Bewertung
Davis, Brooke

Noch so eine Tatsache über die Welt

"A fact about the world Millie knows for sure: Everyone knows everything about being born, and no one knows anything about being dead."

Foto: Copyright: 2015 Verlag Antje Kunstmann GmbH
© 2015 Verlag Antje Kunstmann GmbH

Inhalt

Millie Bird ist sieben Jahre alt, als sie von ihrer Mutter absichtlich in der Damenunterwäsche-Abteilung im Kaufhaus zurückgelassen wird. Millie, die erst vor kurzem den Verlust ihres Vaters hinnehmen musste, lernt daraufhin den Rentner Karl kennen, der aus dem Altersheim geflüchtet ist, nachdem er von seinem Sohn dorthin gebracht wurde. Karls Frau Evie ist bereits seit einigen Jahren tot, ebenso wie der Mann der 82-jährigen Agatha, die seitdem nicht mehr das Haus verlassen hat. Als sie jedoch beobachtet, wie ihre Nachbarin Millie alleine nach Hause kommt, ändert sich dies. Und so begeben sich Millie, Karl und Agatha auf eine Reise, um das kleine Mädchen wieder zu seiner Mutter zurückzubringen. Dabei lernen sie, den Tod zu akzeptieren und wieder zu leben und zu lieben.

Kritik

Unschuldige sieben Jahre alt ist Millie Bird, als sie innerhalb kurzer Zeit sowohl ihren Vater als auch ihre Mutter verliert. Bereits seit geraumer Zeit beschäftigt sicsich mit dem Thema Tod. Dabei macht es für sie keinen Unterschied, ob es sich um eine Fliege, einen Mensch oder eine Pflanze handelt. Das kleine Mädchen versteht nicht, warum der Tod für so viele Menschen ein Tabuthema ist, stattdessen stellt sie, wie Kinder es eben tun, viele Fragen. Das Buch hat aufgrund der Geschichte und der ständigen Thematik um den Tod, mit dem sich auch die zwei weiteren Protagonisten Karl und Agatha beschäftigen, eine traurige Note. Nichtsdestotrotz gibt es genügend Momente zum Schmunzeln, denn der Roman ist vor allem eines: ehrlich - eie ein siebenjähriges Kind eben. Es wird kein Blatt vor den Mund genommen, die Dinge werden genauso erläutert, wie sie sind und nicht durch abstrakte Metaphern umschrieben.

Das Buch ist abwechselnd aus der Sicht von einem der drei Protagonisten erzählt und dem Leser dadurch vermittelt, wie die Hauptfiguren fühlen. Alle haben ihre Eigenarten und Macken, was sie sehr liebenswert macht. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein, werden aber durch die Frage verbunden, warum geliebte Menschen in ihrem Umfeld sterben mussten. Die gemeinsame Suche nach der Antwort und einem Neubeginn lässt sie zusammenwachsen. Mit den Eigenarten der Charaktere ändert sich auch der Schreibstil bei jedem Perspektivenwechsel. Agatha denkt beispielsweise immer nur in unvollständigen, grammatikalisch inkorrekten Sätzen, außerdem dokumentiert sie zusätzlich die minutengenaue Uhrzeit. Bei Millie hingegen merkt der Leser direkt, dass er in dem Kopf eines siebenjährigen Kindes gelandet ist. Diese Abwechslung ist unterhaltsam und keineswegs störend. Ungewohnt hingegen ist anfangs, dass alle Dialoge kursiv anstatt in Anführungszeichen geschrieben sind. Was die Autorin hiermit bezwecken wollte, ist mir nicht klar.

Bevor man das Buch zur Hand nimmt, sollte man sich bewusst sein, dass die Geschichte im Gesamten nicht realistisch ist. Werden einzelne Situationen betrachtet, dann erkennen wir vielleicht auch unser eigenes Leben oder das Leben anderer darin. Da sind beispielsweise die Eltern, die die neugierigen, unkonventionellen Fragen ihrer Tochter nicht zu deren Zufriedenheit beantworten können, der Sohn, der auf Wunsch seiner Frau seinen Vater in ein Altersheim verfrachtet, der Mann, der sich fragt, ob das Leben ohne seine große Liebe noch einen Sinn hat und die Frau, die nach dem Tod ihres Mannes das Haus nicht mehr verlässt. Auf der anderen Seite ist aber auch noch die Mutter, die einfach ihre Tochter in der Abteilung für Damenunterwäsche im Kaufhaus zurücklässt, der Mann, der aus dem Altersheim ausbricht und daraufhin in eben diesem Kaufhaus lebt und die Tatsache, dass das Trio eine Puppe aus dem Kaufhaus mit auf ihre weite Reise nimmt, mit dieser spricht und dafür zurecht von den Menschen schief angeschaut wird. Ohne diese schrulligen, überzeichneten Charaktere und die skurrile Geschichte wäre "Noch so eine Tatsache über die Welt" aber ein ganz anderes Buch geworden. Es wäre eine traurige Erzählung von einem Kind, das von seiner Mutter verlassen wird, die mit der Trauer um ihren verstorbenen Mann nicht anders umzugehen weiß. So ist das Buch aber viel mehr, denn es hat einen echten Unterhaltungswert und kann einen sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken bringen. Besonders das Ende hinterlässt einen starken Eindruck.

Ob einen als Leser "Noch so eine Tatsache über die Welt" begeistert oder nicht, hängt also im Wesentlichen davon ab, ob man akzeptieren kann, dass der Roman nicht immer realistisch ist. Angefangen bei der grundsätzlichen Geschichte, über die Eigenheiten der Charaktere bis hin zu einzelnen Dialogen finden sich immer wieder Momente in dem Buch, bei denen man einfach weiß, dass dies in der normalen Welt in dieser Form niemals passiert wäre. Schon allein die Wahrscheinlichkeit, dass ausgerechnet diese drei durchaus schrägen Charaktere aufeinandertreffen, ist gleich null. Andererseits bietet gerade diese Tatsache große Unterhaltung. Die Charaktere sind Herzstück des Buches.

Fazit

In "Noch so eine Tatsache über die Welt" beschäftigt sich die Autorin Brooke Davis auf eine eher unkonventionelle Art und Weise mit den Themen Tod, Liebe und Leben. Daraus entsteht ein unterhaltsamer Roman, der einen an vielen Stellen zum Nachdenken anregt. Sieht man über die Tatsache hinweg, dass die Geschichte oftmals realitätsfern ist, bietet "Noch so eine Tatsache über die Welt" ein kurzweiliges Lesevergnügen.

Laura Krebs - myFanbase
05.07.2015

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