Bewertung

Review: #1.17 Sie oder wir?

Manchmal kommt es einem wirklich so vor, als wenn es in "Jericho – der Anschlag" einfach nicht vorwärts geht und man uns mit der ein oder anderen Episode vom Staffelfinale fernzuhalten versucht. Auch in dieser Folge bleibt ein großer Schritt aus, aber wenn man genau darüber nachdenkt, dann macht der kleine Schritt durchaus wieder Sinn.

Bürgerkrieg

Der Hauptteil der Episode dreht sich um das inzwischen häufig thematisierte Versorgungsproblem. Die Vorräte sind wieder knapp und es gibt dieses Mal offenbar keine andere Lösung mehr, als das wahre Gesicht von Gray Anderson zum Vorschein zu bringen. Bisher hielt ich ihn immer für aufrichtigen Menschen, der zwar den Finger in jede Wunde hält, aber eigentlich immer im Sinne der Menschen agiert. Das glaubt er auch dieses Mal zu tun, doch für ihn sind nicht alle Menschen gleich. Das kommt vielleicht nicht völlig überraschend, weil er immer eine Art Antagonist in der Serie war, aber dass er tatsächlich einfach alle Fremden in die Wüste schicken will, ist schon ein starkes Stück. Da mag die Mathematik noch so sehr auf seiner Seite sein. Die Reaktion der "Fremden" ist nur mehr als verständlich. Im Prinzip hat Gray deren Todesurteil unterschrieben, da kann man auch auf die Barrikaden gehen. Als Verhandlungsführer versucht sich schließlich Roger Hammond, weil Gray als erste Reaktion Feuer mit Feuer bekämpfen will. Von dem Trip kommt er auch gar nicht mehr runter. Insofern war dann fast eine gewisse Genugtuung zu spüren, als der Schuss los geht und ihn schwer verletzt. Roger versucht nun mit Erpressung noch das Beste aus der für ihn aussichtslosen Lage herauszuholen, was vor allem die Verzweiflung zum Ausdruck bringt, die Gray verursacht hat. Bill Kohler setzt noch einen drauf, als er sich als Scharfschütze probiert.

Dass die Lage nicht in einen regelrechten Bürgerkrieg ausartet, ist letztlich wohl Gail Green zu verdanken, die sich auf ihre Mütterlichkeit besinnt und damit auch die Herzen der anderen Menschen erreicht. Manchmal muss man den rationalen Argumenten eben die emotionalen Entgegensetzen. Es zeigt sich, dass die Situation nicht ganz so aussichtslos ist, wie Gray es errechnet hat. Dass allerdings bisher noch niemand auf die Idee gekommen ist, dass doch einige Häuser leer stehen, ist etwas schwach. Letztlich hat die Storyline nicht wirklich viel erreicht, weil man damit immer noch nicht mehr über die Umstände weiß, nichts über die neue Ordnung im Land erfährt und auch sonst keine Fortschritte gemacht hat. Und trotzdem hat mir auch dieser Teil wieder sehr gefallen, weil es eine realistische Entwicklung ist. Mit diesen Problemen hat die Stadt eben auch zu kämpfen. Damit verprellt man sich vielleicht einige Zuschauer, weil diese die Fortentwicklung als viel zu träge empfinden, doch mir ist es bei dieser Serie dann doch lieber, einen realistischen Blick auf diese immerhin für die Gegenwart nicht auszuschließende Fiktion zu bekommen und einen größeren Schwerpunkt auf das soziale Drama zu legen, als so schnell wie möglich alle Fragen zu den Umständen zu beantworten.

Spurensuche

Und Stagnation kann man der Serie auch nicht vorwerfen. Immerhin arbeitet Robert Hawkins aktiv daran, die Hintermänner zu entlarven. Es ist zwar immer noch nicht raus, was genau seine Position und Funktion ist, aber es macht schon den Eindruck, dass er eher etwas aufzudecken denn zu vertuschen versucht. Seinen derweil noch unwissenden Gegenüber hat er jeweils ganz gut an der Nase herum geführt und sich so in eine komfortable Situation gebracht. Er ist seinen Gegnern drei Schritte voraus. Allerdings muss er aufpassen, dass er nicht von der anderen Seite Probleme bekommt. Jimmy Taylor ist jedenfalls wieder aufmerksam und sehr skeptisch geworden und die Probleme mit seiner Familie werden sicher auch nicht von selbst behoben. Ich hatte ja ursprünglich auch gedacht, dass der Panzer eine größere Bedeutung spielen könnte und irgendeine Bedrohung darstellt, die in einem größeren Zusammenhang steht. Dass er nur symbolisch dafür stehen soll, dass die Lüge um die Army langsam aufgedeckt wird und die Bevölkerung an die Wahrheit gelangt, war jedenfalls nicht der erste Gedanke, den man hatte. Irgendwie ist die Szene auch völlig überflüssig gewesen. Es hat also nichts mit Hawkins zu tun und auch nichts mit externen Angreifern, die sich in der Nähe von Jericho formieren.

Neues Geschäftsmodell

Mit zwei kurzen, eher lückenfüllenden Szenen hat man auch Dale Turner bedacht, der in Skylar Stevens inzwischen eine vertrauenswürdige Verbündete gefunden hat, die sich auch für ihn einsetzt und regelrecht in Gefahr begibt. Außerdem wurde mal wieder deutlich gemacht, wie einfach ein attraktives Mädchen einen jungen Mann an der Nase herum führen kann. Dale hat jedenfalls die neuen Regeln in dem Geschäft verstanden und ist alles andere als der kleine Kerl, den man übers Ohr hauen kann. Er geht in die Offensive und hat in zwei Bodyguards investiert. Cleveres Kerlchen. Er hat sich in dieser Extremsituation wirklich enorm entwickelt, um überleben zu können. Dass ihm nun Attribute wie Dieb und Mörder anlasten, ist die Kehrseite der Medaille, aber wirklich übel nimmt man es ihm nicht, weil er letztlich nur mit den Waffen kämpft, die man ihm aufgezwungen hat.

Fazit

Auch diese Episode war für die realistische Betrachtung der Entwicklungen in Jericho wichtig und wurde auch gut umgesetzt. Allerdings hat man inzwischen auch eine Stelle erreicht, wo man mehr Antworten geben und auch angerissene Themen wie die Kooperation mit New Bern nicht völlig außer acht lassen sollte. Da muss die nächste Episode dann also für zwei arbeiten.

Emil Groth - myFanbase

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