Bewertung
Schäfer, Ann-Kristin

Johanna und die Sache mit dem Sinn des Lebens

"Ich spürte, wie in meinem Magen ein kleines Unwohlsein geboren wurde, das schnell wuchs und seine Gliedmaßen in meinem Körper ausbreitete. Ob es wohl jemandem auffiel, dass ich einfach so stocksteif auf meinem Platz sitzen blieb?!"

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Inhalt

Johanna ist gerade 17 geworden, hat kaum Freunde und überlegt krampfhaft, wie sie Sinn in ihr Leben bringen könnte. Schule, danach "Mitten im Leben" - soll das etwa schon alles gewesen sein? Als man ihr einen Flyer in die Hand drückt, besucht sie erstmalig einen Jugendgottesdienst einer protestantischen Freikirche. Als sie dort den süßen Basti sieht, ist es um sie geschehen. Sie begibt sich ein paar Tage später zum ersten Mal in den Jugendkreis. Schnell findet sie Anschluss, in Julia denkt sie eine echte, beste Freundin gefunden zu haben. Doch mit Basti klappt es nicht, wie gewünscht. Erst, als Johanna sich offiziell dazu bekennt, Christin zu sein, erlaubt er ihr, fest mit ihm zusammen zu sein.

Kritik

Dass die deutsche Jugend sich für nichts außer Reality-TV-Trash interessiert, ist ein Gerücht, mit dem Katharina Weiß ("Generation Geil", "Legenden von Morgen") eigentlich längst Schluss gemacht haben dürfte. Nun bricht Verlagskollegin Ann-Kristin Schäfer erneut eine Lanze für Deutschlands Teenies.

In ihrem Debütroman schickt die Autorin, Jahrgang 1989, ihre Figur Johanna auf die Reise. Johanna ist gerade 17 geworden, hat kaum Freunde und überlegt krampfhaft, wie sie Sinn in ihr Leben bringen könnte. Schule, danach "Mitten im Leben" - soll das etwa schon alles gewesen sein? Als man ihr einen Flyer in die Hand drückt, besucht sie erstmalig einen Jugendgottesdienst einer protestantischen Freikirche. Als sie dort den süßen Basti sieht, ist es um sie geschehen. Sie wandert ein paar Tage später zum ersten Mal in den Jugendkreis. Schnell findet sie Anschluss, in Julia denkt sie eine echte, beste Freundin gefunden zu haben. Doch mit Basti klappt es nicht, wie gewünscht. Erst, als Johanna sich offiziell dazu bekennt, Christin zu sein, erlaubt er ihr, mit ihm befreundet (also fest zusammen) zu sein.

Harmonisch ist das bei weitem nicht immer, denn das Pärchen, das den Jugendkreis leitet, zerbricht. Nur Johanna steht zu Linda, die am Aus ihrer Ehe schwer zu knabbern hat. Sie wird von ihren ehemaligen Freunden geächtet und keiner interessiert sich für ihre Gefühle. Dabei bekommt Johanna langsam den Eindruck, dass das mit der Ehe sehr vorschnell im Jugendkreis entschieden wird. So auch bei Julia und ihrem Freund. Johanna steht dem kritisch gegenüber, zumal sie sich auch zu Julia hingezogen fühlt. Und das, obwohl sie doch bei ihren Bibelstudien gelernt hat, dass Homosexualität etwas Schlechtes ist.

Auch Alkohol ist strikt verboten. Daran möchte Johanna sich auch im Ägyptenurlaub mit den Eltern halten – diese gar bekehren – doch sie scheitert schnell. Sie freundet sich nämlich mit dem Kommunisten Björn an. Dieser hat sehr krasse Ansichten, vor allem gegenüber Johannas Glauben. Von seinen Schimpftriaden wird sie nicht abgeschreckt, im Gegenteil, sie beginnt, Gefallen an seinen Ansichten zu finden. Bald taucht sie tiefer ein in diese Welt, lebt mit Björn und seinem Mitbewohner Chris fast kommunenhaft zusammen. Dabei schläft sie nicht nur mit Björn und Chris, sondern beinahe auch mit der Freundin Nele.

Johannas Eltern spielen zunächst kaum eine große Rolle, im Laufe des Buchs wird klar, warum: sie interessieren sich nicht besonders für ihre Tochter und lassen sie mal machen. Erst, als Johanna zu lange bei den Jungs bleibt, spricht ihr Vater ein ernstes Wort mit ihr. Doch da hat Johanna bereits gemerkt, dass sie selbst eigene Ideen und Vorstellungen hat, abseits von dem, was von außen auf sie einwirkt. Denn der Kommunist möchte genauso bekehren wie der Christ – da ist der Feind dann eben nicht Satan, sondern der Kapitalismus.

Dass Ann-Kristin Schäfer Wirtschaftsjournalistin ist und ihr freiwilliges soziales Jahr in einem christlichen Kinder - und Jugendwerk gemacht hat, merkt man. Die Themen Glauben und Kommunismus sind gut recherchiert und aufbereitet. Dabei ist Johannas Reise stets authentisch und nie belehrend – wenngleich es durchaus in bayerischen Landstrichen schon vorgekommen sein soll, dass junge Leute eben wegen der Saufgelage katholische Ministranten wurden und nicht, um sich diese verbieten zu lassen. Manchmal jongliert Johanna zu schnell zwischen den Szenen, etwa, wenn sie Björn die Gelegenheit gibt, herauszufinden, ob sie oder seine Affäre Jana besser im Bett sind. Dennoch bleibt man dran und ist gespannt, wie es für Johanna ausgehen wird.

Fazit

An ihrem 18. Geburtstag stellt Johanna dann wie erwartet fest: Zu sehr links ist nichts, zu sehr konservativ aber auch nicht. Vielleicht klappt's ja mit der Mitte? Die Autorin lässt es offen.

Simone Bauer - myFanbase
17.07.2013

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