Review: #9.23 Vorbereitung auf den Sturm

Zwei Stürme rollen auf das Grey + Sloan Memorial Hospital zu: ein Gewittersturm, der Stromausfälle und fliegende Bäume verursacht, und ein Sturm der Entrüstung, mit dem zweifellos viele Zuschauscher der Serie auf Arizonas Fremdgehen reagieren werden. Nebenbei erleben wir noch einen musikalischen Heiratsantrag, Cristinas Erkenntnis, dass Owen fast ein Kind adoptiert hätte, einen halbtot geprügelten Jason Meyers sowie einen Moment des Bangens um McBaby - und all dies ist erst das Aufwärmprogramm fürs Staffelfinale.

Ein falscher Schritt

Meredith stolpert auf der Treppe und fällt einige Stufen hinunter, was sofort die schlimmsten Befürchtungen in allen Zuschauern weckt, die diese Serie lange genug verfolgen, um zu wissen, dass am Ende einer Staffel quasi alles passieren kann, nur nichts Gutes. Natürlich ist das Szenario von der schwangeren Frau, die eine Treppe herunterfällt, extrem klischeehaft. Da schwingt in die Besorgnis auch irgendwie Ärger mit hinein, dass nach neun Monaten, in denen Meredith sehr oft von Ängsten geplagt wurde, so ein dummes, stereotypisches Missgeschick passiert. Zum Glück aber ist McBaby unverletzt. Am Ende der Folge platzt bei Meredith die Fruchtblase, so dass wir uns nun auf eine sicherlich dramatische und emotionale Geburt inmitten eines Unwetters freuen dürfen.

April & Matthew - Das Musical

Der musikalische Heiratsantrag, mit dem Matthew April überrascht, kann mit vielen verschiedenen Attributen beschrieben werden: lustig, kitschig, süss, aufdringlich und tragisch. Der Antrag ist lustig, weil April anfangs wirklich völlig verwirrt ist, er kann als kitschig bezeichnet werden, da solche mit großem Aufwand inszenierten Liebesbekundungen fast immer kitschig sind, er wirkt süss, weil es eine amateurhafte, aber fröhliche, von allen Mitwirkenden lieb gemeinte Aufführung ist, und er hat etwas Aufdringliches an sich, weil die halbe Belegschaft des Krankenhauses zusieht und April in einer solchen Situation gar nicht anders kann, als anzunehmen. Die tragische Komponente ergibt sich daraus, dass es vermutlich überhaupt nie zur Hochzeit kommen wird, oder aber die Ehe sehr früh scheitert, denn da ist immer noch Jackson. Wenn zwei Hauptcharaktere einer Serie Gefühle füreinander haben, so kompliziert sie auch sein mögen, sind die Nebencharaktere fast immer chancenlos und nur dazu da, alles noch verworrener zu gestalten. "Grey's Anatomy" hat das selbst schon mehrmals praktiziert. Es spricht vieles dafür, dass Matthew letztlich für April das wird, was Finn damals für Meredith und Julia für Mark war: der auf den ersten Blick perfekte Partner, der sich so sehr bemüht, aber letztlich mit gebrochenem Herzen dasteht und auf Nimmerwiedersehen verschwindet.

Adoptionspläne

Die Tatsache, dass Cristina und Owen seit ihrer Scheidung wieder ein glückliches Paar sind, hat mich nie überzeugt, denn das grundlegende Problem ihrer Ehe, die Kinderfrage, wurde durch zwei Unterschriften auf einem Scheidungsdokument ganz sicher nicht gelöst. Das Thema konnte allenfalls aufgeschoben werden und dass dem so ist, zeigt sich nun. Owen war bereit, Ethan aufzunehmen, ohne Cristina mit ein zu beziehen, was Cristina nicht einmal von ihm selbst, sondern von Meredith erfährt. Auch wenn Ethans Vater aus dem Koma erwacht und Owens Pläne, den Jungen zu adoptieren, damit vom Tisch sind, ist die Signalwirkung groß. Cristina muss erkennen, dass Owen nach wie vor Kinder will und sie dabei nur ein Hindernis ist, dass er umgehen muss. Es wird Zeit, dass zwischen den beiden eine endgültige Entscheidung fällt.

Schlag auf Schlag

Die Wendung, dass Jo zwar von Jason übel zugerichtet wurde, er aber von ihr noch übler, reißt einen etwas aus der Lethargie, in die man angesichts der bisher sehr durchschaubaren und wenig mitreißenden Ereignisse um Jo und Alex gefallen war. Da Jo ohne Eltern aufwachsen und ihr ganzes Leben immer für sich selbst sorgen musste, ist es stimmig, dass sie sich zu wehren weiß und sehr heftig reagiert, wenn man sie angreift. Zum ersten Mal macht der Charakter Jo auf mich Sinn und weckt mein Interesse. Wer hätte das gedacht?

Bruch und Schluss?

Der größte Schock dieser Folge ist Arizonas Ehebruch, der zur Trennung zwischen ihr und Callie führen könnte. Nachdem Arizona die harte Zeit, die sie infolge des Verlustes ihres Beines erlebte, überstanden hat, setzt sie nun durch diese Affäre mit Dr. Lauren Boswell wieder absolut alles aufs Spiel: ihre Ehe, ihre Familie, ihre Freundschaften und ihr Ansehen. Warum das alles für eine kurzfristige Romanze? Das scheint absolut idiotisch zu sein, doch es finden sich durchaus Erklärungsansätze. Wenngleich Arizona nach außen hin wieder ganz die Alte zu sein scheint, gibt es in ihrem Inneren möglicherweise noch viel angestaute Wut, auch auf Callie, sowie Enttäuschung und Verzweiflung. Die selbstbewusste, tatkräftige Lauren erinnert Arizona sicherlich ein bisschen an ihr früheres Ich. Lauren überschüttet Arizona förmlich mit Komplimenten und Aufmerksamkeit, was auf einen Menschen, der seit noch nicht allzu langer Zeit körperlich behindert ist, eine starke Wirkung hat. Das Fremdgehen mit Lauren könnte im Ganzen eine Trotzreaktion von Arizona auf das Geschehene sein und damit zugleich eine Art Rache an Callie.

Das Prinzip des Rachesex' haben wir ja schon bei Owen erlebt, der sich mit einem ebenso dummen One-Night-Stand für Cristinas Abtreibung gerächt hat. Owen hat damals nichts dadurch gewonnen, nur noch mehr Kummer, und bei Arizona wird das wohl kaum anders sein. Bei allen psychologischen Erklärungen bleibt es letztlich doch eine Tatsache, dass Arizona einen schweren Vertrauensbruch begeht und damit neben Callie, die so hart für diese Ehe gekämpft hat, auch Sofia, die schon ohne Vater aufwachsen muss, verletzt. Ich rechne fest damit, dass Callie bereits in der nächsten Folge von Arizonas Tat erfährt.

Maret Hosemann - myFanbase

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