Bewertung
Melling, Nora

Schattenblüte. Die Verborgenen

"Von ferne jaulen Polizeisirenen. Viel zu weit weg, um die Wölfe noch zu stoppen. Wohl das Letzte, was ich höre, denn es ist zu spät für mich, um zu fliehen. Jetzt bin ich Beute. Wie naiv ich war."

Foto: Copyright: Rowohlt Verlag
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Inhalt

Für Luisa ist alles vorbei, als ihr kleiner Bruder Fabi an Krebs erkrankt und wenige Monate später stirbt. Mit ihren Eltern zieht sie nach Berlin, wo für sie alles nur noch schlimmer wird und sie sich vom Grunewaldturm in den Tod stürzen möchte. Bevor sie jedoch den alles entscheidenden Schritt tun kann, hält sie der geheimnisvolle Thursen auf. Sie muss ihm versprechen, dass sie weiter leben wird, bevor er in die Dunkelheit verschwindet.

Vom plötzlichen Verschwinden Thursens lässt Luisa sich nicht abhalten und folgt ihm in den Wald, wo er mit einigen anderen lebt, um die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Sie sind Werwölfe und je öfter sie sich verwandeln, desto mehr verschwimmen die Erinnerungen an ihr früheres Leben. Es dauert nicht mehr lange, bis Thursen für immer Wolf bleibt; gerade jetzt wo er und Luisa sich gefunden haben.

Kritik

Es scheint Mode zu sein, dass Ich-Erzähler weiblich sind. Es gibt heutzutage wenige Bücher, in denen ein Junge einen durch die Geschichte leitet, was eigentlich echt schade ist. Auch in "Schattenblüte. Die Verborgenen", der Auftakt einer spannenden Reihe, schildert uns mit Luisa ein Mädchen die Ereignisse.

Das Buch hat ein wunderschönes Cover, welches einem im Buchladen sofort ins Auge springt. Es ist sehr dunkel und düster und spiegelt gut die Atmosphäre, die sich durch das gesamte Buch zieht, wieder.

Nora Melling hat einen einmaligen Schreibstil. Die Geschichte ist zwar durchgehend im Präsens geschrieben, was ungewöhnlich ist, so dass man sich ein wenig einlesen muss, aber es passt einfach in die Handlung. Man findet sehr viele kurze Sätze, welche sehr belebend auf die Geschichte wirken.

Luisa ist ein sehr trauriger Charakter. Ihr Bruder ist gestorben und anstatt zu trauern, ziehen ihre Eltern mit Luisa kurzerhand nach Berlin um. Sie hätte gerne das Grab ihres Bruders besucht, um sich richtig von ihm zu verabschieden, aber ihre Eltern zwingen sie dazu, ihre Gefühle zu unterdrücken.

Die Geschichte beinhaltet wichtige Themen, mit denen wohl jeder früher oder später im Leben konfrontiert wird. Es geht um Verzweiflung, um Liebe, um Leid, um Tod, aber letzten Endes auch um die Hoffnung. Es wird geschildet, wie man die Hoffnung niemals verlieren sollte, auch wenn die Situation noch so aussichtslos scheint. Wenn man jemanden hat, der zu einem steht und mit einem kämpft, dann steht man alles durch. Dieser Jemand ist für Luisa Thursen, den sie droht auch für immer zu verlieren. Er hat sich vor langer Zeit dazu entschlossen, ein Wolf zu werden, und nie mehr in sein altes Leben zurückzukehren. Die Gruppe von Werwölfen, mit denen er gemeinsam im Wald lebt, besteht aus Jugendlichen, die in ihrer Vergangenheit viele schreckliche Dinge durchgemacht haben, sodass sie sich das Leben nehmen wollten. Sie haben sich alle dazu entschlossen, das Geschehene hinter sich zu lassen und ein verkürztes Leben in Wolfsgestalt zu führen.

Für Luisa ist Thursen der Fels in der Brandung und für Thursen ist Luisa die einzige Verbindung, die er noch zum Menschsein hat. Ohne sie hätte er sich niemals zurückverwandelt und so kämpft er um jede gemeinsame Minute, die er noch mit ihr verbringen kann. Sie wissen beide, dass sie sich bald verlieren werden, doch kämpfen sie, um zusammen zu bleiben. Das Werwolfsthema wird hier einmalig und vor allem neu umgesetzt. Ein Wolf zu werden, um zu vergessen, ist eine neue Idee und sehr überzeugend. Das Äußere der Werwölfe verblasst, je öfter sie sich verwandeln, was die verschwindenden Erinnerungen gut symbolisiert. Auch das hier genannte "Heilmittel", welches eine Rückverwandlung zum Menschen gewährleistet, hat man in dieser Form sicherlich noch nicht erlebt.

Es gibt nur einige kleine Kritikpunkte, die mich ein wenig gestört haben. Es bleiben zwei, drei Fragen offen, die gut und gerne hätten beantwortet werden können. Vielleicht gibt es die Aufklärung in Band 2, der hoffentlich nicht allzu lange auf sich warten lässt. Zum Glück gibt es keinen bösen Cliffhanger am Ende des Buches, was einen das Warten ungemein erleichtert. Desweiteren lernt man Luisa nicht so gut kennen, wie man gerne würde. Es dreht sich bei ihr alles nur um ihren verstorbenen Bruder und ihre Liebe zu Thursen. Man würde gerne etwas mehr darüber erfahren, was sie früher für ein Mädchen war. Die Stellen, in denen Luisa sehr genau den Schmerz und den Leid von sich und den Wölfen umschreibt, ziehen den Leser runter.

Die Themen, die Nora Melling in der Geschichte anspricht, regen zun Nachdenken an. Man kann nicht sofort zu einem neuen Buch greifen, da man sehr viel überlegt und sich bewusst wird, wie kostbar das Leben eigentlich ist und dass man für jedes Problem eine Lösung finden kann. "Schattenblüte" zeigt auf, wie wichtig es ist, in schwierigen Situationen jemanden zu haben, auf den man sich verlassen kann und der einen auffängt, wenn man fällt.

Fazit

Mit "Schattenblüte. Die Verborgenen" ist Nora Melling ein großartiger Debütroman gelungen, der alle Aspekte des Lebens abdeckt und zugleich eine tragisch-romantische Liebesgeschichte erzählt. Ein vielversprechender Auftakt, der Werwölfe in ein ganz anderes Licht rückt und einfach nur süchtig macht. Daumen hoch!

Sanny Binder - myFanbase
18.12.2010

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