Bewertung

Review: #5.10 Das Testament

Foto: Josh Charles & Julianna Margulies, Good Wife - Copyright: Paramount Pictures
Josh Charles & Julianna Margulies, Good Wife
© Paramount Pictures

Auf ganze 100 Folgen hat es "Good Wife" mit Episode #5.10 The Decision Tree nun also geschafft und glücklicherweise hat man mit der Jubiläumsfolge auch wieder einmal bewiesen, dass die Serie dies trotz leider sehr geringem Zuschauerinteresse mehr als verdient hat. Denn es ist doch eher selten, dass man noch einmal in einer fünften Staffel, nach eben 100 Folgen derart in der Lage ist, Serienbestleistung abzuliefern. Aber "Good Wife" demonstriert das gerade, denn Season 5 schickt sich an, eine der besten, wenn nicht sogar die beste Staffel von "Good Wife" zu werden.

Und mit dem Herzstück dieser Episode, dem dramatischen Verhör von Alicia durch Will, demonstriert man wunderbar, woran man diese Qualität festmachen kann. Neben den lange bekannten Stärken wie dem gut aufgelegten Hauptcast, den Laune machenden immer wieder kehrenden Gastdarstellern und dem immer wunderbar humorigen Ton ist es diese Tragweite der Emotionen, die in dieser Staffel die Serie noch einmal über sich hinaus wachsen lässt. Das Gefühlschaos zwischen Will und Alicia gehört zu den Grundpfeilern der Serie vom Beginn an, aber mit der Entscheidung diese beiden derart aufzubrechen und die daraus resultierenden verletzten Gefühle wirklich in allen Facetten zu thematisieren, hat man etwas einzigartiges geschaffen. Und das hat sehr viel damit zu tun, dass wir als Zuschauer eben schon mehrere Jahre Zeuge ihrer Freundschaft und Liebe sind. Da tut eine derart genial zusammengestellte Szene wie der Mittelpunkt dieser Episode, in der sich Will auf eine Zeugenbefragung Alicias vorbereitet, die alte Wunden wieder aufbrechen lässt, uns ebenso weh wie ihm. Allein für sich betrachtet ist dieser Moment schon ein kleines Meisterwerk, wie der Dialog in Realität und Fantasie ineinander greift, wie dabei gleichzeitig wie nebenbei die Methode einer Zeugenbefragung verdeutlicht wird, und wie der Schnitt neben dem großartigen Drehbuch und den gewohnt souveränen Darstellerleistungen eine weitere erzählerische Ebene bildet. Man muss an der Stelle wirklich die unheimlich innovative und nie langweilige Kameraarbeit und eben die danach eingesetzten Schnittmethoden loben, die einen großen Beitrag daran haben, dass "Good Wife" immer frisch und überraschend bleibt. Aber all diese Methoden sind "nur" der Mittel zum Zweck, der den emotionalen Paukenschlag, den diese Konfrontation zwischen Will und Alicia hier darstellt, vorbereiten.

Allein diese Szene, die so viel Gewicht sowohl für Will als auch Alicia trägt, und in der so viele Details eingeflossen sind, hätten der Episode die volle Punktzahl verdient. Sie ist wirklich eine Meisterleistung. Wir erlangen Klarheit über Wills Gefühlszustand, erfahren alles über seinen Ärger auf Alicia, dennoch bietet diese Klarheit immer noch unheimlich viel Raum zur Interpretation, die jeder Zuschauer mit seinen eigenen Assoziationen nach einem solch bitteren Ende einer Liebe füllen kann. Wills Ausbruch " Stop it. I don't like it when you're weak." sagen so viel über seine Einstellung zu Alicia aus, zumal sie bei ihrer wirklichen Gegenüberstellung keinerlei Anzeichen von Schwäche zeigt. Im Gegenteil, sie schlägt Will mit ihren eigenen Waffen, ihrem Wissen über die Lockhart/-Gardner-Schwächen. Und es ist ein Zeichen seiner eigenen Schwäche, dass er in seinem Phantasie-Verhör Alicia vorwirft, sie habe ihn nur verführt, um seine Klienten zu stehlen. Aber ist es nicht auch normal für den Verlassenen, das er die Ex-Freundin viel diabolischer und gemeiner macht, als sie wirklich ist? In der Realität ist es meist viel komplizierter und auch hinter verletzenden Tatsachen stecken oftmals wohlwollende Absichten.

Die Autoren von "Good Wife" wissen dies und die Komplexität des Lebens wird hier auch darüber zum Ausdruck gebracht, dass in den Erinnerungen ganz bewusste Veränderungen an der Gardarobe der Protagonisten vorgenommen wird. So trägt Alicia in ihrer Erinnerung ein anderes Oberteil als in Wills und in seiner Version des Kreuzverhörs tragen sie noch einmal ihre Outfits aus dem Staffel-2-Finale. Ich ziehe den Hut vor dieser Detailtreue und dem Einfallsreichtum, den diese repräsentiert.

Es gibt nur einen Grund, warum diese Episode leider doch keine vollen Punkte erhalten kann und das ist leider wieder einmal der Kalinda-Handlungsstrang. Ich muss dazu auch nicht viel sagen, außer dass die Konstellation von Kalinda zu Damian viel zu sehr an Blake Calamar oder auch ihren verschwundenen Ehemann erinnert, ebenso wie die junge Polizistin Lana 2.0 ist. Da muss mehr kommen, um das Prädikat: Erste sinnvolle Kalinda-Storyline ohne Beteiligung Alicias zu verdienen.

Alles andere war in dieser Episode aber superb. Angefangen von Elis ständigen Panikreaktionen auf Peters Verhalten, über die ich mich köstlich amüsiert habe. Auch Marylins Part in der Geschichte hat Spaß gemacht, zumal ich absolut nicht daran glaube, dass ihr plötzlicher Wunsch, das Baby Peter zu taufen irgendetwas mit unserem Peter zu tun hat. Auch all der andere Spaß rund um die Weihnachtsparty war hochamüsant und gelungen, die beiden Großmütter, Zachs köstliche Bemerkung zu Alicia über Lemond Bishop (" Sometimes I think of you as mom, and other times just as this interesting person who lives in our house."), ebenso wie John Nobles Rückkehr und Clarke Haydens erstes Verhör vor Gericht. Neben der genialen Befragungsszene von Will und Alicia verblassen all diese Dinge aber, denn die wird in die Geschichte der Serie eingehen als "Good Wife" at its best.

Cindy Scholz - myFanbase

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