Bewertung

Review: #1.21 Der schwierige Teil

Foto: Santiago Cabrera, Heroes - Copyright: 2010 Universal Pictures
Santiago Cabrera, Heroes
© 2010 Universal Pictures

Bei Serien ist es wie mit einem verwöhnten Kind: Wenn man ihm ein Bonbon gibt, will es gleich einen ganzen Süßigkeitenladen. Wenn man einem Serienfan eine brillante Episode bietet, dann will er danach eine noch bessere, noch gewaltigere Episode. Und genau hier liegt der Knackpunkt, warum es so schwer ist, #1.21 Der schwierige Teil einigermaßen objektiv zu beurteilen. Mit einer Folge wie #1.20 als Vorgänger hat es #1.21 einfach verdammt schwer.

Die Rückkehr des Gabriel Gray

Insgesamt hatte #1.21 viele "Das kann doch nicht wahr sein!" Momente. Und das leider nicht unbedingt im positiven Sinne. Der erste DKDNWS-Moment ereilte mich gleich nach den ersten sechs Minuten. Sylar steht in Isaacs Loft und malt, Isaacs Leiche liegt noch frisch auf dem Boden herum. Als Sylar erkennt, dass er für eine Explosion verantwortlich sein wird, bei der viele Menschen sterben werden, kommen ihm plötzlich Gewissensbisse und er ruft Mohinder an, um ihn um Hilfe bitten.

"Hi Mohinder, hier ist Sylar!"

"Der Typ, der mich gestern fast getötet hätte, wenn nicht Peter 'Spongebob' Petrelli zufällig vorbeigekommen wäre??!"

"Sorry, wird nicht wieder vorkommen. Mohinder, ich bräuchte deine Hilfe!"

"Was gibt's?"

"Ich habe plötzlich Gewissensbisse, weil ich wahrscheinlich 0,07 Prozent der Erdbevölkerung auslöschen werde. Was soll ich tun?"

"Sylar, ich bin nicht Psychologe, sondern Genetiker. Besuch mal Jessica, die kann dir bestimmt helfen!"

Oder so ähnlich.

Wo ist der skrupellose Sylar, der seine Opfer abschlachtet, ohne mit der Wimper zu zucken? Wo ist der größenwahnsinnige Killer, der auch problemlos Menschen ohne besondere Fähigkeiten tötet, wenn es nötig ist? Wo ist der intelligente Psychopath, der Menschen manipulieren und durchschauen kann? WO?

Nirgends. Sylar ist zu einem Muttersöhnchen geworden. DKDNWS!

Wie Greg Beeman, Produzent und Regisseur bei "Heroes", in seinem offiziellen Blog erklärte, wollte man mit Episode #1.21, die als der erster Teil eines dreiteiligen Finales angesehen wird, die Weichen für das Grande Finale stellen. Man wollte alle Charaktere richtig positionieren, damit die Dinge dann ihren Lauf nehmen können. Bei Sylar wollte man anscheinend erklären, wieso er in der Zukunft plötzlich politische Interessen entwickelt hatte. Also schreckte man ihn ein bisschen auf, verwandelte ihn in Gabriel Gray zurück und schickte ihn zu seiner Mutter, die ihm dann natürlich sagen muss, dass er Präsident sein könnte.

Im Großen und Ganzen gefiel mir diese Idee nicht wirklich, doch die fantastische Leistung der Schauspieler, Zachary Quinto und Ellen Greene, machte sehr viel wieder wett. Die Szenen zwischen Sylar und seiner Mutter sind unglaublich intensiv und größtenteils wirklich gut geschrieben. Wir sehen, dass Sylar in einem sehr merkwürdigen Haushalt aufgewachsen ist, wahrscheinlich ohne Vater, dafür aber mit einer exzentrischen und verstörten Mutter, die Gabriel erst die Idee in den Kopf pflanzte, etwas Besonderes sein zu müssen. Die Art, wie Sylars menschliche Seite beleuchtet wird, ist gut gemacht, doch mir widerstrebt einfach die Idee eines menschlichen Sylars. Sylar hat nicht menschlich zu sein oder bemitleidenswert. Sylar soll einfach Sylar sein.

Doch verschiedene Szenen lockerten meinen inneren Widerstand durch ihre Genialität: Das Wiedersehen zwischen Mutter und Sohn ist bis ins kleinste Detail sorgfältig konzipiert worden. Details wie die kaputte Uhr von Sylars Vater, das Thunfisch-Sandwich, die Schneekugeln. Highlight: als Sylar eine lebensgroße Schneekugel für seine Mutter erschafft. Hier schimmert wieder die dunkle Seite des Gabriel Gray durch, der ganz besessen von seiner eigenen Macht ist. Und nachdem Gabriels Mutter schließlich auf tragische Art stirbt und er die Explosion mit ihrem Blut auf den Boden malt, da haben wir ihn wieder zurück: den kaltblütigen Sylar.

Molly Walker

Mit der Wiedereinführung des Charakters Molly Walker bekommt #1.21 einen dicken Kontinuitätspluspunkt. Das Mädchen aus #1.02, das sich unter der Treppe versteckte, war zunächst in der Versenkung verschwunden, wurde in #1.20 aber dann erstmals wieder erwähnt und tauchte in dieser Episode doch tatsächlich wieder auf! Molly, das süße Mädchen mit der erstaunlichen Gabe, den Standort jedes Menschen ausfindig machen zu können. Ding! Jetzt wissen wir also endlich, was das sagenumwobene "Walker System" ist.

Bennet, Matt und Ted – mittlerweile ein eingeschworenes Trio – wissen das allerdings noch nicht. Sie durchqueren den halben Kontinent, um das Walker System zu zerstören und wenn es sich für sie herausstellen wird, dass dieses System ein kleines süßes Mädchen ist, dann wird es interessant werden.

Interessant wurde es in dieser Folge auch bei Mohinder. Ein Charakter, bei dem ich lange Zeit bemängelte, dass er viel zu wenig Beachtung bekam. Nun endlich bekommt er sie: Zwar gab es wieder einen DKDNWS-Moment, als er plötzlich ankam und Thompson Forderungen stellte und dieser sie auch noch annahm (!), aber sei's drum. Dafür lieferte die Episode ein paar gute Szenen zwischen Mohinder und Molly und deckte die Geschichte um Shanti auf.

"The Sword is Broken!"

DKDNWS! Das Schwert ist kaputt. Das Schwert, für das man Hiro und Ando sechs Folgen lang quer durch Amerika schickte, ist zerbrochen. Ich bin unschlüssig darüber, ob das nun gut oder schlecht ist; Fakt ist jedoch, dass der ewig lange Storyarc rund um das Schwert nun irgendwie umsonst war.

Doch Hiro hat in dieser Folge eigentlich ganz andere Sorgen, als sein Schwert. Er wird mit einer großen Verantwortung konfrontiert, mit der er nicht klar kommt: Er soll einen Menschen töten, um viele zu retten. Doch er kann es nicht. Selbst als er erfährt, dass Sylar Ando töten wird, kann er es nicht. Wir sehen, wie weit Hiro noch von seinem zukünftigen Samurai-Ich entfernt ist, doch wir sehen auch, dass er der Person, die er am Anfang der Staffel war, nicht mehr ähnelt.

Hiros Schicksal beinhaltet eine gewisse Tragik. Hiro ist einer der liebenswürdigsten Charaktere der Serie und es grenzt fast schon an Ironie, dass ausgerechnet derjenige, der am harmlosesten von allen Heroes ist, die Aufgabe hat, Sylar zu töten. Wird Hiro es schaffen, sein Schicksal zu erfüllen?

"Be the one we need."

Bei den Petrellis passiert diesmal wieder einiges und hier sehen wir am deutlichsten, was Greg Beeman damit meinte, als er erklärte, dass in #1.21 Der schwierige Teil alle Charaktere in Position für das Finale gebracht werden sollten. Peter und Claire erkennen die Verbindung zu Ted, Claire sieht Thompson bei Nathan und Nathan wird von Mama Petrelli, die sich als Lindermans Kollegin herausstellt, endgültig davon überzeugt, dass die Explosion passieren muss. Eine ganz hervorragende Szene mit einer hervorragenden Cristine Rose.

Angela Petrelli ist also Teil des Großen Plans. Das ist cool. Doch ich versuche ständig, das Bild der sockenklauenden Mutter aus meinem Kopf zu bekommen, die wir in #1.01 kennen lernten. Ich habe es schon mal angesprochen, dass die Wandlung von Mama Petrelli einfach zu radikal ist, wenn nicht gar unmöglich. Während wir am Anfang eine etwas verlorene Mutter sahen, die ein Paar Socken stahl, um von ihren Söhnen ein bisschen Aufmerksamkeit zu bekommen, haben wir jetzt die knallharte Powerfrau, die New York in die Luft gehen lassen will.

Und wenn wir schon bei Familienzwisten sind, dann noch ein kurzes Wort zur Sanders Familie: Niki/Jessica und D.L. sind also ein Opfer von Lindermans Experimenten. Nette Idee. Einerseits ist das eine überraschende Wendung, andererseits fragt man sich aber, wieso Linderman das Leben der Sanders so zur Hölle machte, böse Jungs mit Waffen zu Niki schickte, um sein Geld einzuholen, Niki erst aus dem Gefängnis holte, nur um dann mit großem Aufwand Micah zu sich zu holen. DKDNWS?

Fazit: Ich will kein Bonbon

#1.21 Der schwierige Teil ist eine solide Episode, doch sie könnte besser sein. Von "Heroes" sind wir einfach den Süßigkeitenladen gewohnt, doch hier gibt man uns nur das Bonbon. Wahrscheinlich ist diese Folge im Zusammenhang mit #1.22 Erdrutsch und #1.23 Wie man einen explodierenden Mann aufhält nochmals um Einiges besser, da uns dann manches klarer erscheinen wird, doch isoliert betrachtet reicht es diesmal "nur" für 6 von 9 Punkten.

Maria Gruber - myFanbase

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