Bewertung
Schütz, Xóchil A.

Gewittersommer

"Vielleicht macht man so etwas aus Liebe."

Foto: Copyright: Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag
© Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag

Inhalt

"Gewittersommer" verfolgt ein Jahr im Leben von Sinai, 35, Malerin aus Berlin. Wir befinden uns im Sommer und in Hof Beeren, wo Sinais Freund Marek wohnt. Und Sinai hadert mit der Fernbeziehung, aber auch mit dem Zusammenziehen.

Kritik

Die Autorin hat selbst in Hamburg, Mannheim und Berlin gelebt – sie weiß also, wovon sie schreibt, wenn sie Sinai auf Reisen schickt, zurück in die Heimat oder zu Kunstausstellungen. Vor allem die Hauptstadt profitiert von dieser Authentizität. Als Sinai sich langsam von ihrer Stadt verabschiedet, streunt sie reflektierend durch die Straßen. Dabei beschreibt sie nicht nur Cafés und lauschige Plätze, sondern auch ihre Zeit als Künstlerin Anfang der 90er Jahre, ihr Aufwachsen in Spandau und die Liebhaber und Liebhaberinnen, die sie hier und da getroffen hat – und was danach passierte. In Hamburg hat Sinai mit Jonathan gelebt, der abhaute, als sie schwanger war. Daraufhin entschied sie sich gegen das Kind und für die Magersucht.

Überhaupt, Kinder. Das nächste große Thema in "Gewittersommer". Da ist so viel Traumawirbel aus der eigenen schlechten Kindheit in Sinai, doch sie will Kinder – genauso, wie sie Katzenlieb ist, obwohl sie gegen Katzen allergisch ist. Marek hingegen, der Kandidat für die Vaterschaft, erscheint wie ein großer Arsch. Er ist voller Doppelmoral, Waschzwängen, Süchten und Sexismus - und schläft noch nicht mal mit Sinai. Deswegen träumt Sinai auch von ehemaligen Partnern oder Fremden – und davon, wie sie von diesen verletzt wird.

Denn Sinai wird auch von Marek oft verletzt, in emotionaler Hinsicht. Manchmal auch ohne Streit, wenn Marek sich wünscht, Sinai solle sich stärker rasieren und hübscher kleiden. Vermutlich wäre Marek wesentlich sympathischer, würde man mehr über ihn wissen. Er hat zwar ein gutes Elternhaus, doch es scheinen Dinge in der Kindheit vorgefallen zu sein, die ihn vieleicht so haben werden lassen. Doch das erfährt der Leser nicht. Er erfährt nur, wie Marek zwielichtige Geschäfte betreibt und schließlich nach Riga auswandert, als Sinai endlich in Hof Beeren einzieht.

Fazit

"Gewittersommer" behandelt viele Bereiche der Beziehung zwischen Mann und Frau (oder auch in manchen Passagen Frau und Frau): Zusammenleben unter einem Dach, Kinder, Sex, Geborgenheit, Vergangenheit. Leider scheint das große Ganze oftmals viel zu viel – oder viel zu wenig. Schütz schreibt poetisch – klar, sie ist ja auch Poetry Slammerin -, doch manchmal auch, als würde ihre Figur Sinai ein Tagebuch führen, in dem sie zu viel übers Kochen und übers Gärtnern schwafelt. So geht leider einiges unter und lässt den Leser am Ende nicht so befriedigt zurück wie den Hauptcharakter.

Simone Bauer - myFanbase
13.11.2012

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