Bewertung

Review: #5.09 Der Tanz der Drachen

Foto: Stephen Dillane, Game of Thrones - Copyright: 2015 Home Box Office, Inc. All rights reserved.
Stephen Dillane, Game of Thrones
© 2015 Home Box Office, Inc. All rights reserved.

Abgeschlagene Gliedmaße, heimtückischer Verrat, Folter, Vergewaltigung - an Brutalität und Grausamkeit hat es in "Game of Thrones" noch nie gemangelt. Doch selbst in Zeiten der tiefsten Dunkelheit, der größten Angst gab es in Westeros zumindest ein Band, das stets in Ehren gehalten und verteidigt wurde: Das Band zwischen Eltern und ihren Kindern. Mit der Folge #5.09 The Dance of Dragons haben uns die Serienmacher nun auch diese letzte, sichere Institution genommen. Wer das Spiel der Throne gewinnen will, muss über Leichen gehen. Selbst - oder gerade! - wenn sie vom eigenen Blut sind.

Von der Ausweglosigkeit der Schicksals

"We march to victory or we march to defeat, but we go forward"- dieses Credo ließ Stannis in #5.07 Das Geschenk verlauten. Doch jetzt wo seine Männer an Kälte wie Hunger sterben und Ramsay Boltons Schergen ihnen zusetzen, herrscht tödlicher Stillstand. Der letzte große Baratheon sitzt in der Falle, gefangen im Norden. Wieder scheint nur eine Person noch Aussicht auf Erfolg zu versprechen: Und Melisandre fordert von Stannis diesmal alles. Sein Herz. Sein Blut. Seine absolute Hingabe. Dafür muss er seinen treusten Gefolgsmann Davos wegschicken, wohlwissend, dass dieser sich mit aller Macht gegen das Geschehen stellen würde; zum anderen muss er sein einziges Kind der Roten Frau und ihrem Gott überlassen.

Geschickt bauen die Drehbuchautoren diesen Spannungsbogen auf: Stannis, der nicht zulässt, dass Davos Shireen zur Mauer mitnimmt. Davos, der sich von Shireen verabschiedet und ihr einen hölzernen Hirsch schenkt, das Zeichen ihrer Familie und ihres Platzes in der Welt. Abschließend Stannis' Gespräch mit seiner Tochter, die im jegliche Hilfe anbietet, ohne sich ihres bereits besiegelten Schicksals bewusst zu sein.

Nicht nur Shireens durchdringende Schmerzensschreie machen ihren Opfertod zum inhumansten Gewaltakt der bisherigen Staffeln. Vielmehr geht es um die Frage, was man bereit ist, für sein Ziel zu opfern. Mit seiner Tochter überlässt Stannis den wohl gutherzigsten und reinsten Menschen dem Feuer. Einen Menschen, für dessen Überleben er noch vor nicht langer Zeit Berge versetzt hat. Shireen hat es nicht 'verdient', zu sterben. Einzig ihre Abstammung hat sie zum Tod verdammt. Und der Familienname hat in "Game of Thrones" noch jedes Schicksal besiegelt.

Eine unwirkliche Tat, die visuell fesselnd gespiegelt wird: Melisandre, ihrer Sache sicher, zeigt keine Gnade, während die halberfrorenen Soldaten kaum den Blick heben können. Stannis erscheint erst nach mehrmaligem Rufen seiner Tochter auf der Bildfläche, gezeichnet vom Kampf mit den eigenen Emotionen. Stephen Dillane glänzt hier mit einer großartigen Leistung: So kühl und beherrscht sein Stannis sonst sein mag, hier lässt er das Innere, die Zerrissenheit seiner Figur hervor blitzen. Kann dieses Opfer wirklich spurlos an ihm vorüber gehen? Ist Melisandre nun aber für Selyse, die am Feuer zusammenbricht, zu weit gegangen? Und wird sich die Prophezeiung mit diesem größten aller möglichen Blutopfer erfüllen?

Die Flucht als einziger Ausweg

Nicht nur Stannis hardert in "The Dance of Dragons" mit seinem Schicksal, auch Daenerys sieht sich in eine Falle gedrängt. Anders als Stannis stellt sie sich jedoch nicht den verheerenden Konsequenzen, sondern - flieht. Sicher: Drogons Auftauchen und Danys Flug auf dem Drachenrücken sind eindrucksvoll umgesetzt und gehören zu den atemberaubendsten Momenten der fünften Staffel. Und sicher: Buchleser haben dieses Ereignis kaum erwarten können. Dennoch: Wirkt es nicht so, als würde Dany einfach dem ganzen Ärger entfliehen? Ohne Zurückzublicken lässt sie etwa Daario, Tyrion, Jorah und Missandei zurück, die noch umzingelt von Harpyien in der Kampfarena stehen.

In dieser Episode stehen sich zwei absolut gegensätzliche Thronanwärter gegenüber - nicht nur was die Beliebtheit beim Publikum anbetrifft. Auf der einen Seite Stannis, der mit eisernem Willen und ohne Rücksicht seinen Weg beschreitet. Auf der anderen Seite Dany, laut Tyrion Westeros' größte Hoffnung, die jedoch ihren Platz in der Welt, ihren Weg noch nicht gefunden hat.

Dany bleibt schlussendlich nichts anderes übrig, als Meeren zu verlassen. Die Überzahl an Harpyien in der Arena verdeutlichte einmal mehr, was ein Großteil der Bevölkerung von ihrer Regentschaft hält. Die Leidenschaft und Treue, die die Herrscherin bei einigen wenigen wie etwa Jorah wecken kann, überträgt sich noch nicht auf eine ganze Stadt, geschweige denn einen ganzen Kontinent. In Essos scheint der letzte Nachkömmling der Targaryens an seine Grenzen gestoßen zu sein. Was bleibt, ist ein Neuanfang.

Gerade deswegen hätte man ihr als Zuschauer mehr Zeit mit Tyrion als Lehrmeister des Herrschens gegönnt. So blieb für den Lannister in "The Dance of Dragons" nicht vielmehr übrig als beim - sagen wir's mal, wie es ist, 'Schwanzlängen-Vergleich' zwischen Hizdahr zo Loraq und Daario Naharis die Augen zu rollen oder über die Rückkehr von Jorah und das Auftauchen des Drachen eben jene vor Überraschung weit aufzureißen. Achja, Missandei darf er auch retten. Apropos: Was ist eigentlich aus ihrer Storyline mit Grey Worm geworden?

Am Scheideweg

Im Vergleich zu diesen beiden Storylines wirken die anderen Handlungen der Episode fast schon wie Randnotizen - die einiges an inhaltlicher Sprengkraft, aber leider auch wenig subtile Erzählmechanismen und vertane Chancen beinhalten.

Da ist zum einen Jon Snow, der mit den Wildlingen an der Mauer ankommt und dem trotz sichtbaren Bedenken auf allen Seiten dennoch das Tor geöffnet wird. Im Hof von Castle Black gibt es dann einmal mehr einen intensiven Blickkontakt mit dem über alle Maße enttäuschten Olly. Na, ob das nicht langsam etwas zu bedeuten hat?

Ähnlich offensichtlich wird Meryn Trant bei einer Stippvisite in Braavos mit seiner Vorliebe für junge Mädchen ein weiterer hassenswerter Grund mitgegeben, warum der Ritter der Königsgarde nun endgültig den Tod verdient hat. Schade, hätte doch dieses Aufeinandertreffen mit der Vergangenheit für Arya auch so genügend Sprengstoff geboten. Die jüngste Stark-Tochter steht dennoch vor einer großen Entscheidung: Folgt sie als 'Niemand' dem Auftrag des gesichtslosen Gottes oder wendet sie sich als Arya endlich der langersehnten Rache zu? Mit dem Auftauchen des 'alten Bekannten' knüpft dieser Handlungsstrang geschickt an das Geschehen in Westeros an, immerhin begleitet Trant den Meister der Münze Mace Tyrell bei seinem - nun ja, halbwegs professionellen Termin bei der Eisernen Bank.

In einer wirklichen Sackgasse steckt dagegen mehr und mehr die gesamte Handlung in Dorne, die auch in dieser Episode ohne nennenswerte Höhepunkte bleibt: Jaime kommt frei, Bronn kommt frei, Bronn bekommt eins auf die Nase, Ellaria schwört unter Tränen Doran Martell ihre Treue und die Sandschlangen schauen im Hintergrund gewohnt düster drein. Spannend könnte es erst werden, wenn Myrcella und Prinz Trystane tatsächlich mit Jaime nach Königsmund ziehen. Ob es aber soweit kommt, könnte dahingestellt sein. Immerhin scheint sich die Nachricht von Cerseis Verhaftung noch nicht bis in den äußersten Süden herumgesprochen haben.

Fazit

"The Dance of Dragons" ist eine recht durchwachsene Folge: Auf gewaltige Höhepunkte folgen fast schon ausgebremste Szenen. Alles in allem wird dennoch der Weg für ein furioses Finale geebnet.

Barbara Kotzulla - myFanbase

Die Serie "Game of Thrones" ansehen:


Vorherige Review:
#5.08 Hartheim
Alle ReviewsNächste Review:
#5.10 Die Gnade der Mutter

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "Game of Thrones" über die Folge #5.09 Der Tanz der Drachen diskutieren.