Bewertung

Review: #6.02 Der Mann im Keller

Foto: Claire Danes, Homeland - Copyright: 2017 Twentieth Century Fox Home Entertainment
Claire Danes, Homeland
© 2017 Twentieth Century Fox Home Entertainment

#6.02 The Man in the Basement hat den Stein langsam aber sicher ins Rollen gebracht. Es wird zumindest etwas klarer, wohin die Reise in dieser "Homeland"-Staffel gehen könnte. Einige Handlungsstränge kamen hinzu, andere wurden vertieft. Was bleibt, sind Fragen, die sehr viel Lust auf die kommenden Episoden machen.

"You saved me? Why?"

#6.02 The Man in the Basement beginnt mit dem Wiedersehen eines guten alten Bekannten: Max ist wieder da und unterstützt Carrie bei der 'Betreuung' von Quinn. Der lebt nun also in Carries Haus und ist der dieser Episode ihren Titel gebende "Mann im Keller". Das klingt nach Versteck. Als ob er eingesperrt wäre. Und in gewisser Weise ist er das auch. Da wäre einmal das Offensichtliche: Carrie hält ihre Tochter Franny von Quinn fern. Quinn selbst igelt sich im Keller ein und hört irgendwelchen Verschwörungstheoretikern im Radio zu. Und dann wäre da noch die Sache mit seinem Körper, der nicht so will, wie er es möchte. Der epileptische Anfall, die Lähmung, er ist einfach nicht mehr der Quinn von früher, sondern nur ein Schatten seiner selbst, was nach all dem, was er durchgemacht hat, verständlich ist – und im Übrigen wahnsinnig gut von Rupert Friend gespielt! Nicht ganz nachvollziehbar war, warum Carrie Quinn das Video gezeigt hat. Bringt ihm das etwas? Würde man jemanden, dem es nicht gut geht, nicht eigentlich vor einem solchen Anblick bewahren? Versteht Quinn überhaupt, was mit ihm passiert ist? Erinnert er sich daran? Wie viel des alten Quinns steckt eigentlich noch in ihm? Oder hat er so schweren Schaden davon getragen, dass sein ganzes altes Leben quasi kaum noch für ihn existiert? Dass er Carrie fragt, warum sie ihn gerettet hat, lässt zwei Interpretationen zu: Entweder er weiß nichts mehr von seinen Gefühlen für sie. Oder aber er fragt sich, warum sie ihn gerettet hat, wenn er doch eigentlich schon tot war und nicht mehr hätte leiden müssen. Vielleicht ist es eine Mischung aus beidem. Quinn ist in jedem Fall nicht mehr der toughe Quinn aus den vorherigen Staffeln. Als Zuschauer muss man sich daran erst einmal gewöhnen. Er ist undurchschaubarer geworden. Man weiß nicht mehr so recht, was es mit seiner Figur eigentlich auf sich hat. Was könnten die Autoren mit ihm in dieser Staffel vorhaben? An irgendeiner Stelle wird er wahrscheinlich für die übergeordnete Handlung bedeutsam werden, sonst hätte man ihn tatsächlich aus der Serie schreiben können… Welche Stelle das ist und um welche Art von Bedeutung es sich handelt – da lassen sich die "Homeland"-Macher im Moment noch nicht in die Karten schauen. Ein guter Anfang ist, dass er bei Carrie Unterschlupf gefunden hat und wir, anders als im Staffelauftakt, nicht mehr mitansehen müssen, wie er an zwielichtige Gestalten gerät. Trotzdem ähnelt seine Geschichte immer noch sehr der von Brody: der gefallene Held, der richtig tief sinkt, sich dann noch einmal aufrappelt, nur um dann doch seinem Ende entgegenzugehen. Auch wenn Quinn nicht Brody ist, sind die Parallelen doch gegeben. Gerade deshalb wäre wünschenswert, dass Quinn nicht das gleiche Schicksal ereilt wie Brody…

"Get him to take the money."

Während Quinns Storyline sich bislang noch nicht in das Gesamtbild der Staffel einfügt, sondern im Moment eher noch einen Nebenstrang zur Haupthandlung darstellt, wurde die Geschichte um Sekou Bah in dieser Episode um einiges spannender. Denn tatsächlich scheint Sekou nur Mittel zum Zweck zu sein: Er wurde allem Anschein nach vom FBI in eine Falle gelockt. 'Züchtet' sich das FBI die Terroristen, die es dingfest machen will, etwa selbst heran? Werden bewusst 'anfällige' Personen gesucht, die sich manipulieren und zu etwas verleiten lassen, das sie von sich aus vielleicht gar nicht tun würden? Nur der vermeintlichen Prävention wegen? Im Fall von Sekou behauptet das FBI, er wäre drauf und dran gewesen, mit Terroristen gemeinsame Sache zu machen. Doch tatsächlich hat wohl das FBI mit Hilfe von Saad, der ihn anstacheln sollte, einiges dazu beigetragen. Eine richtig spannende und interessante Geschichte. Sekou und Saad veranschaulichen, worum es auf einer viel größeren Ebene geht: Um die Machenschaften der (fiktiven "Homeland"-) USA, um ihren Kampf gegen den Terror und die zweifelhaften Methoden, die dabei vermutlich angewendet werden. Und um Carrie, die diesen 'Bullshit' nicht mehr mitmachen will, aber immer wieder mittendrin steckt. In dieser Folge, eventuell sogar in der gesamten Staffel, schwingt also wieder jede Menge Systemkritik mit, wie sie aktueller nicht sein könnte. Sekou und Saad sind da nur ein kleines Licht. Tatsächlich geht's ums große Ganze.

"She's a menace." - "Maybe. Just not at the moment to us."

Für das große Ganze stehen beispielsweise und allen voran auch Dar Adal und Saul Berenson, die die CIA personifizieren. Ausgerechnet Saul. Und ausgerechnet Carrie, die sich immer mehr als CIA-Gegenspielerin entpuppt. Den größten Überraschungsmoment der Episode haben dann auch diese beiden geliefert. Saul besucht Carrie in ihrem neuen Büro. Der Zuschauer sieht Carrie, der Zuschauer sieht Saul, der Zuschauer denkt sich: "Okayyy… Mal abwarten, wie es aktuell um das Verhältnis der beiden bestellt ist…" Denn das ist ja immer ein Auf und Ab… Mal so, mal so. Im aktuellen Fall fällt die Begrüßung herzlich aus, eben wie von zwei guten alten Freunden. Doch der Umschwung kommt, als Saul Carrie deutlich macht, dass sie besser nicht als Beraterin der zukünftigen Präsidentin Elizabeth Keane fungieren sollte. Carrie zeigt sich von der Unterstellung getroffen. Man hat fast Mitleid mit ihr und meint auch zu sehen, dass es Saul Leid tut. Tatsächlich aber belügt Carrie Saul hier eiskalt. Denn sie berät die baldige Präsidentin sehr wohl! Carrie hintergeht Saul, während er ihr glaubt und vertraut. Die Beziehung der beiden ist so eigenartig. Sie ist so komplex und im Grunde fast schon herzzerreißend mitanzusehen. Privat sind sich beide unglaublich wichtig. Doch beruflich könnten ihre Welten momentan nicht weiter auseinanderliegen. Carrie kann mit der CIA nichts anfangen. Saul IST die CIA.

Trotzt aller Unstimmigkeiten halten sie sich aber doch den Rücken frei und legen ein gutes Wort füreinander ein, wenn es darauf ankommt – so wie in Carries Gespräch mit der zukünftigen Präsidentin oder Sauls Gespräch mit Dar Adal… Ist das nicht verworren?

Und da die Verworrenheit noch nicht reicht, setzt "Homeland" noch eins drauf: Dar lässt Carrie beobachten und weiß genau über Carries geheime Beraterfunktion Bescheid, behält diese Information aber für sich und erzählt Saul nichts davon. Aber warum? Im Grunde kann bei "Homeland" keiner keinem vertrauen. Alle haben Geheimnisse voreinander, selbst diejenigen, die in einem engen Verhältnis zueinanderstehen sollten. Stattdessen wirkt es, als wären sie Antagonisten und könnten sich im Verlauf von Staffel 6 gegenseitig das Leben schwer machen… Oder ist das alles nur geschickt von den Autoren eingefädelt und es steckt gar nicht so viel dahinter, wie man denkt? Diese Storyline ist jedenfalls unglaublich gut erzählt. Gemeinsam mit den Figuren steckt man als Zuschauer im Zwiespalt: Einerseits mag man die Charaktere, vertraut ihnen. Andererseits sind ihre Überzeugungen, ihre Intentionen so konträr, dass vollkommenes Vertrauen unmöglich ist. Wie sich diese Beziehungsgeflechte weiterentwickeln, weckt große Neugier auf die kommenden Episoden!

Fazit

Wurde uns in #6.02 The Man in the Basement der große Gegner dieser Staffel präsentiert? Kämpfen Saul/Dar und Carrie dieses Mal gegeneinander? In vorangegangenen Staffeln kam der Antagonist bislang von außen. Carrie & Co. sind gegen ihn (mehr oder weniger) gemeinsam vorgegangen. In "Homelands" sechstem Jahr könnte der 'Feind' wohl eher in den (ehemals) eigenen Reihen zu finden sein… Oder vielleicht doch ganz woanders?

Franziska G. - myFanbase

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