Bewertung

Review: #1.10 Hilfe von oben

Nach der vergangenen, recht actionreichen Folge, kehrt in dieser Episode in Jericho so etwas wie Ruhe ein. Thanksgiving steht nämlich vor der Tür, und trotz der Umstände, in denen sich die Jerikaner befinden, wollen sie an ihren Thanksgiving-Traditionen festhalten. Oder wie Gail es so schön ausgedrückt hat: Sie halten nicht trotz der Umstände daran fest, sondern gerade aufgrund der Umstände.

Thanksgiving

Die Idee, einen Feiertag in die Geschehnisse Jerichos einzubringen, fand ich sehr gelungen, da zwar das Tempo etwas rausgenommen wird, wir dafür aber ein wenig mehr über die Charaktere erfahren. In dieser Folge wurde uns so zum Beispiel gezeigt, wie die einzelnen Figuren bisher ihr Thanksgiving verbracht haben, was interessant war und uns einen weiteren Einblick in die jeweiligen Charaktere gab. Dabei hat man auch schön gesehen, welche negativen Auswirkungen die vergangenen Ereignisse auf das Miteinanderleben einzelner Charaktere hatte – oder eben auch positive.

Denn bei den Hawkins hatte es durchaus gute Seiten, wollte Robert doch das erste Mal seit Jahren wieder ein Thanksgiving mit seiner Familie verbringen. Erneut wurde klar, welch ein schwieriges Verhältnis Robert zum Rest seiner Familie hat. Besonders seine Tochter macht ihm offenbar schwere Vorwürfe, dass er in der Vergangenheit so selten daheim war. Umso schöner war es natürlich, in dieser Folge einen ungewohnt familienfreundlichen und harmonischen Robert zu Gesicht zu bekommen, der, vor allem am Ende (dazu später mehr), richtig sympathisch wurde, obwohl er sein Versprechen nicht ganz halten konnte.

"Negativ" beschreibt hingegen wohl am besten die Situation bei den Greens. Denn Erics und Aprils Eheprobleme bringen zwanghaft natürlich auch Familienprobleme mit sich, jetzt, wo auch der Rest der Familie weiß, dass die Ehe zwischen den beiden zu Ende ist und Eric eine Affäre mit Mary hat. Eric hat sich in dieser Folge ein paar Minuspunkte bei mir eingehandelt, als er mit seiner Frau schlussgemacht hat, obwohl er erfahren hatte, dass sie schwanger ist. Natürlich kann man diesen Schritt auch nachvollziehen, da es schließlich wirklich nicht in Ordnung ist, eine Ehe zwanghaft aufrecht erhalten zu wollen, weil ein Kind unterwegs ist. Aber dennoch kam man nicht drum herum Mitleid für April zu haben. Vor allem, weil es fast schon den Anschein hatte, dass Eric keinerlei Empathie mit April hat. Immerhin kann sich April mit Sicherheit Unterstützung von Johnston und Gail holen, die beide wohl nicht gerade stolz auf die Entscheidungen ihres Sohnes sind.

Hervorzuheben ist natürlich auch noch die Beziehung von Stanley und Mimi, deren offensichtliche Fast-Romanze das Beiwort "fast" verloren hat und nach einigen mehr als offensichtlichen Szenen (Oben-ohne Jod-Behandlung, "der beste Cocktail Jerichos") endlich in einem Kuss gegipfelt ist. Sehr vorhersehbar, aber dennoch schön anzusehen, da ich die beiden gerne zusammen sehe. Bleibt abzuwarten, ob ihre Beziehung offenarmig empfangen wird, da ich mir vorstellen kann, dass vor allem Bonnie eifersüchtig werden könnte.

Alles Gute kommt von oben

Natürlich musste neben dem ganzen Thangsgiving-Getue auch etwas für die Gesamthandlung geschehen, wenn auch keine große neuen Erkenntnisse vom Himmel gefallen sind. Stattdessen fiel etwas anderes vom Himmel, dass die Jerikaner in eine knifflige Situation versetzte: Hilfsgüter. Wieso knifflig? Nun, während die einen am liebsten sofort eine riesengroße Fressorgie gestartet hätten, sind andere wiederum misstrauisch, da die Ware offenbar aus China stammt. Und da die USA und China bekanntlich nicht gerade beste Freunde sind, ist das Misstrauen durchaus angebracht. Es war auch eine interessante Überlegung, ob nicht die Chinesen hinter dem Angriff stecken könnten. Doch es wäre nicht "Jericho", wenn die Antwort einfach so vom Himmel gefallen wäre. Denn die Tatsache, dass die Hilfsgüter (die dann später doch als ungefährlich eingestuft wurden) keinen wirklichen Land zugeordnet werden konnten (chinesische und russische Waren, amerikanische Peilsender und Flugzeuge), machen das Ganze doch nicht so einfach und umso mysteriöser. Der Konflikt zwischen dem Bürgermeister, der die Güter zunächst überprüfen lassen wollte, und den Jerikanern, die sich am liebsten sofort an ihnen vergriffen hätten, wurde gut dargestellt. Generell war diese ganze Chaos-Situation mal wieder sehr real und nachvollziehbar, was ich an "Jericho" allgemein sehr schätze.

Abgesehen davon wurde Jonahs "Gang" mal wieder ins Spiel gebracht, die erneut für Ärger gesorgt haben, nachdem sie einen wichtigen Stromgenerator gestohlen hatten. In dieser Gang scheint sich langsam eine Revolte anzubahnen, die vor allem von Mitchell ausgeht und es wird interessant sein zu sehen, ob und inwiefern dieser eventuelle Aufstand zu Eskalationen sorgen wird.

What kind of world do you want?

Das Ende dieser Episode war so schön, dass ich dem Schluss sogar einen extra Absatz widme. Als Robert seine Familie überrascht und am späten Abend die Lichter in Jericho wieder zum Strahlen bringt, war ein toller Moment. Die Menschen stürmten auf die Straßen, begutachteten die schönen Lichterketten und schienen einen Moment lang all ihre Ängste, Ungewissheiten und Sorgen vergessen zu haben. Die perfekte musikalische Untermalung ("Five for Fighting" von World) setzte diesem noch die Krone auf und schon beinahe hätte diese Folge uns mit einem schönen Gefühl zurückgelassen. Allerdings nur beinahe. Denn im krassen Kontrast zu dem harmonischen Flair an diesem Abend in Jericho, wird von jetzt auf nachher Gracie, die sich in den vergangenen Folgen wirklich zu einem relativ sympathischen Charakter gemausert hat, hinterhältig überfallen und erstochen. Wer war es? Jonah? Mitchell? Wer auch immer es war, ich hoffe, er wird dafür bestraft, dass er uns schockiert auf die nächste Episode warten lässt und mich doch nicht mit einem so wohltuendem Gefühl ins Bett lässt, wie ich es fünf Sekunden zuvor noch geglaubt hatte.

Fazit

#1.10 Hilfe von oben ist eine gelungene Episode, die im starken Kontrast zu der letzten, actionreichen Folge steht. Es geht zwar gemäßigter zu und wir kommen der Lösung des Geheimnisses um den Angriff kaum näher, dafür liegt der Fokus auf den Charakteren und deren Geschichten, was für einige schöne, als auch traurige Szenen gesorgt hat.

Manuel H. - myFanbase

Die Serie "Jericho - Der Anschlag" ansehen:


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