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Review: #1.08 Das spitze Ende

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Jason Momoa, Game of Thrones
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Die letzte Episode endete durch Eddards Gefangennahme mit einem Knall und trotzdem lassen sich die Drehbuchautoren nicht lumpen und bieten uns auch dieses Mal wieder ausreichend Nervenkitzel, sei es an der Mauer oder bei den Dothraki. Damit kann die große Erwartungshaltung der spannenden letzten Minuten mehr als befriedigt werden.

"What madness led you to tell the queen you learned the truth about Joffreys birth?"

Die Ereignisse in Königsmund nähern sich langsam aber sicher einem Höhepunkt. Eddard sitzt gefangen in einer Zelle und man fiebert dessen Bestrafung entgegen. Es ist noch alles für ihn offen, da weder Cersei noch Varys zu wollen scheinen, dass er exekutiert wird. Schließlich lassen sie ihn einige Zeit in seiner Zelle schmoren und Varys bringt ihm sogar Wein. Ich nehme an, dass er mit Eddard als Hand des Königs recht zufrieden war und dessen derzeitige Situation nicht gutheißt, ihm durch Eddards scharfe Bewachung aber die Hände gebunden sind, wodurch es ihm nicht möglich ist, ihn aus dieser Situation zu befreien. Cersei ist sich wahrscheinlich durchaus im Klaren, wie sie sich Eddards Bestrafung vorstellt, doch sie muss dieses Vorhaben zunächst ihrem Sohn schmackhaft machen. Daher steigt die Spannung zusehends und man wird zum Nachdenken animiert. Es ist nicht ganz deutlich, wieviel Einfluss die Mitglieder seines kleinen Rates tatsächlich auf Joffrey haben und auch Cerseis Überzeugungskraft bleibt abzuwarten. Daher ist klar, dass es allein Joffrey ist, an dem Eddards Leben hängt. Er schien bei Sansas Bitte um Gnade für ihren Vater Mitgefühl zu entwickeln, womit sich zum ersten Mal ein positiver Eindruck abzeichnete. Hier wurde seine menschliche Seite offenbart, die bisher immer zu kurz kam, da sich seine Figur eher durch Grausamkeit und Unberechenbarkeit auszeichnete. Es ist sehr spannend diese neue Seite an ihm zu entdecken und lässt hoffen, dass der Charakter weiterhin ein wenig mehr ausgebaut wird.

Arya entkommt den Wachen nur sehr knapp und ihr steht ein weiteres traumatisches Erlebnis bevor: Sie tötet einen Stalljungen, wenn auch mehr oder weniger unbeabsichtigt. Ihr sonst so behütetes Leben löst sich in dieser Folge in wenigen Minuten in Rauch auf. Als Tochter eines angesehenen Mannes hatte sie es bisher nicht nötig sich auf der Straße durchzuschlagen, was ihr nun zum ersten Mal bevor steht. Auch wenn sie ein kleiner Wirbelwind ist, sah sie sich bisher noch nie auf diese Art bedroht. Ähnlich steht es um ihre Schwester, die den Lannisters in die Hände gelaufen ist und sich durch Cersei in die Rolle der Bittstellenden für ihren Vater gedrängt sieht. Sansa scheint immernoch zu glauben, dass ihre Schwiegermutter in spe ihr mit Rat und Tat zur Seite steht. Dabei war es Cersei, die in #1.02 Der Königsweg Sansas Schattenwolf Lady hinrichten lies. Es scheint, als hätte Sansa vollkommen vergessen, dass Cersei ihr damit einen wichtigen Gefährten genommen hat. Doch Sansa wurde bisher als recht leichtgläubig dargestellt und da auch sie bisher nie ohne den Schutz ihrer Familie auskommen musste, bleibt abzuwarten, wie sich die Schwestern in diesen neuen Lebenssituationen etablieren und welche Richtung ihre Entwicklung einschlägt.

"Only death relieves us of our sacred trust." – "Who’s death Sir Barristan? Yours or your kings?"

Cersei scheint sich zu einer sehr starken Frau zu entwickeln und erweist sich als kein Kind von Traurigkeit über Roberts Tod. Sie ergreift lieber die Chance, ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen, als Robert nachzuweinen. In den letzten Folgen hat sie deutlich gemacht, dass sie mehr als das Anhängsel des Königs sein will und ist fest entschlossen, den Thron Joffrey in die Hände zu spielen, ohne dabei Opfer zu scheuen. Ihre Entschlossenheit wird in jeder Szene sehr gut durch ihr unbeugsames und selbstsicheres Auftreten unterstrichen.

Selbst die Entlassung von Ser Barristan Selmy kann sie dem Hof gut verkaufen, auch wenn es die größte Schmach für den Kommandanten der Königsgarde ist, auf diese Weise entlassen zu werden. Was sie mit diesem Zug bezweckt wird recht schnell klar: Sie will, dass ihr Bruder Jaime der neue Kommandant wird und somit der Einfluss ihrer Familie in den Regierungsgeschäften zusätzlich gestärkt wird. In diesem Punkt sollte man Cersei nicht unterschätzen, denn sie ist zwar nur eine Frau, doch durch ihren langjährigen Aufenthalt in Königsmund hat sie gelernt, dass nichts besser ist, als selbst alle Fäden in der Hand zu halten.

Bleibt die Frage, wer Königsmund nun wirklich regiert. Joffrey oder Cersei? Die beiden gehören zwar zur gleichen Familie, doch man sollte sich nicht täuschen lassen und glauben, dass hier nicht einige bedeutende Machtkämpfe bevorstehen, wenn sich die beiden nicht einig werden. Da Joffrey von Cersei mit der Intention erzogen wurde, einmal der alleinige Herrscher zu sein, hat sie sich damit wohl selbst ins eigene Fleisch geschnitten, da ihr Sohn sicherlich keine Widerworte seiner Mutter dulden wird.

"Bring me a horn of ale, Snow. Pull one for yourself."

An der Mauer stellen sich die Bedenken des belesenen Sam als begründet heraus, denn mitten in der Nacht erheben sich die Wiedergänger, die nach dem Schwur der neuen Nachtwächter gefunden wurden und versuchen den Lord Kommandanten zu töten. In den letzten Folgen wurde die sich anbahnende Gefahr stetig deutlicher und gipfelt nun in dieser Folge mit dem Angriff durch die Feinde aus dem Norden. Die Bedrohlichkeit der Wiedergänger wird durch deren Attacke während der Dunkelheit zusätzlich unterstrichen und auch deren intensiv blau leuchtende Augen, die einen eiskalten Kontrast zum Schein des Feuers in den Gemächern der Lordkommandanten bieten, vermitteln ein Gefühl der langsam herankriechenden Kälte, durch das sich einem die Nackenhaare ausstellen.

Ich finde es sehr bedenklich, dass die Männer der Nachtwache sich gegen die Wiedergänger nicht sofort gewappnet haben, diese sogar nicht einmal erkannt haben, da die Mauer ja schließlich gebaut wurde, um sowohl die Wiedergänger als auch die Anderen fern zu halten. Sam ist zugegebenermaßen kein Kämpfer, bereichert die Nachtwache aber durch sein umfangreiches Wissen dennoch ungemein. Obwohl er gerade erst ein vollwertiges Mitglied wurde, ist er der einzige, der in den beiden toten Männern eine Gefahr erkennt. Die Gefahren, die jenseits der Mauer lauern, werden in den ganzen Sieben Königslanden schon lange nichtmehr als akut betrachtet und teilweise sogar als Ammenmärchen abgetan. Daher wird es nicht leicht für die Männer der Nachtwache werden, wenn sie sich ihren Feinden gegenüber sehen und weder die Lords des Nordens noch die des Südens bereit sind, ihnen beizustehen, sollten sie Hilfe gegen die Bedrohung brauchen.

"Call the banners."- "All of them Mylord?" – "They all sworn to defend my father, have they not?"- "They have." – "Now we see what their words are worth."

Eine sehr ansprechende Entwicklung hat Robb Stark hingelegt. Bisher agierte er immer nur im Hintergrund, aber jetzt hält er selbst das Ruder in der Hand. Für so einen jungen Kerl hat er erstaunlich viel Überzeugungskraft, die Richard Madden in dieser Episode glänzen ließ. Mit dieser Entwicklung wird der Herrschaftsanspruch Joffreys deutlich in Frage gestellt, da Robbs Ruf der Bannermänner seines Hauses und deren Marsch gen Süden eindeutig als Rebellion gegen Königsmund zu sehen ist. So ähnlich stelle ich mir den Beginn des Sturzes der Targaryens durch Robert vor. Es scheint, als würde sich die Geschichte wiederholen, denn bevor Robert auf dem Thron saß, war er selbst der Anführer der Rebellen, die sich gegen den damaligen König Aerys Targaryen, den Irren König, erhoben. Mithilfe seiner Übermacht an Gefolgsleuten gelang es ihm, den Thron für sich zu beanspruchen und die Linie der Targaryens wurde zum Großteil ausgelöscht. Eddard gewann damals zwar an Roberts Seite den Kampf, verlor während dieses Krieges seine Schwester Lyanna, sowie seinen Bruder Brandon und seinen Vater. Bleibt also abzuwarten, ob die Starks in diesem Kampf wieder solch zahlreiche Verluste aus den eigenen Reihen hinnehmen müssen, oder ob sich die Zahl der Opfer dieses Mal in Grenzen halten wird.

"His wound must we washed and sewn or it will fester." – "Let her clean your wound, my sun and stars, it makes me hurt to see you bleed."

Im Osten erreichen die Dothraki eine neue Stadt, in der Daenerys Zeugin der Grausamkeiten der Dothraki gegenüber den Frauen der Lämmermenschen wird. Man ist durch die letzten Folgen zwar durchaus Khal Drogos imposante Auftritte gewöhnt, dennoch muss ich sagen, dass mich auch diese Szenen aufs Neue vollkommen überzeugen konnte. Anders als bisher, steht dieses Mal aber nicht sein gesamtes Khalasar hinter ihm und Drogo muss seine Kraft unter Beweis stellen. Seine Anhänger nehmen es nicht gern hin, von dessen Frau Befehle entgegenzunehmen, die ihnen bei den Vergewaltigungen Einhalt geboten hat, erst recht nicht, wenn diese entgegen deren langjähriger Traditionen sind. Hier kommt es auch zum ersten Mal zu einem Kampf in den eigenen Reihen der Dothraki, was den Herrschaftsanspruch des Khal untergräbt. Drogo kann den Zweikampf zwar für sich entscheiden, wurde aber sichtlich verletzt. Daenerys kannte ihren Mann bisher nur als starken Krieger, daher finde ich diese Entwicklung sehr spannend, da sie uns eine vollkommen neue Seite auftut und man animiert wird, Vermutungen anzustellen, wie sich Khal Drogos Schwäche auf den Zusammenhalt in seinem Khalasar auswirken wird. Auch sein Versprechen Daenerys gegenüber, den Eisernen Thron für sie zurück zu holen, könnte ins Wanken geraten, sollte sich Drogo nicht schnell genug von seinen Verletzungen erholen und dann vielleicht nichtmehr die geballte Unterstützung seines Khalasar hinter sich haben.

"Tyrion." - "Father." – "The rumors of your demise are unfounded." – "Sorry to disappoint you."

Im Lager der Lannisters trifft Tyrion auf seinen Vater Tywin, der in der Folge zuvor eingeführt wurde. Gegenüber Jaime gab er sich zuvor recht väterlich, was man in Bezug auf seinen jüngeren Sohn nicht behaupten kann. Schon allein Tywins Gesichtsausdruck macht deutlich, dass er nicht sonderlich froh ist über Tyrions Rückkehr. Es gibt zwischen den beiden weder eine Umarmung noch Worte der Freude über die glückliche Wendung in Tyrions Prozess. So hatte ich mir dieses Wiedersehen wirklich nicht vorgestellt, doch die Familienverhältnisse sind hier sichtlich komplizierte als beispielsweise bei den Starks. Tywin scheint an der körperlichen Missbildung seines Sohnes deutlich Anstoß zu nehmen, was schon allein Charles Dance permanent versteinerter Gesichtsausdruck deutlich macht. Damit wurde die Andersartigkeit der Familien aufs Neue unterstrichen. Trotz vieler sehr guter und auch faszinierender Momente in dieser Episode, war es das Zusammentreffen zwischen Tywin und Tyrion, welches mich perplex zurückließ. Das eine Vater-Sohn-Beziehung so lieblos sein kann, erscheint seltsam, wurde aber vollkommen authentisch übermittelt.

Fazit

Nach dem schockierenden Finale der letzten Episode in Königsmund habe ich darauf hin gefiebert, was nun als nächstes passieren wird. Und "Das spitze Ende" hat mich wahrlich staunen lassen. Die Folge konnte meine Erwartungen sogar noch übertreffen, da ich eigentlich angenommen hatte, dass nach dem großen Schlussmoment von "Gewinn oder stirb" die Spannung nun erst einmal ein wenig abkühlen würde. Doch falsch gedacht, denn sowohl in Königsmund, als auch in Essos werden wir in dieser Folge weiter auf die Folter gespannt. Dabei wirkt es in keinem Fall langweilig, dass über Eddards Schicksal nicht entschieden wurde oder dass durch Drogos Verletzung Daenerys' Pläne auf den Kopf gestellt werden könnten. Durch den sich nun anbahnenden Krieg zwischen den Lannisters und den Starks wird in dieser Folge ein zusätzliches Feuer geschürt, das die Erwartungen weiterhin hoch lässt.

Marie Florschütz - myFanbase

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