Bewertung

Review: #3.11 Mitgehangen

Man zeigt uns "How to Get Away with Murder" in diesem Jahr von einer ganz anderen Seite. Zuvor standen Annalise und Co. immer über den Dingen. Sie hatten die Oberhand und bestimmten die Richtung, in die sich alles entwickelte. Mit Annalise im Gefängnis und einer scheinbar hoffnungslosen Situation steht nun alles Kopf und es ist wahnsinnig spannend zu sehen, wie die Charakter mit dem veränderten Gleichgewicht umgehen.

Einige Personen wachsen unter Druck, während andere ihm nicht standhalten. Michaela gehört auf jeden Fall in die Kategorie Standhaftigkeit. Denn auch wenn alles um sie herum zusammenbricht und sie gerade einen wichtigen Menschen aus ihrer Mitte verloren haben, verliert Michaela nicht den Kopf. Vergleicht man ihre Haltung gegenüber Hargrove mit ihrer ängstlichen Art aus Staffel 1, kann man nicht anders als Michaela zu diesem Sprung zu gratulieren. Sie bietet Hargrove auf erstaunlich direkte Art die Stirn und steht ihrer Dozentin bei, womit sie Annalise alle Ehre macht. In Staffel 1 war Annalise Michaelas großes Vorbild, doch mit dem Mord an Sam und im weiteren Verlauf der Serie distanzierte sie sich immer mehr von Annalise. Nun rücken alle wieder näher zusammen und Michaela stellt dabei einen zentralen Punkt dar. Sie ist die einzige der Studenten, die zu jedem einen guten Draht hat und ich könnte mir gut vorstellen, dass aus ihr das neue Herzstück der Serie wird. Indem sie sowohl Asher als auch Connor und Laurel eine Schulter zum Anlehnen bietet, wirkt sie auf mich in dieser Folge wie ein ruhender Pol, an dem die Schockwellen der Episode kraftlos abprallen.

Im krassen Gegensatz dazu steht Annalise, die in all dem keinen Ausweg sieht. Viola Davis wächst wieder einmal über sich hinaus und zeigt uns Annalise so mutlos wie nie zuvor. Sie hat einen gebrochenen Blick in den Augen, lässt die Schultern hängen und kann sich wahrscheinlich eben so wenig wie der Zuschauer vorstellen, wie es ein Entkommen aus dieser Lage geben soll. Dass sich Annalise als Zeichen ihrer Niederlage die Haare abschneidet, zeigt, dass man ein neues Kapital aufgeschlagen hat. Die Vorzeige-Annalise im schicken Kleid mit schlagfertigen Argumenten gibt es nun nichtmehr. Stattdessen präsentiert man uns eine wegen Mordes im Gefängnis sitzende Frau, die sich ihrer Umgebung anpasst. Wozu hübsch aussehen? Wozu langes Haar, künstliche Wimpern und Lippenstift? Annalise lässt die Schönheitsideale einer Frau wieder einmal hinter sich und unterstreicht dadurch optisch wunderbar die Charakterentwicklung, die sie gerade durchmacht.

Ich frage mich wirklich, was für einen Weg man finden will, um zum Ende der Staffel befriedigend mit diesem Chaos abzuschließen. Es erschien als die einfachste Lösung, Frank für alles vorzuschieben. Damit hätte man nicht nur Annalise gerettet, sondern auch gleichzeitig angefangen, sein Fehlverhalten aus der Vergangenheit gut zu machen. Einerseits bin ich erleichtert, dass man diesen Weg nicht gewählt hat, denn es würde "How to Get Away with Murder" nicht ähnlich sehen, die leichteste Variante zu wählen. Doch andererseits ist es wirklich schwer, sich vorzustellen, welchen anderen – und dennoch logischen – Weg man nun einschlagen will. Schließlich geht es hier nicht nur um die Auflösung zum Mord an Wes, es sind eher die ganzen anderen Verbrechen, die von Annalise und Co. begangen haben und die so sorgfältig vertuscht wurden, bei denen ich mir nicht vorstellen kann, wem man sie sonst zur Last legen könnte.

Besonders gespannt bin ich auch darauf, ob man den Mord an Wes und die weiteren Morde der Serie zusammenführt und ob der Täter vielleicht der Drahtzieher hinter Annalises Inhaftierung ist. So könnte ich mir vorstellen, dass einer der Mahoneys oder vielleicht Hannah Keating Ermittlungen gegen Annalise angestellt hat, die nun der Staatsanwaltschaft vorliegen. Der Mord an Wes wäre daher kalt berechnend und Mittel zum Zweck, um Annalise zu Fall zu bringen und sich an ihr zu rächen. Schade wäre dabei allerdings, dass weder die Mahoneys noch Hannah Keating ein handfester Teil der Serie sind und so würde es wirken, als zaubere man hier einfach einen Gegner aus dem Hut.

Die Flashbacks machen in dieser Episode nicht nur Frank sondern auch Bonnie verdächtig. Es macht wirklich Spaß, in jeder Folge dem Rätsel um den Mord an Wes einen Schritt näher zu kommen und sich ein wenig in die Irre führen zu lassen. Es sind nur noch drei Episode bis zum Staffelfinale und es gibt rund um die Mordnacht noch sehr viel zu erkunden. Schön ist auch, dass man keinen kalten Entzug von Wes bekommt, sondern ihn ganz sanft aus der Serie schwinden sieht. In der letzten Episode gab es durch die Erinnerungen der Studenten noch viele Momente mit ihm, doch dieses Mal sieht man Wes nur zum Beginn und zum Schluss der Folge, wodurch er schon etwas weiter in die Ferne rückt. Es wird sicher schmerzlich, wenn wir uns am Ende der Staffel endgültig von ihm verabschieden müssen.

Ranznotizen

  • In Sachen Nate und seiner Position bin ich mir nicht recht sicher, wo er einzuordnen ist. Er kann und will sich nicht von dem Fall fern halten, doch auf die Seite von Annalise kann und will er sich genau so wenig schlagen. Zwar waren Annalise und Nate nie mein Lieblingspaar, ich fand jedoch, dass die beiden eine gute Chemie haben und würde mir wünschen, dass sie zum Ende der Staffel hin wieder zu einander finden.
  • Was war nun die Todesursache? Zuerst hieß es, dass Wes vor dem Brand ums Leben gekommen ist, dann wurde gesagt, dass er im Feuer gestorben ist, doch Nate scheint der festen Überzeugung zu sein, dass dies eine Lüge ist. Hat Atwood tatsächlich die Autopsie-Ergebnisse beeinflusst? Es würde zwar durchaus zu ihrem Rachefeldzug gegen Annalise passen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie so tief sinkt.
  • Dass Oliver nun vollwertiges Mitglied der Keating-Gang zu sein scheint, bietet eine spannende Neuerung. Er hat bereits bei Phillip bewiesen, dass er risikofreudig ist, doch ich kann mir auch gut vorstellen, dass ihm der Druck zu groß wird und dass er sich mit seinem Wissen doch noch an die Polizei wendet. Sehr gut gefallen hat mir auch die vorsichtige Annäherung zwischen Oliver und Connor. Zwischen den beiden stehen nun nichtmehr allzu viele Geheimnisse und indem diese Kluft überwunden wurde, haben sie die Chance auf einen Neubeginn, den sich wohl jeder für die beiden wünscht.
  • Asher stellt, wie schon so oft zuvor, einen guten Ausgleich zur angespannten Stimmung der Folge dar. Mit einer kleinen Geste kann er nicht nur Michaelas Verspannungen lösen, sondern entlockt den Zuschauern ein Lachen und gibt einem das Gefühl, dass alles wieder gut werden wird.
  • Wie wird es mit Meggy weitergehen? Ihre Freundschaft zu Laurel fand ich durchaus etwas skurril, schließlich hat sich Wes kurz nach dem Ende der Beziehung mit Laurel eingelassen. Dass sie nun ein so großes Interesse an Laurel und den Mordentwicklungen an den Tag legt, wirkt durchaus verdächtig.
  • Dass Laurel eine Falschaussage gegen Frank gemacht hat, wird ihr sicherlich noch zum Verhängnis werden.
  • Warum befindet sich Laurel so lange im Krankenhaus und litt starke Schmerzen? Eine Rauchvergiftung wird doch in der Regel nicht mit Schmerzmittel behandelt oder?

Fazit

Jeder der Schauspieler hat in dieser Folge dazu beigetragen, den Zuschauer noch neugieriger auf die Auflösung der Geschichte zu machen. Man stimmt uns gleichzeitig hoffnungslos und hoffnungsvoll, wodurch man sich regelrecht aufgekratzt fühlt.

Marie Florschütz - myFanbase

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