Bewertung
Raven, Lynn

Der Kuss des Dämons

"Wenn sie gewusst hätte, wie strange mein Leben war, seit ich mit Julien zusammen war, hätte sie eventuell darüber nachgedacht, die netten Herren in den weißen Kitteln zu rufen."

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Inhalt

Dawn ist hin und hergerissen, als Julien DuCraine, der coolste und leider auch arroganteste Junge der Schule, sie spontan zu einer Spritztour auf seiner Blade einlädt. Zu recht. Kaum hat sie sich an die schwindelerregende Geschwindigkeitsüberschreitung gewöhnt und zeigt Julien ihren Lieblingsort, da lässt er sie mitten in der Dunkelheit zurück und braust mit seiner Maschine von dannen. "Mistkerl!" denkt sie sich und wünscht ihm die Hölle auf Erden, nur um wenige Tage später von ihm gerettet zu werden. Denn während der Vorbereitungen zum nahenden Halloweenball ist er plötzlich zur Stelle, als sie unter einer tosenden Bretterlawiene zu zerquetschen droht. Aber wie konnte er so schnell bei ihr sein, wo er noch nicht mal in ihrer Nähe stand? Eine Frage, die Dawn nicht mehr aus dem Kopf gehen will und sie direkt in Juliens Arme katapultiert. Noch ehe sie ahnt, wer er wirklich ist, verliert Dawn ihr Herz an Julien und kommt einem dunklen Geheimnis auf die Spur, in das sie mehr involviert zu sein scheint, als ihr lieb ist.

Kritik

Es war einmal ein Vampir, der bewahrte ein hübsches, jungfräuliches Mädchen vor einem tragischen Schicksal, indem er ihr das Leben rettete und damit seine dunkle Existenz preis zu geben drohte. Die beiden verliebten sich unsterblich ... Kommt einem bekannt vor? Sicher doch. Die Parallelen zu anderen erfolgsversprechenden Vampir-Reihen, in diesem Fall insbesondere Stephenie Meyers "Biss zum Morgengrauen", lassen sich nicht leugnen. Macht aber nichts. Denn Lynn Ravens "Der Kuss des Dämons" muss sich vor der Konkurrenz keineswegs verstecken. Dies beweist die Tatsache, dass der Auftakt ihrer Trilogie von den Lesern auf den dritten Platz des "Deutschen Phantastik-Preises 2009 - Bester deutschsprachiger Roman" gewählt wurde. Verdient!

Zugegeben, die Idee ist nicht neu und das Genre langsam ausgelutscht, weshalb es für Autoren oftmals nicht einfach ist, etwas Neues zu bieten. Ein erster Blick auf den Buchrücken lässt den begeisterten Bücherwurm mittlerweile aufstöhnen und denken "Ach, nicht schon wieder so eine Vampir-Schmonzette à la 'Twilight'", was in diesem Fall ein Fehler wäre. Denn es ist nicht "Twilight". Vielleicht ähnelt die Story dem Bestseller von Stephenie Meyer zu etwa zwanzig Prozent, das war es dann aber auch schon. Was besser gefällt, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Wobei meine Wahl eindeutig auf den "Kuss" fällt.

Die Geschichte um Julien und Dawn ist spannend, humorvoll und mitreißend erzählt. Das fängt beim Prolog an und endet im letzten Kapitel. Hier wird nicht lange um den heißen Brei geredet, sondern gleich zur Sache gegangen. Die anfangs wechselnden Perspektiven – aus der Sicht eines Unbekannten sowie Dawns Gedanken – tragen dazu bei, dass es nie langweilig wird und es schwer fällt, die Lektüre so einfach aus der Hand zu legen. Man kann hier zwar nicht von hoher Schreibkunst sprechen und den Stil der Autorin in hohem Maße loben, dennoch liest sich alles flüssig und leicht, so dass es gar kein Problem ist, wenn man doch mal eine Nachtschicht einlegen will, weil's gerad so spannend ist. Es ist eben ein typisches Jugendbuch, das auch für Erwachsene, vorrangig des weiblichen Geschlechts, geeignet ist.

Ein großes Plus sind die beiden Hauptprotangonisten Julien und Dawn. Zwischen den beiden knistert es gewaltig und die Funken sprühen nicht nur auf der romantischen (natürlich Jugendfrei) sondern auch auf der verbalen Ebene, was die ganze Sache noch reizvoller macht. Dabei ist es schon witzig zu lesen, wie die beiden an einem Tag zusammen kommen, sich kurz darauf trennen und wieder zueinander finden. Hier stimmt die Chemie einfach, auch wenn es gern noch ein bisschen romantischer werden darf.

Das Dawn nicht sofort Feuer und Flamme für Julien ist, ihn stattdessen für einen selbstgefälligen Casanova hält, immerhin hat er binnen weniger Wochen schon mehrere Freundinnen gehabt, macht sie sehr sympathisch. Sie lässt sich nicht so leicht von Äußerlichkeiten blenden, wie ihre Hormongesteuerten Mitschülerinnen, sondern besitzt ihren eigenen Dickschädel, durch den sie sich gerne mal in die ein oder andere prekäre Situation manövriert. Man könnte Dawn als kleine Zicke mit großem Herzen bezeichnen. Dabei muss man sich nicht wundern, wenn einige ihrer Handlungen nicht immer nachvollziehbar erscheinen. Das ist eben typisch Dawn.

Wenn wir schon einmal beim Vergleich zwischen "Biss" und "Kuss" sind, dann bietet sich auch ein kleines Battle der düsteren Helden an: Edward vs. Julien. Vorweg: unterschiedlicher könnten die beiden gar nicht sein. Während der eher zurückhaltende Edward versucht, seinem ewigen Leben einen Sinn zu geben, indem er stets aufs Neue seinen Schulabschluss macht, Piano spielt und schließlich in Bella die Erfüllung seiner Träume findet, ist Julien anders. Julien ist gefährlich, selbstbewusst, ein wenig arrogant und kein gewöhnlicher Vampir, sondern ein Lamia und Vourdanj – ein Killer. Im Gegensatz zu Edward drückt er die Schulbank nicht aus purer "Langeweile", sondern aus einem bestimmten Grund, was der Geschichte eine gewisse Glaubwürdigkeit verleiht. Selbstverständlich steckt in diesem harten Kerl auch ein weicher Kern. So besitzt er einen großen Beschützerinstinkt, spielt Geige wie der Teufel selbst und nimmt Dawn, so wie sie ist, ohne sie verbiegen zu wollen. Eben ein Kerl mit Biss, ähm, zum Küssen.

Fazit

Es muss nicht immer der "Biss" sein, auch ein "Kuss" hat seinen Reiz! Wer sich an leichten Ähnlichkeiten mit anderen Vampir-Romanen nicht stört, den erwartet eine abwechslungsreiche Lovestory mit tollen Charakteren, einer Prise Humor und spannenden Momenten. Alles, was das Mädchen- und vielleicht auch Frauenherz begehrt. Empfehlenswert.

Doreen B. - myFanbase
20.08.2010

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