Bewertung
Jinks, Catherine

Blutsbande

Bekenntnisse einer Vampirin.

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Inhalt

Nina ist ein Vampir – und wäre lieber keiner. Entgegen der landläufigen Meinung besitzen Vampire nämlich keine übernatürlichen Kräfte, sondern leiden unter einer quälenden Sucht nach Blut, haben mit unangenehmen körperlichen Problemen zu kämpfen und verfügen über kein vernünftiges Sozialleben. Seit Nina vor über drei Jahrzehnten im Alter von 15 Jahren gebissen wurde, ist sie auf ewig im Körper eines schmächtigen Teenagers gefangen, lebt bei ihrer Mutter und nimmt jede Woche an einer Selbsthilfegruppe für Vampire teil, um den Blutdurst und alle anderen Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. Durch diese Gruppe kränkelnder, depressiver Vampire geht plötzlich ein Ruck, als einer von ihnen als Häufchen Asche endet. Ein Vampirjäger geht um. Wie sollen Nina und ihre Freunde diesem unbekannten Feind bewusst machen, dass von ihnen keine Bedrohung für die Menschheit ausgeht? Als sie versuchen, den Jäger aufzuspüren, stoßen die Vampire auf unerwartete Gegner und Verbündete.

Kritik

Dass mittlerweile sehr viele - überwiegend weibliche - Autoren eine Menge Geld mit Romanen über starke, schöne und geheimnisvolle Vampire verdienen, inspiriert andere Schriftsteller dazu, kühn aufzubegehren und die Welt der Vampire ganz anders darzustellen. Die Australierin Catherine Jinks gehört zu diesen schreibenden Rebellen. In ihrem Roman "Blutsbande" nimmt sie dem Vampirmythos jeden Glanz und Glamour.

Die Ich-Erzählerin Nina und die anderen Mitglieder der Selbsthilfegruppe für Vampire im australischen Sydney besitzen keine übermenschlichen Kräfte. Im Gegenteil. Ihre Unsterblichkeit bedeutet, dass sie bis in alle Ewigkeit mit physischen und psychischen Problemen zu kämpfen haben. Normale Nahrung können sie nicht zu sich nehmen, also müssen sie, um keine Menschen zu beißen und sie damit ebenfalls zu Vampiren zu machen, Blut von lebenden Tieren und spezielle Nahrungsergänzungsmittel konsumieren, was erstens eine ziemliche Sauerei (und Tierquälerei) ist und zweitens unangenehme Nebenwirkungen mit sich bringt, wie häufiges Erbrechen und Kopfschmerzen. Sonnenlicht ist absolut tödlich für die Vampire und auch künstliches Licht können sie nur schwer ertragen. Ohne Sonnenbrille bluten ihnen, nicht nur sprichwörtlich, die Augen. Tagsüber fallen die Vampire in einen dem Tod ähnlichen Schlaf, aus dem sie nicht einmal ein Erdbeben in Begleitung eines Tornados und eines wütenden Riesengorillas aufwecken könnte.

Da die Vampire für immer in dem Alter stecken bleiben, in dem sie waren, als sie gebissen wurden, können sie natürlich nach einer Weile nichts mehr mit ihren Geburtsurkunden, Pässen, Führerscheinen etc. anfangen. Es ist doch etwas schwierig, ein Konto zu eröffnen, wenn man laut seinen Unterlagen längst unter der Erde liegen müsste - oder aber eigentlich 51 Jahre alt ist und aussieht wie ein Kind. Die Vampire leben völlig isoliert. Jede Begegnung mit Menschen birgt die Gefahr, dass sie ihrem Blutdurst nachgeben und weitere Vampire schaffen. Nina und ihre Freunde fürchten sich davor, dass die breite Öffentlichkeit von ihrer Existenz erfährt, da die Menschen, beeinflusst von Büchern und Filmen, glauben werden, Vampire seien stark und gefährlich.

Im Grunde erweist sich der Vampirismus in diesem Roman als eine Metapher für Aids. Die Vampire leiden unter verschiedenen Symptomen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln. Sie können ihre Infektion auf blutigem Wege, wenn sie einen Menschen beißen, weitergeben. Sie sind isoliert und fürchten sich vor den irrationalen Reaktionen der Menschen. Nina und die Mitglieder ihrer Selbsthilfegruppe sind alle miteinander verbunden, da sie sich gegenseitig infiziert haben, jedoch überwiegend unabsichtlich. Sie tun alles, um eine weitere Ausbreitung des Vampirismus zu verhindern.

Diese andere Herangehensweise an den Vampirmythos und die Metaphorik, die dahinter steckt, machen "Blutsbande" zu einem faszinierenden Roman, der überdies mit schwarzem Humor und einiger Ironie gespickt ist. So veröffentlicht Nina unter einem Pseudonym Romane über eine Vampirin, die so übermenschlich, sexy und aufregend ist, wie man sich Vampire gemeinhin vorstellt und wie der überwiegende Teil der modernen Vampirbücher aufgebaut ist. Auf diese Weise bekommt der Leser sehr deutlich den Kontrast zwischen den gängigen Vampirklischees und der von Catherine Jinks kreierten Erwiderung vor Augen geführt.

Gegen Ende des Romans greift die Autorin plötzlich auf ein etwas gewöhnungsbedürftiges Stilmittel zurück und lässt ihre Ich-Erzählerin Nina dem Leser alle Antworten verkünden, die noch offen waren, statt dem Spannungsbogen wie bisher zu folgen. So fühlt man sich als Leser zwar gut aufgeklärt, aber auch ein wenig überrumpelt.

Fazit

Catherine Jinks' Roman "Blutsbande" stellt eine interessante und symbolträchtige Alternative zu der Masse an Büchern über coole Vampire dar, auch wenn die Autorin am Ende ein bisschen viel experimentiert.

Maret Hosemann - myFanbase
03.04.2010

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