantasie aufbringen muss, um sich die Szenen bildlich vorzustellen. Diass Menschen und Wölfe sich miteinander unterhalten können, sofern sie die Ursprache ihrer Ahnen beherrschen, ist für die Handlung zwar essentiell wichtig, da sich die verschiedenen Arten sonst nicht über komplexere Sachverhalte verständigen könnten, aber mir beim Lesen so fremd war, dass es den Lesefluss gestört hat. Vielleicht ist es aber auch einfach dieser Gegensatz, der störend wirkt: Einerseits gelingt es der Autorin, das Verhalten der Wölfe bei der Jagd und im Rudel - vor allem was die Körpersprache angeht - sehr realistisch darzustellen, andererseits sind Gespräche zwischen Wolf und Mensch ebenso eine Selbstverständlichkeit.

Blickt man nach Beenden des Buches auf die Ereignisse aus dem zweiten Band der Trilogie zurück, dann fällt auf, dass neben der Haupthandlung um das Geheimnis der Höchsten Wölfe und der Vereinigung von Menschen und Wölfen viele weitere Themen angeschnitten wurden. Bei all diesen Themen wäre es interessant, sie weiter und näher zu beleuchten, doch einige blieben leider im Verlauf der Handlung auf der Strecke. So wurden beispielsweise die Konflikte zwischen den verschiedenen Rudeln im Tal meist nur in Bezug auf die Frage, wie sie mit den Menschen umgehen, angesprochen, aber nicht als eigenständiger Handlungsstrang behandelt. Dadurch geht die Möglichkeit verloren, einen tiefergehenden Einblick in die Verhältnisse der verschiedenen Rudel zueinander zu bekommen. Darüber hinaus ist es auch schade, dass die Beziehung zwischen Kaala und dem Rudelführer Ruuqo, die im ersten Band noch konfliktreich und somit sehr spannend war, kaum noch ein Thema war. Hier wäre besonders am Ende des Romans sehr viel Konfliktpotential vorhanden gewesen. Doch anstatt Ruuqos Kaltblütigkeit aus dem ersten Band wieder aufzugreifen, hat die Autorin den einfacheren Weg gewählt: Frieden.

Aber glücklicherweise hat die Protagonistin Kaala mit genügend anderen Dingen zu kämpfen. Spannend wird das Buch, sobald die ersten Geheimnisse gelüftet werden und davon gibt es, anders als der deutsche Titel des Romans vermuten lässt, mehr als genug - angefangen bei Kaalas Mutter Neesa, die wieder ins Spiel kommt, bis hin zu den Höchsten Wölfen. Kaala wird wahrlich nicht vor einfache Entscheidungen gestellt, aber sie schlägt sich wacker, wenn auch nicht perfekt. Anders ist es da bei TaLi, der menschlichen Hauptfigur in den Wolfs-Chroniken. Bei Kaala ist des Öfteren zu erkennen, dass sie Ecken und Kanten hat, weswegen man sie als Leser zwar manchmal verflucht; es macht sie aber auch zu einem interessanten und realistischen Charakter, denn niemand ist unfehlbar. TaLi hingegen hat bisher keine Fehler gemacht. Eine unkluge Entscheidung zu treffen anstatt moralisch immer völlig korrekt zu handeln, würde sie menschlicher und somit auch sympathischer machen.

Nichtsdestotrotz ist mir TaLi wie viele andere Charaktere der Buchreihe mittlerweile ans Herz gewachsen. Ruuqo, der im ersten Band eher in die Kategorie "unausstehlich" einzuordnen war, wurde in diesem Teil sehr viel liebenswürdiger. Als man sich im Laufe des Buches auch von dem ein oder anderen Wolf des Rudels verabschieden muss, fand ich das sehr traurig. Um wen es sich dabei handelt, soll an dieser Stelle aber natürlich nicht verraten werden.

Fazit

"Das Geheimnis der Wölfe" punktet mit vielen Geheimnissen und neuen Erkenntnissen und ist somit viel komplexer als sein Vorgänger. Dabei muss man als Leser jedoch hinnehmen, dass die Ereignisse immer stärker von der Realität abweichen und sehr viel mehr Fantasy-Elemente in dem Buch vorzufinden sind als noch im ersten Band. Akzeptiert man dies, bietet der Roman viel Spannung und Lesespaß.

Laura Krebs - myFanbase
08.11.2015

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