Bewertung
Çelik, Aygen-Sibel

Makellos ab Mitternacht

Ein Glamourleben als Model.

Foto: Copyright: 2011 - Verlag Carl Ueberreuter Ges.m.b.H., Wien
© 2011 - Verlag Carl Ueberreuter Ges.m.b.H., Wien

Inhalt

Die 15-Jährige Seçil wäre gern jemand anderes, nur nicht sie selbst. Übergewichtig, von lästigen Pickeln heimgesucht und hoffnungslos in den Mädchenschwarm der Schule verknallt, tröstet sie sich mit Schokoeis und allerhand Modemagazinen über ihre fehlgeschlagenen Diäten hinweg. Nur zu gerne würde Seçil eine schlanke, wohlgeformte und immer perfekt gestylte Coverschönheit sein. Als sie in ihrer Lieblingszeitschrift "Beauty" zur 20.000 Leserin gekürt und dafür mit einer Wundercreme belohnt wird, passiert das Unfassbare. Plötzlich verwandelt sie sich in eine strahlende Schönheit, die perfekter nicht sein könnte. Wie gut, dass sich ihre Eltern für zwei Wochen eine Auszeit gönnen und Seçil ihr neues Ich in Ruhe ausführen und genießen kann. Sofort präsentiert sie ihren neuen Luxuskörper auf einer angesagten Party und kommt dabei ihrem Schwarm André ein ganz schönes Stückchen näher. Dummerweise entfaltet sich die Wirkung der Zaubercreme erst nach Mitternacht und bei Tagesanbruch kommt die Wahrheit wieder ans Licht: eie echte Seçil. Das hält sie jedoch nicht davon ab, von nun an die Nacht zum Tag zu machen, sich mit Lügen eine neue Identität aufzubauen und als Model eine schillernde Karriere zu starten.

Kritik

Wer kennt sie nicht, diese etlichen Cinderella-Storys, in denen sich ein unscheinbar wirkendes Mädchen mit Hilfe einer gutherzigen Fee in einen wunderschönen Schwan verwandelt und am Ende den anspruchsvollen Prinzen für sich gewinnt? "Makellos ab Mitternacht", man kann es sich schon denken, bedient sich in vielerlei Hinsicht ebenfalls an dem bekannten Märchen der Gebrüder Grimm und bietet dabei leider nichts Neues. Und so entpuppt sich der ausgelatschte Treter schnell als das, was er wirklich ist ... eben ein ausgedienter Schuh und nicht etwa ein wegweisender Glaspantoffel mit Überraschungseffekt.

Was kann man positives über eine Hauptprotagonistin sagen, die sich ständig selbst bemitleidet, sich nur über das eigene Äußere den Kopf zerbricht und mit Lügen ein neues Leben aufbaut? Viel kommt da nicht zusammen und das ist wirklich ein Jammer. Denn an sich behandelt Aygen-Sibel Çelik in ihrem Jugendroman ein wichtiges und sensibles Thema, das für junge Mädchen aktueller ist denn je. Der anhaltende Schönheitswahn, weit verbreitet in etlichen Modezeitschriften und Fernsehsendungen, kennt heutzutage keine Grenzen mehr und das spielt in diesem von Makeln behafteten Roman ebenfalls eine große Rolle (selbst die Dauerwerbesendung "Germanys next Topmodel" kommt zum Einsatz). Doch wie die abgebildeten Beautys unzähliger Modemagazine bleibt auch die Story um Moppelchen Seçil größtenteils ausdruckslos, oberflächlich und realitätsfremd - begleitet von einem flüssigen und lockeren Schreibstil, der diese 160 Seiten lange Märchenerzählung zu einem gut zu lesenden Lückenfüller macht.

Dabei ist nicht zu übersehen, was die wahre Moral dieser Geschichte ist, die bei der flachen Umsetzung leider bald ins Vergessen gerät. Alles dreht sich um ein unglückliches Mädchen, das einfach nur schön und beliebt sein will, ein verzehrtes Bild von sich selbst hat und über beide Ohren verliebt ist. Dass ein schönes Aussehen viele Herzen und Türen öffnen kann, aber noch lange kein glückliches Leben verspricht, ist kein Geheimnis. Das muss auch Seçil feststellen, als sie mit Hilfe eines Zaubermittels plötzlich im Mittelpunkt steht, über Nacht zum Model avanciert, ihren Schwarm um den kleinen Finger wickelt ... und dennoch an sich selbst zweifelt. Selten erschien mir eine Hauptfigur dermaßen ich-bezogen.

Was mich jedoch wirklich stutzig machte: zufälligerweise findet unter der Woche jeden Abend irgendeine Party statt (bitte?), auf der sich Jale, die eigentlich Seçil heißt, mit Schulschönling André treffen kann, um ihn unsterblich in sich verliebt zu machen. Wo das endet, darüber muss man sich nicht lange den Kopf zerbrechen, denn eigentlich ist das von der ersten Seite an ein Selbstgänger. Genauso wie die Nebenfiguren, die hier eher kleine Statistenrollen (was für ein Mensch ist André überhaupt?) einnehmen, und mit verwirrenden Auftritten in die Story eingebaut werden. Wie von Zauberhand gibt es plötzlich eine Patentante, die sich mit Vodoozauber und allerhand anderem Hokuspokus auskennt. Auch, dass eine seriöse Modelagentur auf die Einverständniserklärung der Eltern bei einer Minderjährigen verzichtet, ist mehr als fraglich und (hoffentlich) unrealistisch.

Was haben wir also bei diesem Roman für junge Mädchen gelernt? Auf die inneren Werte kommt es an. Liebe dich selbst, dann wirst auch du geliebt werden! Bedauerlicherweise kommt diese eigentlich offensichtliche Message in diesem Fall nur bedingt an die Oberfläche und verliert sich in der bis zum Schluss anhaltenden Unsicherheit der Hauptfigur Seçil.

Fazit

Die Idee mit der Wundercreme, durch die sich die unsichere Seçil in eine strahlende Schönheit verwandelt und eine besondere Lektion fürs Leben lernt, ist nicht schlecht und hätte durchaus Potential, würde die Story nicht in einem Affentempo abgespult werden und mit oberflächlichen Charakteren ausgestattet schnell im Niemandsland verschwinden. Makellos ist hier leider nur das schön gestaltete und zur Geschichte passende Cover.

Doreen B. - myFanbase
23.03.2011

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