Bewertung

Review: #2.06 Alte und neue Götter

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Alfie Allen, Game of Thrones
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Der Titel "Alte und neue Götter" erweist sich hier nicht als direkter Hinweis, was man in dieser Episode erwarten kann, deutet aber darauf hin, dass man von allem etwas geboten bekommt. Nach der grandiosen letzten Episode und dem plötzlichen Tod von Renly geht es dieses Mal allerdings etwas bedächtiger weiter.

Winterfell

Wie sich zuvor ankündigte, will Theon mit einer Eroberung seine Macht unter Beweis stellen und nimmt daher Winterfell ein. Dies ist wahrlich eine guter Schachzug, beinhaltet aber wenig Mut sondern eher Taktik, wenn man bedenkt, dass die Burg ohnehin unbemannt ist. Sehr gut spiegelt die Enthauptung von Ser Rodrik Theons unsichere Herrschaft wieder. Ein wahrer Lord schlägt dem Feind mit einem Hieb den Kopf ab, Theon allerdings braucht gefühlte zehn Schläge, um Rodricks Kopf vom Rumpf zu trennen. Mit dieser Aktion wird Theon noch unsympathischer Theon, doch Alfie Allen gleicht diese Abneigung mit einem schauspielerischen Talent aus, das man, auch wenn man es sich fest vorgenommen hat, Theon diese Grausamkeit nachzutragen, nicht bestreiten kann. So stehen ihm die Abneigung seiner eigenen Tat und die Unsicherheit so überzeugend ins Gesicht geschrieben, dass man kurzzeitig sogar beginnt, Theon zu verstehen, obwohl man durch den großen Fokus auf die Familie Stark eigentlich eher Mitgefühl mit Bran und Rickon haben sollte, die so eben einen jahrlangen Freund und Beschützer verloren haben.

Doch Theons weiteres Laster, die Frauen, wirken dem schnell entgegen, da er sein Ding einfach nicht in der Hose behalten kann und sogar die ihm ungeliebte Osha nicht abweist. Es wird in dieser Episode recht deutlich, dass Theon nach Zuneigung und Anerkennung sucht, die er während seines Heranwachsens in Winterfell nie auf herzliche Weise bekommen hat und sich offenbar immer als Außenseiter empfand, obwohl man eigentlich meint, dass er zu mindestens von Robb, Jon und Bran wie ein Bruder behandelt wurde, auch wenn ihm die elterliche Liebe in seiner Kindheit fehlte. Mit diesem Schrei nach Aufmerksamkeit versucht er nun, den Stolz seines Vaters für sich beanspruchen zu können, der, wie man in den vorangegangenen Folgen bemerkte, ihn ebenfalls nicht als ebenbürtigen Teil der Familie betrachtet.

Oshas Motive bleiben weiterhin im Dunkeln, da sie in den letzten Folgen ihre Rolle in Winterfell zu akzeptiert haben schien, nun aber für einen Moment umstandslos die Seiten zu wechseln bereit ist, obwohl sich, in ihren Gesprächen mit Bran und ihrem Verhalten Hodor gegenüber, einige Zuneigung zu den Starks erahnen lies. Dieses Umschwenken wird mit dem Verrat an Theon und dem Halt zu den beiden Stark-Brüdern wieder außer Kraft gesetzt und nun ihre Zugehörigkeit zu dieser Familie untermauert, womit wiederum die Frage aufkommt, warum nun die Starks und was für sie den Reiz an dieser Familie ausmacht, nachdem sie unter Theons Herrschaft hätte frei sein können. Möglicherweise liegt es daran, dass sie Theons selbstgefälliges Verhalten Leid ist und Mitleid mit den zurückgelassenen Kindern hat. Auch wenn Oshas Absichten weiterhin eine Rätsel bleiben, lässt ihr Sympathisieren mit den Stark-Jungen sie nun viel reizvoller erscheinen, als sie es als dienender Flüchtling aus dem Norden war, nun aber scheinbar in eine ganz neue Rolle als Ersatzmutter für die beiden Jungen schlüpft.

Jenseits der Mauer

Hier bekommen wir zwar nicht viel Spielzeit geboten, doch auch die wenigen Minuten reichen aus, um die Erinnerungen an die Szenen lebhaft im Gedächtnis zu verankern. So bieten der Drehort Island wirklich eine eindrucksvolle Kulisse, die leider zu wenig ausgeschöpft wird, da man mit dem Anblick der vielen gewundenen Berge die Flucht Ygrittes noch viel anschaulicher hätte untermalen könne, wäre man mit den Kameraeinstellungen ein wenig flexibler und großzugiger gewesen.

Bei dieser neuen Konstellation von zwei Charakteren, die nun auf einander treffen, frage ich mich immer wieder, warum Ygritte so viel lächelt. Schließlich wurden ihre Kameraden ermordet und sie selbst befindet sich in der Gewalt eines Mannes der Nachtwache. Erkennt sie sogleich, dass Jon ein zu gutes Herz hat, um sie wirklich zu töten, oder weiß sie, dass ihm ein Hinterhalt bevor steht? Jons Verlegenheit dieser Wildlingsfrau gegenüber gibt ihm in dieser Folge einen netten neuen Anstrich, da er sich zuvor immer ernst gab und man in den Szenen mit ihm wenig zu Lächeln hatte, außer in Kombination mit Sam. Daher kann Jon diese Auflockerung recht gut vertragen, was außerdem die Frage aufgibt, ob er sich zu Ygritte hingezogen fühlt und er bereit wäre, seinen Eid zu brechen. Bedenkt man, dass er der Sohn von Eddard ist, beantwortet man diese Frage sogleich mit einem deutlichen "nein". Doch Ygritte scheint ihn seltsam unruhig zu machen, was wohl auch daran liegen mag, dass Jon noch nie zuvor mit einer Frau zusammen war, wodurch sich die Frage nach seiner weiteren Vorgehensweise noch lange nicht erübrigt hat.

Königsmund

Der Übergang von der Mauer zur Hauptstadt erfolgt mit den Bildern von Eis und Schnee zu Sonne und Meer bildlich sehr gut und unterstreicht sowohl die unterschiedlichen Ereignisse, als auch die Schweregrade er Aktionen, wobei im Norden Zusammenhalt zwischen den Männern herrscht und im Süden der Unmut der Bevölkerung und dessen Zerstrittenheit mit dem König dargestellt wird. Hier zeigt sich deutlich, dass Joffrey alles andere als der geliebte König ist und auch keinen Finger für Sansa krumm macht, als seine Verlobte vom Mob angegriffen wird, was ihn immer klarer als Egomanen erscheinen lässt. Auch Sansa kann sich ihren alten Gewohnheiten nicht entziehen und verkörpert mal wieder das vertrauensselige Mädchen vom Land, wodurch das Interesse an ihr langsam sinkt, obwohl die Sympathien natürlich immer noch auf ihrer Seite liegen, bedenkt man ihren soziopathischen Verlobten. Auch wenn sie eine Gefangene im goldenen Käfig ist, erwartet man doch zunehmend etwas mehr Tiefgang, der bei Sansa allerdings bisher vollkommen ausbleibt und man nun wirklich ins Grübeln gerät, warum der Charakter von George R. R. Martin so flach angelegt wurde.

Der Krieg

In Harrenhall gibt es zunächst nur wenig zu sehen, vor allem nur sehr düstere Eindrücke der zerklüfteten Burg. Hier werden seitens Tywins Intrigen gegen die Tyrells geschmiedet, die mit Hilfe von Kleinfingers Wissen untermauert werden, um den Krieg damit in eine andere Richtung zu lenken. Diese Unterhaltung empfindet man als etwas nebensächlich, da die Tyrells bisher doch zu wenig zu sehen waren, als dass man mit ihnen sympathisiert oder sich gegen sie positionieren würde.

Zudem scheint Tywin Arya kurzzeitig auf die Spur zu kommen, dass sie mehr als ein einfaches Dienstmädchen ist. Die sich scheinbar entwickelnde Vertrautheit zwischen den beiden erscheint mir unpassend, da ich Tywin bisher nie als Menschenfreund gesehen habe, erst recht nicht in Bezug auf Bedienstete. Er schafft es ja nicht einmal ein echtes Lächeln über die Lippen zu bringen oder eine nicht passiv-aggressive Unterhaltung mit Tyrion zu führen, soll aber Interesse am Leben seines Mundschenks haben? Das wirkt auf mich unglaubwürdig, woraufhin ich mich frage, ob er Aryas Herkunft wohl doch durchschaut hat und beabsichtigt, sie als Spitzel gegen die Schwachstellen der Nordmänner zu benutzen. Als Arya fast von einem von Lord Tywins Männern an jenen verraten wird, kommt ein wenig mehr Leben in die Mauern von Harrenhall, wenn sie Hilfe suchend zu Jaqen H'ghar rennt und ihn um den zweiten Mord bittet. Praktischerweise läuft alles zu Aryas Zufriedenheit, womit die Handlung in Harrenhall in Hinsicht auf Tywins Vermutungen etwas unbefriedigend abgeschlossen wird.

Im Lager der Nordmänner beginnt die Szene mit unpassend wirkender bedrückender Musik, als Robb zu Talisa kommt, um mit ihr zu flirten. Durch diese musikalische Unterlegung ist man von dem Gespräch zunächst etwas irritiert und erwartet eine Wendung zum Negativen, die jedoch ausbleibt. Man hat sich lediglich von Robbs nicht vorhandenen Flirtkünsten überzeugen können. Die Abweichung von der Handlung in den Büchern an dieser Stelle gefällt mir ganz und gar nicht, da Robbs Objekt der Begierde bei George R.R. Martin zumindest von höherer Geburt war und damit wenigstens potentiell als Frau eines Königs angemessen gewesen wäre. Talisa allerdings schafft es nicht, mich mit irgendeiner Qualität davon zu überzeugen, dass sie Robb oder den Zuschauer für sich gewinnen könnte, da mir Oona Chaplin diese Rolle nicht lebendig genug verkörpert und so wirkt, als würde sie nur passiv neben der ganzen Geschichte existieren, aber keinen Teil darin spielen.

Als Catelyn im Lager aufschlägt, passt dann wenigstens der bedrückende Beigeschmack der Hintergrundmusik, während sie Robb über seine Verpflichtungen aufklärt und die beiden anschließend von Theons Überfall auf Winterfell erfahren müssen, was nach Eddards Tod der nächste Schlag ins Gesicht für die Starks ist.

Essos

Daenerys ist das Warten leid und es zeigt sich das Temperament der Targaryens und besonders ihres verstorbenen Bruders Viserys, als sie sich selbst als den Drachen betitelt und ihr Geburtsrecht einfordert. Sie wirkt seit der Ankunft in Qarth zusehends verzweifelter, was nun in dieser Folge den Gipfel zu erreichen scheint, als sich die mächtigen Männer der Stadt einer nach dem anderen von ihr abwenden. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, ist die Tatsache, dass Daenerys' Drachen gestohlen wurden und sie nun ohne jegliche Macht dasteht. An dieser Stelle, hätte ich das Ende der Episode eingeleitet und den Zuschauer mit der Verbundenheit zu Daenerys eine Woche auf die nächste Folge warten lassen, da man sich durch den steinigen Weg, den sie schon zurück legen musste, gut mit ihr verbunden fühlt und den Diebstahl der Drachen sehr gut als Cliffhanger benutzen kann. Doch die letzte Szene mit dem Dieb der Drachen wirkt weniger stark. Man fragt sich zwar, wer es war und wo die Drachen nun hingebracht werden, aber diesen Effekt hätte man ebenso mit Daenerys als letztem Bild gehabt, wodurch mir das Finale der Episode zu unpersönlich erschien.

Fazit

Uns wurde durchaus einiges geboten, doch die Drehbuchautoren hatten, möchte ich meinen, schon bessere Tage. Die neue Präsenz von Osha und der sich anbahnende Flirt zwischen Jon und Ygritte waren hier doch eher kleine Höhepunkte, getürmt vom Aufstand in Königsmund, dem Überfall Theons und natürlich vom Verlust von Daenerys' Drachen, der jedoch keinen gelungenen Abschluss gefunden hat. Somit wird man in dieser Episode zwar reichlich mit Action versorgt, doch ein wenig enttäuscht, da sich hier doch eher eine Intermezzo-Episode anschließt, die dennoch durchaus ihre Hochs hatte.

Marie Florschütz - myFanbase

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