Bewertung

Review: #4.05 Der Erste seines Namens

Foto: Isaac Hempstead Wright, Game of Thrones - Copyright: 2013 Home Box Office, Inc. All rights reserved. HBO® and all related programs are the property of Home Box Office, Inc.; Sky
Isaac Hempstead Wright, Game of Thrones
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Man mag es kaum glauben, aber die Hälfte der vierten Staffel von "Game of Thrones" ist inzwischen erreicht! Die hiesige Episode rund um die Krönung von Tommen schlägt zwar deutlich ruhigere Töne an, doch gerade in den einzelnen Dialogen steckt unglaublich viel.

"Everywhere in the world they hurt little girls."

Zwar ist es Tommen, der in dieser Episode gekröhnt wird, aber einmal mehr sind es die weiblichen Charaktere der Serie, die im Vordergrund stehen und zeigen, dass ihr Zeitalter spätestens jetzt angebrochen ist. Seien es Cersei und Margaery in Königsmund, Dany in Mereen, Sansa in der Ehr, Arya und Brienne irgendwo auf den Straßen in Westeros oder die ehemals unterdrückten Frauen von Crasters. Sie alle nehmen ihr eigenes Schicksal in die Hand und sagen den Männern (teilweise zunächst indirekt) den Krieg an.

"Game of Thrones" wurde in letzter Zeit oftmals für die explizite Gewaltdarstellung, vor allem an Frauen, kritisiert. Auslöser dafür war vor allem die Vergewaltigungsszene zwischen Cersei und Jaime. Diesen lauthalsen Aufschrei, kann ich persönlich jedoch nicht wirklich nachvollziehen, da es zwar außer Frage steht, dass Frauen hier oftmals Opfer von Gewalt sind, aber gleichermaßen vereint die Serie auch einige der stärksten weiblichen Charaktere, die wir jemals gesehen haben. Dass diese sich in einer Männerwelt, einer Welt voller Gewalt und Unterdrückung, behaupten müssen, macht diese Charaktere nur noch stärker, faszinierender und realistischer!

Zum einen haben wir da natürlich Dany, deren Storyline nun hoffentlich endlich Fahrt aufnehmen wird, da sie nicht mehr von A nach B wandert und ihre Handlungen eigentlich nur wiederholt. Sie widersetzt sich den Ratschlägen all ihrer männlichen Berater und beschließt sich endlich mal als Königin zu behaupten. Aber nicht etwa im Krieg, wie viele es von ihr erwarten, sondern vielmehr als Regierungsoberhaupt, indem sie sich zunächst daran versuchen wird Mereen zu halten und zu beherrschen. Für mich eine wahrlich willkommene Abwechslung, denn nach drei Staffeln bekommen wir endlich mal eine neue Storyline für Dany, anstatt sie weiterhin dabei beobachten zu müssen, wie sie mit ihren Truppen irgendwo einmarschiert, neue Leute rekrutiert und das gleiche in der nächsten Stadt macht. Jetzt geht es wirklich mal darum zu zeigen, wie fähig sie als Königin ist. Denn eine Stadt zu halten, sich mit den Bürgern auseinander zu setzen, für Verpflegung in Kriegszeiten zu sorgen etc. – das sind alles Qualitäten, die wir bisher noch nicht von ihr gesehen haben. Und das ist eine Storyline auf die ich mich in jedem Fall freue.

Auch Cersei und Margaery schmieden ihre eigenen Pläne in Königsmund und zeigen deutlich, dass sie bereit sind alles zu geben, um an ihr Ziel zu gelangen. Während Margaery sicherlich bald den dritten König ehelichen wird – der hoffentlich nicht ebenfalls kurz nach der Hochzeit das Zeitliche segnet -, wird Cersei ihren Kleinkrieg gegen Tyrion sicherlich noch auf die Spitze treiben. Schön war es in diesem Zusammenhang noch einmal von Myrcella zu hören, die derzeit in Dorne verweilt und ein weiteres weibliches Opfer der politischen Machtspiele darstellt. Cersei und Margaery werden Königsmund sicherlich bald vollkommen unter ihren Fittichen haben. Die Frage wird dabei sein, ob die Frauen sich irgendwann zusammenschließen oder weiterhin einen Machtkampf untereinander austragen, der ihnen eventuell zum Verhängnis werden könnte.

Weniger politisch zeigen sich die beiden Stark-Töchter, die beide einen Weg finden müssen, um der Gefahr aus Königsmund zu entkommen. Beiden Mädchen wird ein erfahrener Begleiter an die Seite gestellt, was die Szenen unglaublich unterhaltsam und spannend macht. Arya wandert immer noch auf ihrem Rachepfad und erinnert sich selbst daran, dass auch ihr Begleiter auf ihrer Todesliste steht. Obwohl ich die beiden unglaublich stark und vor allem unterhaltsam zusammen finde, wird es sehr spannend zu sehen, wann Arya den Entschluss fasst sich von ihrem Begleiter zu trennen und ob sie dann wirklich Rache an ihm ausübt oder sie einen Weg findet, ihm seinen Mord an Micah zu verzeihen. Spannend sind auch die ganzen Szenen rund um Sansa, die sich zunächst in Sicherheit wiegte, als sie in der Burg ihrer Tante ankam. Doch Lysas Obsession zu Kleinfinger wird Sansa schnell zum Verhängnis und sie schlüpft zunächst wieder in ihre defensive Rolle zurück. Hier freue ich mich ungemein auf den Moment, wo Sansa zum ersten Mal auch wirklich offensiv handelt und ihre Naivität vollkommen ablegen wird. Ungemein interessant in diesem Zusammenhang ist natürlich auch Lysas Offenbarung, dass sie ihren eigenen Mann für Kleinfinger ermordet hat, und dadurch den ganzen Stein ins Rollen brauchte, der derzeit die sieben Königlande überrollt. Kleinfinger ist ein weitaus gefährlicherer Mann, als man es auch nur ansatzweise vermutet hätte. Seine einzige Schwäche scheint seine Liebe zu Sansas Mutter und nun eben zu ihr zu sein, sodass Sansas Rolle umso bedeutender ist bzw. werden wird.

"Know your strengths, use them wisely, and one man can be worth 10,000. "

Doch nicht nur der extreme Fokus auf die weiblichen Charaktere in dieser Episode deutet einen Umbruch in den altgewohnten gesellschaftlichen Strukturen innerhalb der Serienwelt von "Game of Thrones" an. Weit oben im Norden werden Crasters Frauen aus ihren Ketten befreit, schließen sich jedoch keinesfalls der Nachtwache an, sondern wollen ihr Schicksal fortan nicht mehr von Männern bestimmen lassen. Von diesem weiteren weiblichen Befreiungsschlag abgesehen, zeigt diese Szene auch deutlich, dass die alteingefahrenen Strukturen der Nachtwache so langsam aufgebrochen und modernisiert werden. Jon ist dabei die treibende Kraft, die meines Erachtens nach der Nachtwache zu neuem Glanz verhelfen kann. Dass dabei sicherlich nicht alles plötzlich verändert wird, steht außer Frage, aber zumindest bringt Jon hier einen Stein ins Rollen, der bitter nötig ist, um die sieben Königlande vor der drohenden Gefahr aus dem Norden zu beschützen.

In Königsmund bröckelt die Fassade der Lannisters dabei stetig weiter. Der Zusammenhalt der Familienmitglieder ist mit Joffreys Tod quasi vollkommen zerstört worden, da Tyrion nun im Gefängnis sitzt, Jaime sich auf die Seite seines kleinen Bruder geschlagen hat und Cersei somit immer mehr Hass gegen ihre beiden Brüder entwickelt. Zu allem Überfluss gesteht Tywin seiner Tochter, dass die glorreichen Zeiten der Familie schon längst passé sind und sie bis zum Hals in Schulden stecken. Erneut wird in dem Gespräch zwischen Tywin und Cersei die Iron Bank of Braavos erwähnt, sodass man hier sicherlich erwarten kann, dass diese 'mysteriöse' Bank einen bisher noch unsichtbaren Spieler darstellt, der eines Tages zum Zug kommen wird. Fest steht in jedem Fall, dass die Lannisters sich nicht mehr alle Freiheiten nehmen können, sondern mehr denn je auf ihre Bündnisse bauen müssen, was diesen dann natürlich wieder eine neue, bedeutendere Machtstellung verleihen könnte.

Ein weiterer Umbruch ist natürlich auch die Krönung von Tommen, der das absolute Gegenteil seines sadistischen (glücklicherweise toten!!!) Bruders Joffrey ist. Doch genau diese Unschuld von Tommen und das extrem junge Alter, werden ihm in seiner Rolle als König sicherlich im Weg stehen, da das Land ganz sicher eher von seinen Beratern, als von ihm selbst regiert werden wird. Man darf gespannt sein, wer das Regierungsruder an sich reißen wird und welche Auswirkungen dies auf Königsmund und den Rest der sieben Königlande haben wird. Hinzu kommt, dass Tommen sicherlich in der jetztigen Situation angreifbarer als jeder König zuvor ist. Das ganze Land liegt im Krieg und auf dem Thron sitzt ein unrechtmäßiger Kindskönig, dessen Familie kurz vor der Pleite steht und sich nur durch Bündnisse über Wasser halten kann, während aus allen Ecken und Enden des Landes immer noch Gefahr droht.

Persönliche Eindrücke und Randnotizen

  • Den Buchlesern unter den Zuschauern wird weiterhin ein vollkommen neues Erleben der Handlung im Norden bescherrt, da man sich hier vollends von der Buchvorlage gelöst hat. Mir persönlich bereiten diese Szenen dadurch umso mehr Spaß, da man hier eine interessante Handlung eingebaut hat, die aber dennoch nicht die Vorlage untergräbt.
  • Ich bin gespannt, inwieweit wir uns mit der hiesigen Staffel eigentlich von der Buchvorlage entfernen werden. In so vielen Handlungssträngen wurden mittlerweile kleine Änderungen eingeführt, die letztlich aber natürlich auch große Auswirkungen haben (könnten). Ich stehe dem Ganzen in jedem Fall sehr offen gegenüber, da ich es auch relativ spannend fände, wenn die Serie uns letztlich eine etwas andere Version, mit ggf. sogar anderem Ausgang, der Buchvorlage zeigen wird. Mal davon ab, dass es dann auch keine Gefahr gibt, sollte George R. R. Martin nicht zeitig genug die weiteren Bände beenden.
  • Bis zuletzt hat man doch irgendwie gehofft, dass Bran und Jon sich wenigstens einen kurzen Augenblick sehen, oder? Doch wie bereits bei Arya und Robb und Catelyn, ist es auch den beiden Brüdern vergönnt, sich in die Arme zu schließen. Es ist einfach zu grausam, was man uns Zuschauern und den Stark-Kindern antut. Dennoch freue ich mich schon sehr auf Brans weitere Reise, die jetzt hoffentlich richtig durchstartet.
  • Nachdem man letzte Episode noch glauben konnte, dass Locke hier ansatzweise sympathisch dargestellt werden soll, zeigt der Mann, der Jaime die Hand abgeschlagen hat, hier wieder sein wahren Gesicht und bekommt gleich die Quittung: Tod durch Bran in Hodors Körper!
  • Jedoch: Armer Hodor! Unser geliebter kleiner Riese wird von Bran mittlerweile so häufig 'besucht', dass das auf Dauer doch nur einen bleibenden Schaden hinterlassen kann – sofern das noch möglich ist. Verdient hat er es auf keinen Fall, auch wenn er natürlich ungewollt mal wieder zum Retter in der Not wurde.
  • Wenn das arme Mädchen von Craster durch die diversen Vergewaltigungen nicht eh schon geschädigt genug ist, sollte sie es spätestens jetzt sein, nachdem sie sehen musste, wie Jon ihrem Peiniger ein Schwert von hinten durch den Mund geschoben hat.
  • Die Szenen zwischen Brienne und Podrick sind zwar nett, aber leider genauso 'langweilig' wie bereits in der Buchvorlage. Hier hoffe ich auf eine sehr straffe Erzählweise, damit lieber die anderen Charaktere mehr Screentime bekommen.
  • Da hatte ich das kleine Ungeheuer Robin Arryn schon wieder aus meinem Gedächtnis verdrängt, und nun werden wir dieses grausame Kind wohl noch häufiger zu Gesicht bekommen. Sansa wird sich sicherlich auch gedacht haben, dass sie mit Tyrion eine um Längen bessere Partie abbekommen hat als ihr nerviger Cousin es jemals sein könnte. Man kann nur hoffen, dass Kleinfinger verhindert wird, dass Sansa und Robert wirklich einer gemeinsamen Zukunft entgegen blicken sollen.

Fazit

Die Episode mag zunächst etwas schwächer als die Episoden zuvor erscheinen, doch letztlich bilden der enorme Fokus auf die weiblichen Charaktere und die diversen Dialoge über Macht und Einfluss eine äußerst spannende und vielschichtige Episode. Die Vorbereitungen auf die nächsten großen Schlachten sind im vollen Gange und die Macher von "Game of Thrones" haben spätestens mit dieser Episode bewiesen, dass die kritischen Stimmen aufgrund des Umgangs mit Frauen in der Serie keinerlei Halt haben.

Annika Leichner – myFanbase

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