Bewertung

Review: #4.12 Die Fünfte Phase

Foto: James Kyson Lee, Heroes - Copyright: 2011 Universal Pictures Germany
James Kyson Lee, Heroes
© 2011 Universal Pictures Germany

Weißer Episodentitel auf schwarzem Hintergrund. Mysteriöser Singsang. Achtung, liebe Zuschauer, denn hier kommt sie, Die Epische Episode. Gleich von Anfang an stellt #4.12 Die Fünfte Phase klar, dass diesmal die große Wende kommen soll. Und tatsächlich markiert diese Folge einen Meilenstein in der Geschichte von "Heroes", allerdings nicht in der Qualität, sondern in der Tatsache, dass erstmals nach 40 Episoden ein Hauptcharakter tatsächlich stirbt. Und zwar stirbt im Sinne von wirklich tot, nicht im Sinne von "Pflanzen wir Psyche #1 (Nathan) doch in Körper #2 (Sylar), schicken ihn (Sylathan) auf einen absurden Selbstfindungstrip zu einem Karneval und lassen gleichzeitig Psyche #2 wiederum in Körper #3 (Matt) auferstehen, damit er Psyche #3 in den Wahnsinn treibt, nur um dann Psyche #2 wieder in Körper #2 zurückzusetzen und Psyche #1 endgültig sterben zu lassen". Nein. Nathan ist tot. Endgültig.

"There are five stages of grief. You need to leap over the denial phase and get right to the acceptance of this whole thing."

Nicht falsch verstehen: Nathan war ein toller Charakter. Zumindest in den ersten zwei Staffeln. Doch wenn das Finale der dritten Season eines gezeigt hat, dann, dass man totgeglaubte Charaktere doch einfach mal tot lassen sein soll. Dies wurde Nathan leider nicht vergönnt und so irrte er in Form von Sylathan die bisherige vierte Staffel ziellos umher, um nun endlich ein für alle Mal die Serie zu verlassen. RIP Nathan Petrelli und Lebwohl an Adrian Pasdar, einem der großen Sympathieträger des "Heroes"-Casts.

Mit einem eher unausgeklügelten Plan will Peter also versuchen, seinen Bruder zu retten, wovon ausgerechnet Mama Petrelli, die monatelang verdrängte, dass ihr Sohn eigentlich tot ist, ihn abhalten will. Diese Frau soll mal einer verstehen. René taucht auf und leiht Peter seine Fähigkeiten, und das gerade noch rechtzeitig, denn schon im Aufzug stößt Peter auf Sylar. Was folgt, ist ein ordentlich inszenierter Kampf zwischen den beiden Erzrivalen (leider natürlich ohne Superkräfte), bei dem Quinto stets brillant ist und auch Ventimiglia endlich mal aus sich heraus kommt und die von mir lange vermisste Wut zum Ausdruck bringen kann. Die radikale Bestimmtheit aber, mit der Peter Sylar ans Holz nagelt, lässt einen augenblicklich vergessen, was das Wort "Anspielung" überhaupt bedeutet. Okay, Tim Kring, wir haben den biblischen Subtext dieser Szene verstanden. Weiter bitte.

Wie schon erwähnt, weist Peters Plan ein paar Lücken auf – zum Beispiel, dass Sylar sich ja jederzeit in Nathan verwandeln und ihm etwas vorgaukeln könnte. Ach, Peter. Sowas ähnliches passiert dann natürlich auch, aber wann genau Sylathan Sylar ist und wann Nathan, kann man immer nur erahnen. Ein letztes Lob an Pasdar dafür, wie großartig er diese Doppelseitigkeit und den inneren Kampf zwischen Sylar und Nathan darzustellen vermag. Doch Nathans letztes Stündlein hat geschlagen: Er kann nicht mehr. Er muss schließlich aufgeben und gleitet seinem Bruder aus der Hand, der verzweifelt an ihm festzuhalten versucht. Eine – trotz der überaus pathetischen Zeitlupe während des Falls – wirklich rührende Szene und letztlich ein guter Abschluss für die Figur des Nathan Petrelli, die im Laufe der letzten Jahre so viel durchmachen musste, aber doch irgendwie immer sympathisch blieb.

"The path of least resistance is sometimes the wisest."

Während die Sylathan-Storyline das Intro für Die Epische Episode durchaus rechtfertigt, versumpft der Rest aber doch ziemlich im Durchschnitt. Grund dafür ist vor allem Tim Krings nimmer enden wollendes Blabla über Schicksal und Moral und Bestimmung und... zzzZZZzzzZZZzzz. Samuels Glückskeksweisheiten schläfern den Zuschauer mittlerweile nur noch ein, vor allem, weil er prinzipiell immer und immer wieder dasselbe sagt. Er philosophiert über die Makel der Menschheit, Selbstfindung, Seelensuche, Schicksal, den Sinn des Lebens, Popcorn... und so weiter. Zwischendurch holt er aber zum Glück auch mal Luft und schickt den aus den Graphic Novels bekannten Eli los zu Noah. Dessen Tochter kommt derweil mit Gretchen beim Karneval an und sieht sich dort ein wenig um. Dabei trifft Claire nicht nur auf Samuel und Lydia, sondern auch auf Eric Doyle – und umarmt ihn. Das ist SO absurd, dass Claire das sogar selbst zugeben muss ("He kidnapped me once. Tried to get my mom to shoot me. But I got over it."). So sehr ich Selbstironie auch willkommen heiße, das ist einfach nur befremdlich.

Leider ist die gesamte Story auch unglaublich vorhersehbar: Natürlich ist Claire zunächst skeptisch und findet es schließlich doch so toll beim Karneval, dass sie erstmal bleiben will. Natürlich muss der Schießbudentyp auf Samuel losgehen, damit dieser heldenhaft beweisen kann, was für ein Märtyrer er ist, natürlich schreitet Claire ein, und natürlich liegt der Schießbudenkerl am Ende tot auf der Ladefläche eines Pickups. Wenigstens sind wir Samuels geheimem Ziel diesmal ein klitzekleines Stück näher gekommen: Er will eine eigene Gemeinde aufbauen und dazu noch mehr Menschen mit Fähigkeiten um sich scharen. Doch was genau haben seine Fähigkeiten damit zu tun, wie will er das in die Tat umsetzen und wer ist es, den Samuel dafür braucht?

"I have driven everyone away with my suffocating need for control."

Die Storyline, die schließlich am allerwenigsten in eine Epische Episode passt, ist die um Noah und Lauren. Man muss sich unweigerlich fragen: Was ist bitte schön mit Mr. Bennet passiert? Vom coolen Company Man ist er nun zum lausigen Datingversager mutiert, der sein Leben bereut und nichts mit sich anzufangen weiß. Und dann Lauren. Gut, sie ist durchaus sympathisch und passt auch zu Noah, aber so wie diese Lovestory aufgezogen wird, funktioniert es trotzdem nicht. Die plumpen Flirtversuche ("Hello, Mr. Bennet." – "Hello, Miss Gilmore.") und vielsagenden Blicke machen das ganze Unterfangen eher komisch, aber wirklich nicht romantisch, und so reiht sich die unvermeidliche Noah/Lauren Romanze ein in eine Reihe von vielen fehlgeschlagenden "Heroes"-Lovestories.

Man sieht also, dass es für eine wirklich Epische Episode bei weitem nicht reicht. Auch wenn Nathans Abgang unerwartet gelungen und emotional ist, so schafft die Episode es nicht, einen stimmigen Grundton herzustellen. Dazu sind Claires Erlebnisse auf dem Karneval und das Date zwischen Noah und Lauren einfach völlig fehl am Platz. Genauso wie Emma, Hiro, Ando, Mohinder und Tracy, die zum Schluss noch aus unerfindlichen Gründen eingespielt werden. Doch wenigstens ist mit Nathans endgültigem Abgang eine Chance gegeben, die miserable Sylathan-Storyline hinter sich zu lassen und zu neuen Ufern aufzubrechen. Bis dahin sollten wir am besten einfach Mama Petrellis Rat folgen und zur fünften Phase übergehen, nämlich Akzeptanz. Akzeptanz dafür, dass "Heroes" eine wahrhaftig Epische Episode wohl einfach nicht mehr zu produzieren imstande ist.

Maria Gruber - myFanbase

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