Bewertung
Wassermann, Robin

Skinned

"Lia Kahn ist tot. Ich bin Lia Kahn."

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Inhalt

Die sechszehnjährige Lia Kahn war schön, reich und beliebt, bis sie bei einem tragischen Autounfall ums Leben kam. Von nun an ist sie tot und doch lebendig. Ihr Geist existiert in einer Art Maschine weiter, die bildschön und unsterblich ist. "Skinner" wird ihre Art genannt, die von Menschenhand erschaffen, aber vom Großteil der Bevölkerung gemieden wird. Für Lia beginnt eine Zeit voller Pein und Ausgrenzung, denn sie ist nun gezwungen, ein Leben zu führen, das sie sich selbst nicht ausgesucht hat. Und so muss Lia nach Monaten der Rehabilitation feststellen, dass sich die Welt auch ohne sie weitergedreht hat und nichts mehr ist wie vorher. Ihre Freunde sehen in ihr nur noch die gefühllose Maschine, ihr fester Freund Walker kann sie nicht mehr richtig ansehen und ihre jüngere Schwester Zo reißt sich langsam aber sicher Lias altes Leben unter den Nagel. Lia wünscht sich mehr als einmal, tot zu sein. Ein Wunsch, der sich niemals erfüllen wird, obwohl alle Welt behauptet, dass Lia Kahn tot ist.

Kritik

Wie sieht unsere Zukunft aus? Leben wir bald in einer Welt, die, von Naturkatastrophen und technischem Fortschritt beherrscht, alles dagewesene in den Schatten stellt? Umgeben von künstlich erzeugtem Gras, das durch Atomkriege und Flutwellen zerstört, nicht mehr von alleine wachsen kann? Mit einem Nachthimmel, an dem keine Sterne leuchten, weil sie, von einer dicken Staubschicht verschluckt, für das menschliche Auge nicht mehr zu erfassen sind? In einer Welt, in der das Erbgut unserer Nachfahren im Reagenzglas produziert wird und die Menschen dem tristen Alltag zu entfliehen versuchen, indem sie sich in die virtuelle Welt verkriechen oder mit legalen Drogen vollpumpen?

In "Skinned" zeichnet Robin Wasserman solch ein Zukunftszenario, das in diesem Ausmaß nicht undenkbar ist und dessen Anfänge bereits in der heutigen Gesellschaft zu finden sind. "Höher, schneller, weiter" lautet das Motto der Gegenwart und das spiegelt sich auch in diesem gelungenen All-Age-Sciencefiction-Roman wieder. Packend, dramatisch und realitätsnah erzählt.

Was passieren kann, wenn die Technik für einen kurzen Moment versagt und man nichts dagegen tun kann, muss die sechszehnjährige Lia Kahn auf die harte Tour lernen. Das Navigationssystem ihres automatisch betriebenen Hightech-Autos fällt nämlich aus und somit endet die Fahrt an einem Baum ... und Lias Seele in einer Maschine. Schwer verwundet und verbrannt, konnte ihr Körper nicht mehr gerettet werden und so lag die Entscheidung für eine Umwandlung allein bei den Eltern. Wer würde das Leben seines Kindes nicht retten, wenn er die Möglichkeit dazu bekäme? Gewiss würde ein jeder darüber nachdenken und die Konsequenzen dabei außer Acht lassen. Verständlich.

Für Lia hingegen ein Albtraum. Sie bekommt eine zweite Chance, die sie niemals haben wollte und die mit einem harten Los verbunden ist. Skinner, MechHead oder auch Hautdieb wird ihre Art genannt, die von den meisten Menschen (den Organischen) geächtet wird und somit den Außenseiterstempel aufgedrückt bekommt – erschaffen, um gemieden zu werden. Entsprechend tauchen mehrfach ethische und moralische Fragen auf, die nachdenklich und ängstlich stimmen. Wie weit darf der Mensch in die Natur bzw. Schöpfung eingreifen? Sollten wir nicht lieben, was wir selbst erschaffen haben, mit allen Konsequenzen? Kann eine Maschine, ausgestattet mit der Kopie eines menschlichen Hirns, einen freien Willen besitzen? Das sind nur wenige der Fragen, die einem während dieser Lektüre durch den Kopf geistern.

Robin Wasserman ist mit Lia eine authentische und greifbare Schlüsselfigur geglückt, obgleich man sich nur schwer vorstellen kann, wie das Leben in einer "Terminator" ähnlichen Maschine sein muss. Denn Lia kann weder essen noch trinken, träumen oder richtig fühlen. Sie weiß zwar, wann sie Angst hat oder sie sich zu jemandem hingezogen fühlt, kann es aber nicht spüren. Kein schneller schlagendes Herz oder Schmetterlinge im Bauch signalisieren ihrem Ersatzkörper, was Sache ist, und machen sie letztendlich zu dem, was sie ist. Kein Mensch.

Gleich von der ersten Seite an wird der Leser in die bissige wie bewegende Gedankenwelt der Hauptprotagonistin gezogen und lernt so ein Mädchen kennen, das früher beliebt war und stets auf der Gewinnerseite stand, nun aber gegensätzliche Erfahrungen machen muss. Sofort möchte man wissen, ob es Lia wider erwarten gelingt, ihre Freunde und ihren festen Freund Walker erneut für sich zu gewinnen, oder ob sie einen ganz anderen Weg einschlagen wird. Schließlich ist sie nicht die Einzige ihrer Art und muss sich auf die Dauer mit der neuen Identität arrangieren. Je schneller, desto besser! Der Feind lauert nämlich auf mehreren Ebenen und dass macht ein "normales" Leben nahezu unmöglich.

Das erstaunliche bei "Skinned" ist letzten Endes, dass an sich nicht viele spannende Eckpunkte geboten werden, wie man es als Leser vielleicht aus anderen Romanen dieses Genres oder auch aus dem Fantasybereich gewohnt ist. Vielmehr geht es um menschliche und emotionale Konflikte in der Liebe, Freundschaft, Familie sowie in der Welt allgemein, hineingewoben in einen interessanten Plot. Am Ende ist ein tolles Buch für Jung und Alt entstanden, das auf seine eigene Weise Spannung erzeugt und schnell süchtig machen kann. Hoffentlich kann die Fortsetzung "Crashed" da mithalten. Genügend offene Fragen und Potential sind auf jeden Fall vorhanden.

Fazit

Der "Skinned"-Trilogie steht gewiss eine rosige Zukunft bevor. Der erste Band überzeugt mit einer glaubhaften Protagonistin, zukunftsorientierten Themen sowie dramatischen Entwicklungen. Herausgekommen ist ein fesselnder Sciencefiction-Roman mit einem hohen Suchtpotential, so dass man es kaum erwarten kann den zweiten Band "Crashed" in die Finger zu bekommen. Mehr Infos zu den Büchern gibt es auf der Webseite des Verlages.

Doreen B. - myFanbase
19.01.2011

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