Bewertung
Glines, Abbi

Rush of Love - Verführt

"'Sei nicht so neugierig süße Blaire', flüsterte Rush und kam auf mich zu."

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Inhalt

Irgendwie hatte Blaire sich die erste Begegnung mit ihrem Stiefbruder Rush anders vorgestellt. Nach dem Tod der krebskranken Mutter bleibt ihr, aufgrund einer löchrigen Geldbörse, nichts anderes übrig, als vorübergehend zu ihrem Dad und deren neuen Familie zu ziehen. Kaum am Ziel angekommen, wartet jedoch eine böse Überraschung auf Blaire. Was ihr bleibt, ist ein ebenso arroganter wie höchst attraktiver Rush, der ihr nicht nur widerwillig ein Dach über dem Kopf anbietet, sondern auch bad-boy-mäßig den Kopf verdreht. Eigentlich keine große Sache, würde Rush nicht ständig seine nächtlichen Eroberungen wechseln und Blaire immer wieder von sich stoßen, obwohl er gleichzeitig signalisiert, dass er sie will. Was verbirgt er?

Kritik

Reichlich nackte Haut sorgt für beste Unterhaltung. Eine Tatsache, die sich nicht leugnen lässt, schaut man sich in der Literurwelt derweil genauer um. Egal, ob für reifere Leser oder junge Erwachsene, es wartet doch immer irgendein steinreicher Adonis namens Christian Grey, Gideon Cross oder Braden Carmichael auf die vorwiegend weibliche Leserschaft, die sich gerne mal verführen lässt. Der langen Liste darf nun Rush Finlay beigefügt werden. In der beliebten "Rush of Love"-Trilogie braucht der selbstverliebte Casanova nichts weiter zu tun, als sich sexy und geheimnisvoll zu geben.

Was den Trilogieauftakt "Verführt" von den oben genannten Bettgefährten unterscheidet, ist das im Vergleich recht "junge" Alter der Protagonisten. Sowieso könnte man "Rush of Love" als eine eher harmlosere Version bezeichnen, die sich zwischen den Zielgruppen Contemporary Young und New Adult bewegt und vor allem Fans von Romanen wie "Beautiful Disaster" ansprechen dürfte. Nur eben eine Spur intimer und kurzweiliger in der Ausführung.

Da gibt es zum einen Blaire. Mit ihren neunzehn Jahren verkörpert sie eine unschuldige und teils toughe Schönheit aus Alabama. Rush hingegen macht als 24-jähriger Sohn eines ehemaligen Rockstars von sich reden. Der gepierct/tätowierte Womanizer feiert in seinem luxuriösen Stranddomizil eine Party nach der anderen. Infolgedessen darf jeden Morgen eine andere Eroberung neben ihm aufwachen. Ein gemeinsames Frühstück natürlich exklusive. Aber halt! Es gibt doch immer diese eine Frau, die das Herz des Bad Boys im Schnelldurchlauf erobert und etwas Besonderes ist. Wer wäre da besser geeignet, als Rushs bis dato unbekannte Stiefschwester Blaire? Einen bleibenden Eindruck hinterlässt die attraktive Ich-Erzählerin jedenfalls mit einer schussbereiten Pistole unter dem Autositz – kurzweilig.

Ja, es knistert von Beginn an wunderbar gewaltig, wie man es sich nur wünschen kann. Ganz gleich, ob man das anvisierte Bettgeflüster als Liebe oder Leidenschaft bezeichnen möchte. Dabei weiß die magnetische Anziehung zwischen Blaire und Rush streckenweise recht gut zu unterhalten. Leider wird dabei auf altbewährte Floskeln im Stile von "Ich bin nicht gut für dich, kann dir aber einfach nicht widerstehen" keinesfalls verzichtet. Ebenso wenig, wie auf das gegenseitige Abchecken der hervorzuhebenden Körperregionen, mögen auch erst wenige Seiten ins Land gezogen sein. Das alles ist nicht sonderlich originell und wirkt irgendwie plump, verführt aber, dank der geringen Seitenanzahl und des einfachen Schreibstils, zum raschen Seitenumblättern.

Was hat "Verführt" also Besonderes zu bieten, ohne die detaillierten Sexszenen, die sich in der zweiten Buchhälfte mal in Rushs Luxusauto, mal in sein Schlafzimmer verlegen? Denkt man gründlich nach, bleibt nicht viel. Charakterlich gesehen bekommt man es mit einem flüchtigen Tropfen auf den heißen Stein zu tun, während der Plot mit einem simplen Faden gestrickt ist und die Glaubwürdigkeit schwindet. Der Grund für Blaires anfängliche Jungfräulichkeit wird anhand einer schmerzlichen Vergangenheit zwar durchaus plausibel erklärt, aus ihr jedoch sofort ein begabtes Betthäschen zu machen, nach dem sich die Männerwelt reihenweise verzehrt, und ihr zudem nach wenigen Sätzen den dringendst benötigten Job hinterherzuwerfen, wirkt irgendwie ... übertrieben unrealistisch.

Und last but not least: Rush verkörpert einfach zu stark den attraktiven, besitzergreifenden (wie charakterlosen) Stereotypen á la harte Schale, weicher Kern. Das mag gefallen, doch in jeder noch so unnötigen Situation ein "Ich bin gefährlich. Halte dich von mir fern!" zu hauchen, ist irgendwann nicht mehr sexy, sondern abtörnend. Schlussendlich gehört "Rush of Love: Verführt" wohl zu jenen Romane, die man entweder liebt oder hasst. Für den Zweck der oberseichten Unterhaltung sicherlich mal ganz nett, das muss dann aber genügen, wenngleich Abbi Glines auf den letzten Seiten, dank eines fiesen Cuts, durchaus neugierig auf den Folgeband "Rush of Love: Erlöst" macht. Nun ja.

Fazit

Der deutsche Beititel "Verführt" verrät bereits, um was es bei dem ersten Band der "Rush of Love"-Trilogie tatsächlich geht – eine kurzweilige Lektüre, die einfach nur unterhalten möchte und dabei für reichlich Herzschmerz, Flirtattacken sowie nacktes Kopfkino sorgt. Abbi Glines bietet nichts, was es in ähnlicher Form und mit vergleichbaren Charakter(stereo)typen so nicht bereits gegeben hätte. Dennoch weiß sie stellenweise recht gut zu unterhalten und schürt mit Hilfe eines dramafreudigen Cliffhangers die Neugierde auf den Folgeband "Rush of Love: Erlöst".

Doreen B. - myFanbase
29.09.2013

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