Bewertung
Gregory, Philippa

Das Erbe der Königin

Three women, one prize: the crown of England.

Foto: Copyright: Bastei Lübbe GmbH & Co. KG
© Bastei Lübbe GmbH & Co. KG

Inhalt

Nach dem Tod seiner dritten Frau muss Heinrich VIII sich bald eine neue Gemahlin suchen, denn nur ein männlicher Thronfolger garantiert noch nicht das Weiterbestehen der Tudors. Aus politischen Gründen ehelicht er die deutsche Adelige Anna von Kleve, die er nie zuvor gesehen hat. Als sie ihm persönlich vorgestellt wird, kann er jedoch sein Entsetzen über ihr Aussehen nicht verbergen. Sie entspricht ganz und gar nicht seinen Vorstellung. Da der Ehevertrag jedoch schon unterzeichnet ist, muss er sie zu seiner Frau nehmen. Ihr gefällt das glamourösere Leben am englischen Hof und sie lernt schnell, mit den Launen des Königs umzugehen.

Jedoch ist dieser sehr unglücklich in der keuschen Ehe, weswegen er sich auch Katherine Howard als Mätresse nimmt. Dieses junge Mädchen fasziniert ihn so sehr, dass er einen Plan schmiedet, die Ehe mit Anna zu annullieren und Katherine als Königin an seiner Seite zu haben. Doch der englische Hof, an dem Misstrauen, Verrat und der Tod auf der Tagesordnung stehen, ist ein gefährlicher Ort, an dem man schnell in Ungnade fällt, sobald man einen Fehler begeht.

Kritik

Obwohl es für Philippa Gregory üblich ist, dass sie ihre Protagonistinnen in Tagebucheinträgen ihre jeweiligen Geschichten erzählen lässt, hat sie sich für dieses Roman etwas Besonderes einfallen lassen: die Geschichte wird anstatt von einer Frau, gleich von dreien erzählt. So werden Stück für Stück aus unterschiedlichen Perspektiven die Geschehnisse in drei aufregenden Jahren am prachtvollen englischen Hof erzählt. Man erfährt einerseits die Gedanken von Anna von Kleve, der vierten Frau von Heinrich VII, andererseits von Jane Boleyn, die Schwägerin der geköpften Anne Boleyn, und schließlich von Katherine Howard, der jungen Adeligen, die zur fünften Frau werden sollte. Diese drei Frauen könnten gar nicht unterschiedlicher sein, doch alle leben gemeinsam am Hof und erleben ihre Abenteuer.

Es ist allgemein bekannt, dass die Frauen von Heinrich VIII meist nicht langlebig sind. Ob er ihrer nun überdrüssig wird, sie aufgrund von Verrat und Ehebruch köpfen lässt, oder sie aufgrund von Komplikationen bei der Geburt sterben, wenn sie sich nur einen Fehler leisten, dann ist ihr Ende schon vorhersehbar. Obwohl ihr dieses Risiko bewusst ist, willigt Anna von Kleve ein, die Frau an der Seite eines der mächtigsten Männer der bekannten Welt zu sein. Denn diese Heirat ist eine rein politische. Als Tochter eines deutschen Herzogs und protestantisch erzogen, ist sie offensichtlich eine gute Wahl für Heinrich. Da sie aber nur Deutsch spricht und sich nur mit ihrem gebrochenen Englisch verständlich machen kann, findet sie sich nur langsam in dieser neuen Welt zurecht. Man merkt im Buch ganz deutlich, dass sie von der Zurückweisung des Königs sehr gekränkt ist, und so probiert sie alles, um dem König zu gefallen. Doch leider gelingt es ihr nicht. Es ist nicht verwunderlich, dass sie nach nur ein paar Monaten Ehe der Annullierung zustimmt, um ein glücklicheres Leben zu führen. Mit dem Status als Schwester des Königs hat sie gewisse Privilegien und kann so in England bleiben.

Meiner Meinung nach wäre es für Anna besser gewesen, nach Deutschland zurückzukehren und dort vielleicht einen neuen Ehemann zu suchen. Doch die Autorin erklärt diesen Verbleib in England damit, dass Annas Mutter grausam zu ihr war und sie deshalb nicht zurückwollte. Dies ist jedoch historisch nicht bewiesen. Ganz im Gegenteil, Anna galt als Liebling ihrer Mutter und wurde wahrscheinlich deswegen ihren zwei Schwestern vorge-zogen, als es darum ging, eine Braut für den englischen König zu finden.

Die zweite wichtige Frau in diesem Roman ist Jane Boleyn. Sie entstammt dem englischen Adel und heiratete George Boleyn, den Bruder von Heinrichs zweiter Frau. Doch ihre Ehe war nicht wirklich glücklich, da sich George mehr für andere Frauen, als für seine eigene interessierte. Weswegen sie auch kein Problem damit hatte, beim Prozess gegen ihren Mann auszusagen, der somit dem Tode geweiht war. Leider wird dies in diesem Buch nicht wirklich erklärt. Wenn man sich also nicht vorher ein bisschen informiert oder "Die Schwester der Königin" gelesen hat, braucht man einige Zeit, um zwischen den Zeilen zu lesen, was diese Frau so besonders macht, dass sie ihre Geschichte in diesem Buch erzählen darf. Da sie schon allen Frauen von Heinrich gedient hat, ist es für sie auch nichts Besonderes, wieder einer anderen Königin Gehorsam zu leisten. Doch sie merkt schnell, dass diese Königin nicht lange am Hof bleiben wird, und hilft auch sofort dabei, die nächste Frau ins Bett des Königs zu schaffen. Dies soll ihr allerdings zum Verhängnis werden und sie wird schließlich hingerichtet.

Die Autorin stellt dabei sehr gut dar, wie Jane langsam aber sicher verrückt wird. Sie sieht dabei alle ihre Herrscherinnen vor sich und gibt schließlich zu, dass sie damals vor Gericht gelogen hatte, als es um die Affäre ihres Mannes mit seiner eigenen Schwester ging.

Die dritte Frau im Bunde ist schließlich die spätere fünfte Frau von Heinrich: Katherine Howard, selbst eine Cousine seiner dritten Frau. Sie galt als hübsches junges Mädchen, dass dem König das Gefühl gab, wieder jung und begehrenswert zu sein, obwohl er zu dieser Zeit bereits über 40 war, was für diese Zeit schon ein bewundernswertes Alter gewesen ist. Außerdem hatte er auch schon einige Kilos zu viel auf seinen königlichen Rippen, was sein Erscheinungsbild etwas trübte. Ihr gefiel ihr Leben als Mätresse bzw. als spätere Königin von England. Sie hatte auch kein Problem damit, ihre früheren Freunde zu verraten und selbst Anna zu hintergehen. Doch die Affäre mit einem der Höflinge war dann doch zu viel. Als Heinrich das erfuhr, fühlte er sich wieder an seine frühere Frau erinnert und lies Katherine und ihre Verbündeten ohne langen Prozess hinrichten.

Leider war mir nicht ganz klar, was der deutsche Titel denn genau zu bedeuten hat. Ist es das Erbe der dritten Königin, das es anzutreten gilt, oder hat es doch mehr mit dem englischen Originaltitel "The Boleyn Inheritance" zu tun? Da Jane die Schwägerin und Katherine die Cousine der früheren Königin Anne Boleyn waren, kann man hier eine Parallele ziehen. Und auch Anna von Kleve hatte mit diesem Erbe zu kämpfen, da auf den offiziellen Papieren immer von "Henry and Anne" gesprochen wurde und somit an seine dritte Frau erinnerte.

Ich fand es auch schade, dass in diesem Buch einige gröbere geschichtliche Fehler zu entdecken sind. So wird Mary I andauernd als Prinzessin Mary betitelt, obwohl sie zu dieser Zeit als illegitim erklärt war und so keinen Anspruch auf den Thron hatte. In der Tat bekam sie nie wieder ihren Titel als Prinzessin zurück, sondern krönte sich nach dem Tod ihres Bruders einfach so zur Königin. Aber auch mit dem Alter von einigen Akteuren war Frau Gregory nicht sehr genau, so wurden sowohl Jane als auch Katherine um einige Jahre jünger gemacht. Da die restliche Geschichte aber sehr gut recherchiert wurde, fallen diese Dinge dann doch nicht so sehr ins Gewicht.

Fazit

Ein faszinierendes Buch, das die Sicht von drei unterschiedlichen Frauen am Hofe von Heinrich VIII sehr gut darstellt und nachvollziehen lässt, warum er als grausamer und rachsüchtiger Herrscher in die Geschichte einging.

Viktoria R. - myFanbase
18.07.2011

Diskussion zu diesem Buch